Wie soll ich den ganzen Bums hier beginnen? Keine Ahnung! In den letzten Jahren habe ich mich bemüht, meine Einträge im Blog der Freitag-Community in einem unpersönlichen, journalistischen Ton zu halten. Geht nun nicht. Dies ist nicht frei von Gedanken, die den journalistischen Fluß stören – Gedanken, die durchbrechen. Die Sache ist zu dringend, um sie rein journalistisch abzuarbeiten – Ist sie wirklich so dringend? Was ist es dann? Ist es noch Journalismus? Klares Jein! Es ist persönlich, es ist wenig neutral, es ist vollkommen neutral und unparteiisch, es provoziert längst verschobene Auseinandersetzungen, es ist gegen und für die eigenen Leute.
Es ist, was es ist. Nennen wir es einfach »Pop-Journalismus« – und gut ist.
4.9%
Die Fünf-Prozent-Hürde wurde in der frühen Bundesrepublik eingeführt, um politischen Splittergruppen nicht zu viel Gewicht zu verleihen ...
moment, meint splittergruppen hier so etwas wie "unangenehme politische parteien"? – nein, staatsfeinde – so etwas wie die kpd? – ja, und deshalb hat man die dann verboten, als das mit der hürde nicht klappte – dann ist die fünf-prozent-hürde am ende ein politisches instrument, oder nicht? das war doch immer zum demokratieerhalt gedacht! stichwort "weimarer verhältnisse" und so.
... und dadurch den eigentlichen politischen Akteuren nicht nur Stabilität, sondern auch Autorität zu verleiehen. Ein Sequel der NSDAP sollte verhindert ...
klar gab es keine Fortsetzung der nsdap – gut so! und die nazis waren ja im mai 45 alle weg – entnazifizierung und so. als dann 49 die republik gegründet wurde, waren alle befreit. ab dann gab es keine nazis mehr in den parteien – also außer der nazis, die sich im neugegründeten parlament den dort vertetenen parteien angeschlossen hatten. – alle parteien mit nazis? – nee, nicht alle. die kpd hatte keine alt-nazis, aber die hat man ja dann verboten – gut, so! das nazi-problem hat sich dann aber erledigt, oder? – solala, strauß sollte sich um aufrüstung mit atomwaffen kümmern und kiesinger wurde kanzler.
... werden. Und das ist gut so. An dieser Fünf-Prozent-Hürde ist nun die Partei DIE LINKE gescheitert. Mit Bangen sichert sie sich den Einzug in den Bundestag durch die parlamentarische Hintertür: Aufgrund der Direktmandatsklausel darf sie wegen der bundesweit drei Direktmandate mit 4,9% am Spektakel Bundestag teilnehmen. Der worst case wurde mit diesen Direktmandaten ...
ist gysi nun das höhere wesen, kaiser, tribun, das uns nicht rettet? – er rettet uns doch, er und pellmann und lötzsch, die irgendwann mal "kommunismus" gesagt hat.
... verhindert, so dass sich 2002 nicht wiederholen konnte als die damalige PDS vier Prozent erzielte und nur zwei Direktmandate errang. Der Agenda 2010 dürfte es zu verdanken sein, dass sich DIE LINKE innerhalb kurzer Zeit als systemkritische Partei etablieren konnte und in den 00'er Jahren einen bundesrepublikanisch einzigartigen Siegeszug einer sozialistischen Partei feiern konnte. Dieser Siegeszug ist seit 2013 vorbei. DIE LINKE hat Probleme und es lohnt sich diese anzuspre –
fasse doch einfach deine gedanken zusammen, lerne draus und gut ist. muss das hier wieder irgendwas werden, das medial wirken soll? bringt doch eh nichts! – nein, nein! der immerwährende versuch, die verhältnisse - auch innerhalb der partei - zu ändern, muss sein. die sache mit dem steten tropfen und dem stein – bringt nichts – doch, und deshalb muss hier jetzt eine Zwischenüberschrift hi –
Strukturproblem
DIE LINKE hat strukturelle Probleme – wenig überraschend. Um ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden – einen Systemwandel herbeizuführen – muss sie zu allererst bei sich selbst ansetzen. In ausnahmslos allen Gremien ist die Partei von Menschen dominiert, die in diesen Gremien schon viel zu lange Zeit ihres Lebens verbracht haben. Wer zwölf, sechzehn oder zwanzig Jahre einer Bundestagsfraktion angehört, kann nicht mehr von sich beanspruchen, die Interessen der „Politik auf der Straße“ zu ...
wolltest du grade „zu vertreten“ schreiben? Der LINKEN geht es doch nicht um politik als vertretung. ihr geht es um eigeninitiative, selbstermächtigung, emanzipation, aneignung? – genau, aber gibt es ein besseres wort für das, was im bundestag geschieht? –
... vertreten. Das strukturelle Problem der LINKEN beginnt fernab von dem, was die Medien beobachten und berichten. Es beginnt zwar nicht an der Basis, aber dort wird es zu ihrer Übel – zu ihrer faulen Wurzel. Jenseits der Großstädte – und dieses Jenseits ist groß – ist DIE LINKE vor allem langweilig und langsam. Menschen, die aufgrund diverser Erfahrungen beschließen, der LINKEN in Unterleutnerbach beitreten zu wollen ...
unterleutnerbach gibt es gar nicht – ja, find dich damit ab – es klingt aber schon fake, ein bisschen mehr mühe wäre gut
... werden schnell feststellen, dass die entscheidenden Parteiakteure vor zwanzig Jahren von der Sozialdemokratie enttäuscht wurden und seit dem die Kommunalpolitik mehr als persönliches Identifikationsmerkmal, denn als emanzipatorisches Instrument mitgestalten. Bestärkt von Bundestagsabgeordneten, die schon zu SED-Zeiten Berufspolitiker waren, behaupten auch Kommunalpolitiker ihren Platz auf ewig.
Die fehlende Mandatszeitbegrenzung der LINKEN auf allen Ebenen wird so schon an der Basis zum Strukturproblem. Immerhin sind noch genügend Kameras auf die höheren Gremien gerichtet, so dass die Bundestagsfraktion ihren Fraktionsvorsitz alle zwei Jahre neu wählt. In einer progressiven Partei sollte dies eigentlich in jeder Kreistags-, Stadtrats- oder Gemeinderatsfraktion selbstverständlich sein. Ist es aber nicht! Und weil das nicht so ist, hat DIE LINKE verkrustete Strukturen an ihrer Basis. Landauf, landab haben sich Genossen festgesetzt (ja, zumeist sehr männliche, weiße Genossen), die teilweise schon seit PDS-Zeiten auf ihrem Listenplatz 1 bei der nächsten – ach so wichtigen! – Ratswa ...
ziehst du jetzt wirklich die kommunalpolitiker durch den kakao? das sind doch diejenigen, die sich einsetzen, damit das Schwimmbad saniert wird – gut, aber bei der demo waren sie nicht – demo, pffft!
... bei der nächsten – ach so wichtigen! – Ratswahl bestehen, jenseits dieses Rates aber weitgehend den Kontakt zu den progressiven Kräften innerhalb und außerhalb der Partei verloren haben.
Die Wirkung dieser verkrusteten Basisstrukturen auf neue und junge Parteimitglieder kann verheerend sein, weil diese Kreistagsfürsten einen großen Teil ihrer politischen Arbeit dem Projekt widmen, engagierte neue Genoss:innen wegzubeißen.
Warum sollten sich Menschen, die aus sozialen Bewegungen den Quereinstieg in der Partei versuchen wollen, damit auseindersetzen, wenn sie stattdessen einen Braunkohlebagger besetzen könnten? Warum sollte sich ein Azubi, der neben seiner Lehre bei der LINKEN für eine Mindestausbildungsvergütung kämpfen will, dies antun? Warum sollten Mitglieder der LGBT-Community denken, DIE LINKE wäre ihre natürliche Bündnispartnerin, wenn sie im Parteialltag mit pseudomacht-besessenen Egomanen konfrontiert sind, die mit ihren überkommenen Rollenbildern jede Initiative blockieren? Um es kurz zu machen: Die Partei muss an sich arbeiten – und Bestseller, die junge und engagierte Linke diffamieren, helfen dabei nicht wirkl...
moment! jetzt machst du doch monokausal wagenknecht verantwortlich – nein, das mache ich nicht – aber du GLAUBST, dass sie verantwortlich ist – nein, ja, irgendwie schon. – wusst ich's doch – als person: nein, als programm: ja. manche dinge sind tiefer als wagenknecht – dir ist klar, dass dieser artikel wieder als anti-sahra-kampagne ausgelegt wird? – ist es aber nicht! – aber die freitag-online-redakteure werden letztlich ein sahra-bild als titel auswählen – aber es geht um verkrustete strukturen, nicht um sahra – wie soll man das denn medial aufbereiten? ein bild von kruste, oder was?
... nicht wirklich. Solche Attraktivitätsprobleme wirken besonders drastisch auf jüngere Menschen, weil sie aufgrund der geringeren Lebenserfahrung eine geringere Identifikation mit einzelnen Parteien haben. Ihnen fällt es noch leichter, den schon begonnen Weg zu wechseln als älteren Menschen. Insbesondere außerhalb der Städte wird dies aus zwei Gründen zu einem Problem für DIE LINKE: Erstens haben die Parteimitglieder ein recht hohes Durchschnittsalter und zweitens sterben Menschen irgendwann. Im relativ urbanen NRW oder den jung-geprägten Stadtstaaten mag man sich darüber wenig Gedanken machen, doch es ist dieser Effekt – wegsterbende Mitglieder – der den Landesverbänden der LINKEN insbesondere im Osten das Genick bricht.
Partei in Bewegung
Im vergangenen Wahlkampf schlug die Stunde der LINKEN erst als die Unionsparteien eine Rote-Socken-Kampagne aus der Mottenkiste kramten: Bundespolitisch galt der Partei seit langer Zeit nicht mehr so viel Aufmerksamkeit. Plötzlich war DIE LINKE im Gespräch – diese skurille Minderheitspartei. Die Fraktions- und Parteispitze hat diese Chance jedoch vertan, indem sie eine in großen Teilen peinliche Anbiederungsstrategie an SPD und Grüne verfolgt hat – also an jene Parteien, deren Agenda-Politik überhaupt erst zur Gründung der LINKEN geführt hat.
Als DIE LINKE abstürzte, wurde die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) zur stärksten Kraft im Grazer Rat gewählt – jener Stadt, die Ausgangspunkt des damaligen grünen Siegeszugs in Österreichs war, an dessen Ende letztlich ein Grüner zum Bundespräsident werden sollte.
Strukturell hat die KPÖ sich längst zur Bewegungspartei umgeformt, deren Mitglieder nicht primär Berufspolitiker, sondern Aktivisten in sozialen Bewegungen oder lokalen Initiativen sind. Personell setzt die KPÖ nicht mehr auf ein medial inszeniertes Spitzenpersonal, sondern betreibt ihre Politik mit einem Sprecher:innenrat. Dies gibt der Partei die Möglichkeit, einzelne Themen nicht durch alleinige Alleskönner medial moderieren zu lassen, sondern mit Experten tatsächlich in den entsprechenden Gebieten vertreten zu sein.
2018 hat die LINKE zumindest das Konzept „Partei in Bewegung“ von der KPÖ abgeschrieben und auf ihrem Bundesparteitag beschlossen – auch wenn dieses Konzept nie so richtig in Bewegung geraten ist. In Bewegung zu sein kann nicht bedeuten, künstlich wirkende Kampagnen mit viel Geld aufzublasen, sondern muss verstanden werden als eine Partei, deren Mitglieder tatsächlich in sozialen Bewegungen verankert und aktiv sind. An der Basis muss aus einer Partei der Kreistagsfürsten eine Partei der Aktivist:innen werden – weg vom Gedanken, Stellvertreter müssten meine Probleme angehen, hin zur Aneignung meiner Lösungen!
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