Die gelbe Raute

Das Kapital hat gewählt Ein Blick auf die Großspenden an Parteien in diesem Wahljahr verrät: Die FDP war zwar vier Jahre nicht im Bundestag vertreten, hat ihre Klientel aber noch fest im Griff

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Meint: Eine Politik für den Unternehmer, eine typische FDP-Klientelpolitik
Meint: Eine Politik für den Unternehmer, eine typische FDP-Klientelpolitik

Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

»Auf Wiedersehen«, sagt Christian Lindner den Pressevertretern in der FDP-Parteizentrale im Dezember 2011. Überraschend schmeißt er seinen Posten als Generalsekretär der Liberalen hin. Er wolle es seinem Vorsitzenden Philipp Rösler ermöglichen »die wichtige Bundestagswahl mit einem neuen Generalsekretär vorzubereiten«. Der Rest ist Geschichte: Die FDP scheitert mit 4.8%, Rösler nimmt seinen Hut und Lindner darf zwei Jahre nach seinem Rückzug wieder die große Bühne betreten. Im Dezember 2013 wird er zum Vorsitzenden gewählt und baut die Partei von Nordrhein-Westfalen aus wieder auf. Sein »Auf Wiedersehen« sollte sich bewahrheiten.

In diesem Wahljahr setzt die FDP voll und ganz auf ihren Vorsitzenden. In einer Kampagne, die zwar auch Werbung für ein neues Mode-Label sein könnte, aber - so muss man zugeben - unglaublich erfolgreich ist, blickt uns das schwarz-weiße Konterfei Christian Lindners von jeder zweiten Laterne in Deutschland an. Nach dem immensen Erfolg bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl könnte man meinen, hier stiege Phönix aus der Asche auf. Wer jedoch einen Blick hinter das Magenta wagt, sieht schnell: Eingeäschert war die FDP nie - aber sie hatte immer viel Asche.

Geld und Macht

Wie schafft es eine Partei, die weder im Bundestag noch in irgendeinem ostdeutschen Parlament vertreten ist und die in den alten Bundesländern höchstens in NRW einigermaßen auffällt, eine solch wirkmächtige Kampagne zu finanzieren? Die Antwort ist: Das Jahr 2017 fängt für die Liberalen gut an. Ein Wahlkampf in NRW steht vor der Tür und prompt flattert die erste Großspende des Jahres ins Haus. Der Gründer der Helios-Kliniken Lutz Helmig spendet der FDP im Januar satte 300.000 Euro. Dies dürfte reichen, um ein paar Plakate drucken zu lassen. Doch der Geldsegen geht weiter: Bis heute hat die Partei über 1.6 Millionen Euro an Großspenden eingenommen. Wohlgemerkt: Großspenden! Der Bundestag veröffentlicht jede Parteispende ab einer Höhe von 50.000 Euro. Wer den Liberalen (oder anderen Parteien) also nur ein paar Zehntausdend spendet, taucht erst in den Rechenschaftsberichten auf, die frühestens in zwei Jahren einsehbar sind. Man darf wohl davon ausgehen, dass die Liberalen ihren Wahlkampf mit bis zu 2 Millionen Euro an diesjährigen Spenden bestreiten. Zum Vergleich: Während die Linkspartei keine einzige Großspende entgegennimmt, werden die Grünen mit 100.000 Euro eines schwäbischen Firmenerben bedacht. Die SPD bringt es auf 270.000 Euro.

Mit der FDP auf Augenhöhe ist nur die CDU: Die Regierungspartei meldete in diesem Jahr Großspenden von über 2.1 Millionen Euro an. Es scheint klar zu sein, welche Regierungskoalition von deutschen Großindustriellen für die nächste Legislaturperiode gewünscht zu sein scheint. Das Kapital hat schon gewählt: Es soll die Raute mit gelbem Anstrich werden.

Daraus will die Klientel von Schwarz-Gelb auch gar keinen Hehl machen: Im Juni diesen Jahres spendeten Susanne Klatten und ihr Bruder Stefan Quandt - die milliardenschweren BMW-Erben - an die beiden Parteien jeweils ganz genau 50.001 Euro. Als wolle man mit einem symbolischen Euro sicherstellen, auch wirklich in den Veröffentlichungen des Bundestages aufgelistet zu werden.

»Politik, die rechnen kann«

Wenn das gut belichtete, schwarz-weiße Portrait des Rückkehrers Lindner provokant mit dem Spruch wirbt: »Jetzt wieder verfügbar: Wirtschaftspolitik«, dann weiß man angesichts der diesjährigen Großspenden, was gemeint ist: Eine Politik für den Unternehmer, eine typische FDP-Klientelpolitik. Neu ist an der Partei nur die Aufmachung. Ein paar grelle Farben, hier und da ein Hashtag und eine chic gestaltete Website sind nur die Schuhcreme auf denselben alten Latschen, welche die FDP schon seit 1982 trägt - also jener Zeit als mit dem berühmten Lambsdorff-Papier der Wandel von einer bürgerlich-liberalen zu einer markt-liberalen Partei vollzogen wurde. Das diesjährige Wahlprogramm unter dem trügerischen Titel »Denken wir neu« baut immer noch darauf auf, dass der gutgestellte Unternehmer durch seine Investitions- und Innovationskraft für den Segen in der Gesamtgesellschaft sorgen wird - dasselbe alte trickle down-Prinzip, dem die westliche Welt seit vierzig Jahren beim Scheitern zuschauen darf.

Die Liberalen treten nach eigener Aussage an für eine »Politik, die rechnen kann«. Zu dumm nur - und ein Schmunzel kann man sich dabei nur schwer verkneifen - dass dies für die Lindner-Partei nun mitten im Wahlkampf zur bitteren Ironie gerät. Wie vor Kurzem bekannt wurde, schuldet die Partei einem Versicherer noch etwa sechs Millionen Euro. Es handelt sich dabei um nicht gezahlte Beiträge zur Betriebsrente von Mitarbeitern der letzten Bundestagsfraktion - also jener Fraktion, die vor vier Jahren krachend scheiterte. Unter der damaligen Führung von Rainer Brüderle verprasste die Fraktion Millionensummen und steht auch jetzt noch unter dem Verdacht, Wahlkampfmittel aus Steuergeldern finanziert zu haben. Aber man kann sicherlich demnächst mit einer Zahlung seitens der FDP rechnen - genug Spenden haben sie ja eingenommen.

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