Totgesagt, dann wiederbelebt

Blockbuster Brad Pitts Zombiefilm „World War Z“ galt als exemplarischer Flop der Kinosaison. Es ist keiner geworden - so wird der Film seinem eigenen Sujet gerecht.
Ausgabe 28/2013

Vor wenigen Wochen schien der Zombiefilm World War Z ausersehen, zum exemplarischen Flop der Kinosaison zu werden. Man schrieb über ein explodierendes Budget, verursacht durch einen komplett veränderten, nachgedrehten dritten Akt, von Auseinandersetzungen zwischen Regisseur Marc Forster und Hauptdarsteller-Produzent Brad Pitt und von enttäuschten Fans, die die mangelnde Treue zur Buchvorlage beklagten. Dann stellte sich heraus, dass für das Kino Ähnliches gilt wie für Wahlen: Abgestimmt wird mit den Füßen.

In den USA überraschte der Film die Kinountergangspropheten mit Einnahmen von 66 Millionen Dollar am ersten Wochenende. In Deutschland setzte er sich mit über 500.000 Zuschauern souverän auf Platz eins der Charts. Wenige Tage darauf stand das weltweite Box-Office-Ergebnis für World War Z bereits bei über 250 Millionen Dollar, und das produzierende Studio Paramount kündigte ein Sequel an. Totgesagt, dann wiederbelebt – so wird World War Z dem eigenen Sujet gerecht.

Die sogenannten Tentpole-Filme

Im Film nehmen die Zombies als von jeder Art von Lärm angezogene Schwärme ganze Städte ein. Man könnte den Film selbst als Teil eines Lärm suchenden Schwarms beschreiben: den der Sommerblockbuster, die in immer engerer Reihenfolge die Kinos zu erobern suchen. Das Wall Street Journal zählte zur Eröffnung der Saison, die klassischerweise am ersten Maiwochenende beginnt, 22 Filme, deren Budgets zum Teil erheblich über der 100-Millionen-Dollar-Grenze liegen – in den vier Jahren zuvor waren es nur 12 bis 15 gewesen. Solche Großproduktionen (World War Z soll mindestens 190 Millionen gekostet haben) müssen mehr als 250 Millionen einspielen, um Gewinn abzuwerfen. Diese sogenannten Tentpole-Filme (von „Zeltstange“, weil sie ein ganzes Business aufrechthalten) reflektieren den Trend der Studios, ihr Geld in Megaprojekte zu stecken, die mit weltweitem Erfolg, Merchandising und Sequels in einem unsicheren Markt garantierte Einnahmen versprechen. Mit Fast & Furious 6 und Hangover 3 gab es diesen Sommer schon zwei Vorbilder für dieses Modell.

Den Weltmarkt bezirzen

World War Z aber gehört zu den „Originalen“ dieser Saison, also zu den Filmen, die kein Sequel sind und auf keinem Stoff wie Comic oder Bestseller beruhen. Die von Max Brooks (Sohn von Mel Brooks und Anne Bancroft) geschriebene Vorlage hatte den Kultstatus noch nicht erreicht. Was mehrere Drehbuchschreiber aus dem Stoff gemacht haben, erscheint symptomatisch für das gegenwärtige Businessmodell in Hollywood, in dem das Marketing schon beim Script mitredet. Dass der Weltmarkt mit Drehs an markanten außeramerikanischen Locations bezirzt wird, ist da eine Selbstverständlichkeit. Und Brooks’ Vorlage, die den Zombiekrieg in Ländern wie den USA, Kuba, Südafrika, Russland, Israel und Nordkorea schildert, erschien wohl besonders geeignet. Als plakatives Beispiel für einen Marketingeingriff wird nun immer hervorgehoben, dass die Zombieseuche im Film nicht, wie im Buch, in China ausbricht. Weil auf China als Wachstumsmarkt Rücksicht genommen werde.

Jedem, der das Buch gelesen hat, muss diese Veränderung aber als lächerliches Detail erscheinen: Von der gesamten Vorlage bleibt im Film nur eine Hülle. Man findet keinen der Protagonisten, einschließlich der Hauptfigur von Pitt, im Buch. Auch die Zombies verhalten sich anders. Und vor allem eines ist verschwunden: der satirische Einschlag, mit dessen Hilfe die Welt, wie wir sie kennen, durch den Zombiekrieg einen raffinierten Dreh erhält. Im Buch kommt es zu einer US-Flüchtlingswelle nach Kuba, das als kriegsgewinnende Nation dasteht. Aber vielleicht finden Brooks’ Ideen ja dann im Sequel von World War Z ihren Platz.

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Geschrieben von

Barbara Schweizerhof

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Film“ (Freie Mitarbeiterin)

Barbara Schweizerhof studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und arbeite nach dem Studium als freie Autorin zum Thema Film und Osteuropa. Von 2000-2007 war sie Kulturredakteurin des Freitag, wechselte im Anschluss zur Monatszeitschrift epd Film und verantwortet seit 2018 erneut die Film- und Streamingseiten im Freitag.

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