Warum pinkeln Männer im Stehen?

Männersache Taiwans Umweltminister hat seine Landsmänner aufgefordert, nur noch im Sitzen zu pinkeln. Dagegen regt sich Widerstand. Unser Kolumnist solidarisiert sich mit dem Protest
Warum pinkeln Männer im Stehen?

Illustration: Otto

Männer, so sagen es jedenfalls viele Frauen, würden sich gern verpissen, wenn es ernst wird. Aber jetzt stehen wir auf und erklären – ganz Mann – unsere uneingeschränkte Solidarität mit der taiwanesischen Protestbewegung!

Auch in der Hoffnung, dass eine Revolution vielleicht doch nicht im Kopf, sondern unter der Gürtellinie beginnt. Die taiwanesischen Protestler sehen es jedenfalls nicht ein, ihre Hosen herunterzulassen, nur weil der Umweltminister des Landes, Stephen Shen, von ihnen fordert, zukünftig nur noch im Sitzen zu urinieren. Und wir rufen dem Minister auch mit lauten Stimmen entgegen: „Setzen! Sechs!“

Ein zivilisatorischer Rückschritt

Die neue Hygienebewegung in Taiwan ist, man muss es so deutlich sagen, wider die Natur – und ein zivilisatorischer Rückschritt. Ja, bitteschön, liebe Frauen und liebe taiwanesische Gesundheitspolizei, wofür hat Marcel Duchamp denn gelebt? Hat er das Pissoir und damit das Pinkeln im Stehen nicht zum Akt moderner Kunst erhoben? Schon Jungs schreiben ihren Namen in den Schnee, weil sie es können!

Während Männer in Europa ihre Dreitagebärte neu entdecken, der Wild-Life-Look Urstände feiert und an jeder Ecke Jack-Wolfskin-Läden eröffnen, sollen wir uns nun wieder kompliziert den Gürtel aufschnallen, die Hose runter lassen, Klopapier auf die Brille legen und dann – irgendwann mal – Wasser lassen? Das haben Lenin, Marx und Mao sicherlich nicht mit Revolution oder Emanzipation gemeint.

Pinkel-Trichter für Frauen

Warum sollen wir Männer nicht tun, wozu Gott uns geschaffen hat? Wenn das Mannsein einen Vorteil hat, dann den, dass wir eines besser können als die Frauen: das Wasserlassen immer und überall. Deutsche Frauen haben lange dafür gestritten, ebenfalls im Stehen pinkeln zu dürfen. Schon vor Jahren wurden dafür extra Frauen-Pinkel-Trichter mit so lustigen Namen wie Urinelle erfunden. Und ich könnte wetten: Viele dieser Trichter waren „Made in Taiwan“ – das, liebe Taiwanesen, ist Emanzipation!

Kommt ja auch keiner auf die Idee, den Frauen zu befehlen, sich zu rasieren, nur weil sie keine Barthaare haben. Männer haben einen Pimmel, und der steht vom Körper ab, um besser Pipi machen zu können. Und nun kommt mir nicht mit Zielgenauigkeit und Spritzern bis an die Klowand! Es ist längst wissenschaftlich und anhand vieler Umfragen erwiesen, dass sich mehr Männer nach dem Urinieren die Hände waschen als Frauen.

Das überzeugendste Argument der Anti-Sitzpinkler in Taiwan ist übrigens, dass auch dort auf den meisten Männerklos Pissoirs hängen – äußerst unpassend, um zu sitzen. Stephen Shen fordert daher, dass seine Landsleute erst mal zu Hause üben sollten. Jede große gesellschaftliche Veränderung beginnt schließlich im Privaten.

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Geschrieben von

Axel Brüggemann

Journalist und Autor in Wien und Bremen.

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