Der Krebs des Verstehens

Entfremdung Thomas Melle beschreibt in seinen Erzählungen Menschen, die sich selbst abhanden kommen
Exklusiv für Abonnent:innen

Mit den ersten Sätzen in seinem ersten Buch zündet Thomas Melle ein metaphorisches Feuerwerk: "Ediths Wohnung hat Krebs, und die Metastasen treiben Plastikblumen, Goldherzen, Blumenkränze in die Ecken und Augenwinkel. Bunte Karzinome wuchern von allen Seiten in Richtung Fernseher. Wohin man auch sieht, es funkelt, blinkt, sendet." Die Botschaft ist offenkundig. Hier betritt ein ambitionierter Autor die literarische Bühne und will auf dieser wahrgenommen werden.

Der 1975 in Bonn geborene, in Berlin lebende Thomas Melle legt in dieser Eingangserzählung Santi Lucci ein rasantes Tempo vor. Die flackernde Beschreibung einer tristen Weihnachtsfeier fängt konzentriert eine verunglückende Konversation ein. Unter den Augen von Ediths Sohn Anton trifft sich die Fami