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Polittalks Die Sommerpause ist vorbei, bald wird sich wieder in aller Öffentlichkeit ins Wort gefallen. Ginge das auch besser?

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Nochmal von vorn, bitte
Nochmal von vorn, bitte

Foto: Andreas Rentz/Getty Images

Nach einigen Wochen Sommerpause ist es nun wieder so weit: Nach und nach starten die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ihre politischen Diskussionsrunden. Bekannte, aber inkompetente Gäste fallen sich nun wieder vor laufender Kamera ins Wort, es wird ohne Ergebnis diskutiert und Themen, die vorher niemanden interessiert haben, werden groß geredet, Ängste werden verstärkt, damit bei der nächsten Sendung zum Thema die Leute auch sicher wieder zuschauen.

Das muss ich nun aber ganz entschieden zurückweisen, werden manche nun erwidern wollen. Polittalks seien nützlich für die Meinungsbildung, sie würden Öffentlichkeit schaffen und den verschiedenen Positionen eine Stimme geben. Und, lassen Sie mich diesen einen Satz noch sagen, es macht einfach Spaß, Politiker*innen bei der Blamage zuzusehen und das Ganze hämisch auf Twitter zu kommentieren.

Aber lassen Sie mich doch jetzt bitte ausreden. Das könnte ja im Prinzip alles richtig sein. Aber es kümmert sich niemand darum. Gekümmert wird sich um die Quoten. Da ändert die Redaktion gerne mal kurz vorher das Thema, lädt um der Sensation willen die falschen Gäste ein und peitscht alle Punkte möglichst schnell und unterhaltsam durch. Da gebührenfinanzierte Sender aber nicht auf Quoten angewiesen sind, wäre es vielleicht keine schlechte Idee, auf Qualität ein bisschen mehr Wert zu legen, als auf Quantität. Das ist übrigens auch der gesetzliche Zweck der Öffentlich-Rechtlichen. Einige Vorschläge:

Das Thema

Das Thema wird im Vornherein festgelegt und nicht mehr geändert. Auch nicht, wenn Andrea Nahles zurücktritt. Wenn fünf Expert*innen zum Thema Klima eingeladen wurden und plötzlich über die GroKo diskutieren müssen, verliert das Wort Expert*in leicht seine ohnehin schon sehr schwammige Bedeutung.

Es wäre zudem hilfreich, darauf zu verzichten, das Thema schon im Titel der Sendung zu bewerten. „Moralischer Zwang zur Organspende“ ist keine Ankündigung, sondern ein Ergebnis. „Beim Klima prima – aber was wollen die Grünen noch alles?“, klingt nicht nach Diskussion, sondern nach Schelte. Antwortet eine Redaktion auf den Vorwurf unverhältnismäßigen Framings, dass sie mit dem Begriff Framing nichts anzufangen weiß, kann man die Sendung auch ohne schlechtes Gewissen absetzen.

Die Gäste

Es werden nur Leute eingeladen, die sich auskennen. Unabhängig davon, ob sie Publikumslieblinge, sensationsversprechende Nazis oder Christian Lindner sind. Der Bekanntheitsgrad einer Person trägt zur Debatte leider gar nichts bei. Im Gegenteil muss, wer sich einen Reil oder einen Fleischhauer einlädt, damit rechnen, dass die ganze Angelegenheit recht schnell peinlich wird.

Neutralität ist natürlich ein schwierig zu definierender Begriff. Aber eventuell sollte man zu einer Diskussion um die Problematik von rechtem Hass niemanden einladen, der sein Geld mit rechtem Hass verdient. In einer Debatte um die Massentierhaltung hat eine Massentierhalterin vielleicht auch nichts Nützliches beizutragen. Aber das ist nur eine Vermutung.

Der Ablauf

Zu Beginn der Sendung wird noch einmal geklärt, welches Thema nun genau behandelt wird und – vor allem – welche Themen alle nicht behandelt werden. Um Missverständnisse zu vermeiden, definiert man alle verwendeten Begriffe. Solange in Polittalkshows nicht getanzt wird, kann auch auf die spannende Musik an Anfang und Ende der Sendung verzichtet werden.

Alle Teilnehmenden haben jeweils mindestens 30 Minuten Redezeit. Früher, als es noch mehr um Politik als um Sensation ging, wurde auch mal acht Stunden lang diskutiert, also stellen wir uns nicht so an. Ob die GroKo noch tragbar ist, kann in einer Stunde natürlich locker entschieden werden. Der Mordfall Lübcke ist aber in dieser Zeit noch lange nicht abgehandelt.

Wer mehr als zweimal jemand anderen unterbricht, fliegt raus. Wenn ein ahnungsloser Mann im Anzug eine Frau unterbricht, fliegt er direkt raus, da an vorlauten, beanzugten Männern durchaus kein Mangel besteht. Dann muss auch nicht in jeder Talksendung noch über die Talksendung an sich diskutiert werden. Klagen über die mangelnde Redezeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder mangelnde Höflichkeit könnten dann durch Inhaltliches ersetzt werden, was sehr viel Zeit sparen würde.

Fakten bzw. „Fakten“, die in den Raum geworfen werden, werden während der Sendung überprüft. Wer gelogen hat, fliegt raus. Wer Sätze wie „Aber vor 50 Jahren, als das eingeführt wurde, da war Ihre Partei an der Regierung“ sagt, muss zehn Liegestütze machen und darf von allen einmal geboxt werden.

Dann gibt es am Ende – wie in ganz altmodischen Diskussionen – vielleicht sogar ein Ergebnis. Dieses sollte festgehalten werden, damit nicht noch jemand denken könnte, es ginge bei den ganzen Polittalks nur um Unterhaltung.

An dieser Stelle muss ich mich leider unterbrechen.

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