Achtzehn Jahre sind ein gesegnetes Alter für ein Auto. Und so beschloss ich, als mein greiser Golf eines Tages nicht mehr ansprang, dass es nun gut war. Ein neues Gefährt musste her. Die Abwrackprämie hatte ich gerade verpasst. Und die Autohändler, die mit Inzahlungnahme warben, winkten allesamt ab: Ich könne froh sein, wenn sie mir die alte Rostlaube kostenlos abnähmen. Aber zum Glück gibt es ja diese Leute, die einem laminierte Kärtchen an die Autoscheiben klemmen, Leute wie Mario. Ich nenne ihn Mario, weil er sich selber so nennt – wahrscheinlich heißt er Najib oder Igor. Jedenfalls richtet er Autos, die hier keiner mehr will für den Export nach Afrika oder Transkaukasien her. Mario nimmt alles. Sagt er. Ohne TÜV, Kat, egal, wie viele Kilometer er „runter hat“ – Mario kommt vorbei und holt den Schrott ab und zahlt dir sogar noch Geld dafür. Ich rief Mario an, er sagte, wie viel willst du haben, ich sagte 500, er meinte 200, wir einigten uns auf 350. Mario kam, brachte gleich seinen Abschleppwagen mit – und machte ein enttäuschtes Gesicht, als er meinen Golf sah. „Höchstens 2oo“, sagte er. „Da kommen wir nicht ins Geschäft“, sagte ich. Mario, der eigentlich Abbas hieß und aus dem Iran kam, wurde ärgerlich. „Hab isch extra Abschleppwagen mitgebracht...“ – „War nicht ausgemacht“, sagte ich ungerührt. Beleidigt zog Abbas ab. Es kamen andere: Mariano (Pjotr), Miro (Ömer) und Marko (der hieß wirklich so und kam aus Köpenick). Alle sagten am Telefon, „ich kaufe auf jeden Fall – für 350!“, kamen, sahen das Auto und sagten: „Höchstens 200!“ Voller Verzweiflung rief ich Mario an. Er war nicht mehr sauer und sagte: „Ich brauche diese Woche unbedingt noch ein Auto. Sagma 250?“ Ich sagte ja.
Export nach Transkaukasien
Geschrieben von
Axel Henrici
"Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll." (Georg Christoph Lichtenberg)

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