„The Last of Us“ auf Sky: Post-Apokalypse mit Atmosphäre

Serie Unsere Autorin Barbara Schweizerhof zur Dystopie von „The Last of Us“: Die Spiele-Verfilmung führt durch die Post-Apokalypse mit viel Atmosphäre und noch mehr Emotionen
Ausgabe 02/2023

Lange sind die Zeitenvorbei, in denen eine filmische Adaption, die auf einem Computerspiel basiert, automatisch mit Trash gleichgesetzt wurde. Fast hat sich das Verhältnis umgedreht: In der riesigen Gamer-Community haben sich solch starke, engagierte Fan-Netzwerke ausgebildet, dass besonders bei Kultbestsellern wie dem Spiel The Last of Us jedes Verfilmungsansinnen mit bewusster Rücksichtnahme vorbereitet und propagiert werden muss. Offenbar geht es den Fans um nichts anderes als die gute alte Werktreue. Spiele wie The Last of Us entwickeln eine jeweils so besondere erzählerische Welt mit charakterlich ausgeprägten Figuren, dass sie etwa mit dem Kosmos einer Fantasy-Serie wie Game of Thrones vergleichbar sind. Ihre Übertragung in ein anderes Medium läuft daher schnell Gefahr, als Verrat am Originalstoff empfunden zu werden.

Eingebetteter Medieninhalt

Die dystopische Welt, in der The Last of Us (ab 16. Januar auf Sky) spielt, gleicht dagegen auf den ersten Blick fast enttäuschend den üblichen Dystopie-Serien: Eine weltweite Infektion hat das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen, herbeigeführt. Die Menschheit ist gespalten in verstreute Überlebende und zombiehafte Infizierte. So ungefähr ging es schon bei den Walking Dead zu. Dass in The Last of Us eine Pilzinfektion der Katastrophenauslöser ist, wirkt wie ein rein ornamentales Detail. Die post-apokalyptischen Strukturen sind ansonsten die gewohnten: „Unsere Letzten“ führen entweder ein unterdrücktes, freudloses Dasein in von faschistischen Milizen kontrollierten Quarantänezonen oder trotzen den Gefahren in wehrhaften Einzel- beziehungsweise Neusiedlungen im abgelegenen Nirgendwo des nordamerikanischen Kontinents – oder sie machen als eine Art fahrendes Volk von Schmugglern, Verbrechern und Verrückten dazwischen die Landschaft unsicher. Mit Letzteren unterwegs zu sein, führt von einer Trutzburg zur nächsten, von einer unliebsamen Überraschung in eine weitere, immer sofort tödliche Gefahr.

Auch das „odd couple“, das im Zentrum der Erzählung steht, ist keine Neuerfindung: Da gibt es Joel, den älteren, vom apokalyptischen Alltag verhärteten Schmuggler, und Ellie, das junge Waisenkind, das in sich den Schlüssel zur Weltrettung trägt. Er hat die Mission, sie an einen bestimmten Ort zu bringen; sie hat die Aufgabe, stellvertretend für den Zuschauer die kaputte Welt zu bestaunen, zu erleben und zu bewältigen. Und natürlich ereignet sich zwischen ihnen auch so etwas wie eine Vater-Tochter-Annäherung.

Genau wie in einer Romcom ist auch in der Zombie-Apokalypse der Weg der Handlung ziemlich vorbestimmt. Was zählt, sind Atmosphäre und Charaktere. In der Parallelwelt der Serie hat die Infektion 2003 zugeschlagen; seither sind zwanzig Jahre vergangen. Die Stimmung, die The Last of Us so besonders macht, ist nicht leicht in Worte zu fassen. Es gibt die alles beherrschende Brutalisierung der Verhältnisse, Gewalt in blutigster Form ist Alltagserfahrung. Aber es gibt auch noch viel Erinnerung an das, was vorher war. Die Kulturrelikte der alten Welt liegen als Comic-Hefte und zerfledderte Taschenbücher herum. Ein Überlebender, der als „Prepper“ bestens für den Ernstfall gerüstet war, hält noch einen Beaujolais zum Kaninchenbraten vorrätig.

Craig Mazin, der zusammen mit dem Game-Autor Neil Druckman als Schöpfer der Serie verantwortlich zeichnet, beweist nach Chernobyl erneut sein großes Gespür für das erzählerische Zusammenführen von Bedrückendem und zutiefst Menschlichem. Folgen mit viel Gemetzel werden abgelöst von stilleren, kontemplativen Episoden, in denen es auch mal um eine gelebte große Liebe zwischen zwei Männern oder ein mädchenhaft-fröhliches Abenteuer in einer verlassenen Mall gehen kann.

Ein besonders schönes Detail wird im Verhältnis von Ellie und Joel als Running Gag ausgespielt. Zu den Schätzen, die Ellie bei sich führt, gehört ein Sammelband mit Wortspielen, No Pun Intended. Nirgendwo wird ihre Kindlichkeit so spürbar wie in der Art, wie sie über deren abgegriffene Witzigkeit – „Wofür bekam die Vogelscheuche eine Auszeichnung? Sie ragt in ihrem Feld heraus“ – lachen kann. Wie überhaupt es letztlich die kongeniale Besetzung von Bella Ramsay als Ellie und Pedro Pascal als Joel ist, die The Last of Us trotz eventuellem Dystopie-Überdruss unbedingt sehenswert machen.

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Geschrieben von

Barbara Schweizerhof

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Film“ (Freie Mitarbeiterin)

Barbara Schweizerhof studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und arbeite nach dem Studium als freie Autorin zum Thema Film und Osteuropa. Von 2000-2007 war sie Kulturredakteurin des Freitag, wechselte im Anschluss zur Monatszeitschrift epd Film und verantwortet seit 2018 erneut die Film- und Streamingseiten im Freitag.

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