"Aber in der fünften Nacht, als der Graf schnarchte, begann er, Kapitän Nemos Bibliothek zu schreiben.“ Dieser Satz signalisiert die Wende: Per Olov Enquists Wiederauferstehung im Frühjahr 1990. Der Roman Kapitän Nemos Bibliothek">Kapitän Nemos Bibliothek, der 1991 erschien, erzählt aus seiner Kindheit im nordschwedischen Hjoggböle, wo das Gesetz des pietistischen Neins vor allem Vorrang hatte.
Nemo (aus Jules Vernes 20.000 Meilen unter dem Meer">20.000 Meilen unter dem Meer) wird für den Jungen zur Lichtgestalt der Rettung und Erlösung. „Man hofft ja immer auf ein Wunder“, kommentiert der Ich-Erzähler im Rückblick: „Hoffte man nicht, wäre man wohl kein Mensch. Und eine Art Mensch ist man ja wohl doch.“
Dieses Zitat steht in Enquists jüngstem Buch Ein anderes Leben auf dem Titelumschlag der deutschen Ausgabe. Es weist darauf hin, dass Kapitän Nemos Bibliothek für Enquist selbst nicht nur ein schwebend befreiendes Buch darstellte, sondern auch ein Licht der Hoffnung in einer tiefen existentiellen Krise. Ist Ein anderes Leben Enquists grandioses Buch der Krise, half der früher erschienene Nemo-Roman zu überleben: gewissermaßen als ein Buch der Katharsis.
In der Hoffnungslosigkeit der achtziger Jahre lautete die Frage: „War man eigentlich ein Mensch.“ – Ohne Fragezeichen. Per Olov Enquist, von Grund auf suchtgefährdet, war in jenen Jahren in eine verhängnisvolle Alkoholabhängigkeit abgerutscht und dann abgestürzt. Doch er selbst wollte die Sucht nicht als solche anerkennen, sondern beschönigte sie lieber als Experiment, oder als gleichsam poetischen Hang zur Einsamkeit, aus Überdruss an der Gesellschaft. Nichts verdeutlicht die Paradoxie dieses Zustands besser als die auf das eigene Ich gemünzte Wendung: „Er selbst ist auch glücklich, wenngleich verzweifelt.“
Mit">Ein anderes Leben
Per Olov Enquist, Aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt. Hanser, München 2009, 542 S., 24,90 Ein anderes Leben
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