Wer schon mal auf einen Klempner gewartet hat, dürfte schmunzeln über den Aufkleber, mit dem das deutsche Handwerk, „die Wirtschaftsmacht von nebenan“, seit kurzem für seine Dienste wirbt: „Wenn die Arbeit ruft, kaum zu bremsen.“ Doch ohne Handwerk, führt ein TV-Spot vor, gäbe es weder Stöckelschuhe und Jalousien noch Auto-Karosserien (obwohl, werden die nicht inzwischen von Robotern gemacht?).
Eine glockenhelle Kinderstimme singt „Stell dir vor...“. Und man stellt sich vor: Wie man die Wohnung wieder selber streichen würde – schwarz, aber ohne sich hinterher über weiße Flecken auf dem Fußboden ärgern zu müssen. Das ist natürlich ungerecht, denn ohne Handwerker gäbe es weder die Wohnung noch morgens frische Croissants (kommen die heutzutage nicht aus dem Backautomaten?).
Der Zeitpunkt für die Kampagne ist günstig: Gilt es doch nicht nur die Mittel des Konjunkturprogramms in die richtigen Kanäle zu leiten, sondern auch einem allgemeinen Gefühl der Derealisierung entgegenzuwirken: Credit Default Swaps! Apps! Facebook-Accounts! Alles irgendwie so virtuell. Ein schief in die Wand geschlagener Nagel ist dagegen höchst real.
Gegen solche dummen Klischees hilft die Pressemappe „Entstaubt, geschliffen und frisch poliert. Das neue Image des deutschen Handwerks.“ Auf handwerk.de kann man zudem erfahren, dass in Bayern 66 von 1.000 Einwohnern einem handwerklichen Beruf nachgehen, während die liederlichen Berliner es nur auf 36 Blaumänner bzw. -frauen bringen. Der moderne Held der Arbeit trägt eh lieber Leibchen in Hellblau: „Krise im Anzug. Retter im T-Shirt“. Für 12,50 Euro im Onlineshop.
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