„153 Formen des Nichtseins“: Radikaler als Annie Ernaux

Buchbesprechung Slata Roschals Roman „153 Formen des Nichtseins“ ist kluge, unideologische Emanzipationsliteratur – und steht zurecht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 41/2022
Bei aller Dringlichkeit der Erkundungen ist Slata Roschals Buch auch hinreißend komisch
Bei aller Dringlichkeit der Erkundungen ist Slata Roschals Buch auch hinreißend komisch

Foto: picture alliance/dpa/Georg Wendt

In ihrem Essayband Unziemliches Verhalten. Wie ich Feministin wurde zitiert Rebecca Solnit einmal aus John Bergers legendärem Kunstbuch aus dem Jahr 1968 Sehen: Das Bild der Welt in der Bilderwelt: „Die Frau wird in einen zugeteilten und beschränkten Raum hineingeboren, in die Obhut des Mannes. Das gesellschaftliche Auftreten der Frau, ihre Stellung in der Gesellschaft, konnte sich demzufolge nur entwickeln als Ergebnis ihrer Lebensnichtigkeit, die sie unter der männlichen Bevormundung innerhalb des begrenzten Raumes erworben hat. Diese Entwicklung vollzog sich auf Kosten einer Spaltung ihres Selbst. Eine Frau muss sich ständig selbst beobachten und wird fast ständig von dem Bild begleitet, das sie sich von sich macht. Sie muss alles prüfen, was sie ist,