Es wurde ja jetzt schon eine Menge über Jugendliche und Politik gebloggt und diskutiert.
Da möchte ich doch prompt ein neues Problem in den Raum werfen.
Bisher wurde gesagt, Politik müsse stärker im Internet vertreten sein, die Jugendlichen sollen die Medien mehr nutzen und "aus'm Knick kommen". Aber Moment - Politik ist ja kein Luftgespenst, Politik wird ja gemacht...und zwar von Menschen. Von Politikern.
Wo sind die eigentlich? Hab ich das nicht mitgekriegt, oder reden die nie über uns Jugendliche? Wenn ich an den Wahlkampf denke, dann denke ich daran, dass Olaf Scholz die Rente stabilisieren will und das Frau Merkel die HartzIV-Erhöhung abgelehnt hat. Und das Wowereit ganz happy ist, über die Bread&Butter-Wochen in Berlin.
Jugendliche werden nicht angesprochen. Wir werden nicht mitgezählt. Immerhin sind eine ganze Menge Leute dieses Jahr wahlfähig geworden und überlegen jetzt, wenn denn überhaupt, wem sie ihre Stimme geben.
Was fehlt, sind politische Helden. Ein Politiker, von dem man denkt, dass er was leisten kann. Obama können wir ja nun leider nicht wählen. Wo sind denn die Brandts und Weizsäckers unserer Generation? Ein Politiker, von dem man sagen kann, der legt sich ins Zeug, den wähle ich ! Sie müssten ja nicht mal uns Jugendliche direkt ansprechen, dass ist ja doch ein recht schwieriges Thema, denn was könnte man uns im Moment schon großartig versprechen? Ausbildungsplätze für alle? Kostenlose Arztbesuche? Geht alles nicht. Aber das wir ausgeklammert werden, geht auch nicht.
Ja, engagierte Politiker braucht das Land, welche, die sich bemühen, die nötige Weitsicht zu haben und nicht nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Denn das prägt das Bild der heutigen Politik.
Für die nächste Bundestagswahl wünsche ich mir sagen zu können: Diese Partei hat echt ne Menge geleistet, die wähle ich !
Kommentare 15
Hallo Becci,
zumindest einen solchen Politiker kenne ich. Er war unser Trauzeuge, wir kannten ihn also sehr gut seinerzeit. Er hat genau das Engagement gehabt und die Einstellung, die man sich von einem guten Politiker erwartet. Nun ist er seit mehreren Jahren sogar Landtagsabgeordneter. Seitdem haben wir ihn nicht mehr gesehen. Er ist dauernd unterwegs in Sachen Politik, nebenbei hat er noch seinen Beruf, er ist selbständig. Und er klagt, daß er quasi kaum noch mit "normalen" Leuten zu tun, sondern nur noch mit "Parteifuzzis" und ähnlichem Geschwärl.
Mein Mann und ich fragen uns derweil, wie lange es noch dauert, bis er zu so einem Politiker geworden ist, den man nicht mehr wählen möchte. Und ob der Preis dann nicht zu hoch gewesen ist für sein politisches Engagement. Für ihn selbst und natürlich, weil wir ihn lieber als unseren guten Freund behalten hätten.
Sei selber ein Held!
Glückliches Land, das keine Helden braucht,sagt Bertolt Brecht.
Unser Land bräuchte dringend Helden, um dann irgendwann einmal den Status zu erhalten, keine Helden mehr zu brauchen.
hallo magda und becci,
parteihelden sich zu wünschen, wäre wohl ein bisschen seltsam, denn die müssten gut im unterbuttern der anderen parteien sein. parteiisch zu sein, ist schon fragwürdig. kinder, es geht um herrschaft, nicht um heldenhaftes für die menschheit.
aber vergessen wir nicht das wesentliche: die politschauspieler vertreten wen oder was, ja, auch die einen oder anderen wähler/innen; hauptsächlich aber den klüngel, von dem sie am besten bezahlt werden. lobbyisten nennt man die leutchen, die einen konzern, verband etc. vertreten. nur so ist zu verstehen, dass grenzenlos mittel für banken und autohersteller zur verfügung stehen, nicht aber für kinder und jugendliche. nicht für die zukunft des landes.
helden tun die pionierarbeit für die anderen, die den helden hinterherlaufen. so hat brecht das wohl gemeint. selbst anpacken ist die erste wahl. das ist allerdings mühsam. aber leider nicht anders möglich. erst wenn genügend mündige zusammenkommen, hat das land zukunft.
du sagst es!
Für eine Antwort auf die Frage, was ein Held denn sei, helfen wahrscheinlich wieder mal nur die Psychotherpeuten wirklich weiter.
Ich halte es regelrecht für eine Lebensaufgabe, eben gerade kein Held zu sein. Mir ist das offensichtliche Mißverständnis allen Heldentums allzu groß. Brecht hatte schon recht. Nur wird es dieses glückliche Land niemals geben. Es hieße u.a. nämlich, daß eine erhebliche Mehrheit in diesem Land, sich gemeinschaftlich (!!!) und ehrlich (!!!) und öffentlich(!!!) über ihre Existenz verständigt. Daß also im selbstreflektierenden Miteinander die Beziehungen geklärt werden. Und eben nicht im verlogenen, intrigierenden, konkurrierenden Gegeneinander ein Meinungs- bzw. Herrschaftsvorteil gesucht wird.
Warum brauchen wir immer wieder Helden?, ist m.E. die interessante Frage. Eben waren es noch Jan Ullrich und Claudia Pechstein jetzt sind es... Eben war es noch (für allzu viele) G.W.Bush jetzt ist es Obama... usw.usf.
Vielleicht ist die bisherige Form der Demokratie an ihre Grenzen gekommen? Vielleicht kann ein wohlwollender, engagierter, ehrlicher, kluger Mensch, der in die heutige Politik geht, nur scheitern? Vielleicht sind die Erwartungen an Politiker längst viel zu groß geworden? Vielleicht ist die Delegierung von politischer Verantwortung bei gleichzeitiger passiver Erwartungshaltung schon einer der "Strickfehler"?...
h.yuren:"Mündig werden." Das genau scheint mir die tägliche Aufgabe zu sein. Helden kann es nur mit einer unmündigen Masse geben.
hallo becci, um es noch konkreter zu sagen, was ich meine:
wenn es darum geht, die zukunft von mensch und erde zu sichern, ist die mitarbeit in weltweit aktiven ngo's wie etwa greenpeace und amnesty interessanter und wichtiger als die frage nach dem regionalen parteiprogramm der einen oder anderen richtung. zur globalen perspektive gehört immer auch das netz und die vernetzung, wozu unter anderem sprachliche kompetenz (mehrsprachigkeit)eine gute grundlage bildet.
Zum Thema Helden:
www.freitag.de/community/blogs/merdeister/heldentode-oder-helden-tote
magda, brecht hatte ja recht. aber ...
mit blick auf beccis ansinnen habe ich mich in die lage des 17-jährigen zurückversetzt. als ich 17 war, las ich nicht nur bei dostojewski, dass menschen andere menschen verehren wollen (Großinquisitor in: Die Brüder Karamasow), ich verehrte selbst außer dostojewski den briten bertrand russell und den urwalddoktor albert schweitzer.
heute muss ich nicht mehr 17 sein, um karlheinz böhm und arundhati roy sehr zu schätzen.
was ich sagen will und vielleicht verstehe, ist, dass mensch die vernetzung braucht mit ganzen menschen.
aber liebe becci, die findest du wahrscheinlich äußerst selten in den politischen parteien, obschon russell mal für die labour party kandidiert hat.
@ h.yuren, GerhardHM, Pascal Two :
Wie ihr alle sagt: "Macht es selbst!", klingt das auf jeden Fall nach Demokratie. Aber es ist doch schon echt traurig, in einem System wie dem unseren, indem da Volk Vertreter wählt, dass man dann feststellt, dass selbst machen doch besser ist. Das klingt ja schon fast nach einer nötigen Generalüberholung...
Die vielleicht nötig ist. Der Meinung bin ich schon lange.
Was mir dazu noch einfällt...
Selbstmachen ist super. Ich meine, ich habe ja genug Beispiele, wie man es NICHT macht. Aber wo sind denn die positiven Ereignisse, die die "Volksvertreter" umgeben, die gewählt wurden?
"Aber es ist doch schon echt traurig, in einem System wie dem unseren, indem da Volk Vertreter wählt, dass man dann feststellt, dass selbst machen doch besser ist."
der gedankengang ist unlogisch, weil eine beteiligung den schluss bereits vorab egalisiert.
mfg
mh
becci,
ob du das nun generalüberholung oder runderneuerung nennst, oder systemwechsel oder weltgesellschaft oder ..., es läuft auf das gleiche hinaus.
eine autorin aus dem ruhrpott liebte die wendung: der wechsel ist fällig.(schon vor jahrzehnten)
das ist nicht "vielleicht nötig", sondern ganz bestimmt. hörst du nicht, wie es knistert und knarrt im gebälk?
Generalüberholung, Systemwechsel, ... - Was ist damit gemeint?
Um in unserer Gesellschaft etwas bedeutendes selbst zu gestalten braucht es mehr direkte Demokratie. Dafür müssten sich die Menschen jedoch viel mehr "selbst" für politische Themen interessieren. Sie würden eine größere Verantwortung tragen, sich für etwas einsetzen und ihr Leben aktiver mitgestalten.
Willy Brandt wollte es schon vor vierzig Jahren - heute sollte es umgesetzt werden: "Mehr Demokratie wagen."