Besser kann es nicht laufen. Dass die AfD in den Bundestag einzieht, ist so gut wie sicher. Ihre Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel können sich vor TV-Einladungen kaum retten. Und beide sind Profi genug, um zu wissen, dass sie durch Attacken wie auf Aydan Özoğuz oder durch das Verlassen oder Absagen einer Polit-Sendung für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Jetzt ist zudem eine rassistische E-Mail von Weidel aufgetaucht, die ihr und der Partei wohl noch mehr Stimmen einbringen wird.
Die Kehrseite ist, dass sich Journalisten auch für das Privatleben interessieren. Besonders Weidel, das wirtschaftsliberale Gesicht der AfD, steht im Fokus: Jahrgang 1979, Promotion über das Rentensystem in China, ehemalige Mitarbeiterin von Goldman Sachs und Allianz Global Investors, heute Unternehmensberaterin und in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit einer aus Sri Lanka stammenden Schweizerin, mit der sie in Biel lebt und zwei Söhne großzieht. Wie bringt Weidel ihr Lebensmodell mit den erzkonservativen Vorstellungen ihrer Partei in Einklang?
„Die AfD will“, so heißt es im Programm, „dass sich die Familienpolitik des Bundes und der Länder am Bild der Familie aus Vater, Mutter und Kindern orientiert.“ Die Partei lehnt alle Versuche ab, „den Sinn des Wortes ,Familie‘ auf andere Gemeinschaften auszudehnen“. Auf den Gegensatz angesprochen, antwortet Weidel einmal auf einer Pressekonferenz, „dass wir den gesetzlichen Status quo beibehalten wollen“ und da sei die eingetragene Lebenspartnerschaft fester Bestandteil. Gauland, der verheiratet ist, aber in einer anderen Beziehung lebt, äußert sich da offener: „Zwischen dem, was Sie privat machen, und dem, was Sie für sich postulieren, gibt es ein Spannungsverhältnis – und dieses Spannungsverhältnis muss man in der Partei aushalten.“ Der 75-Jährige lebt seit vielen Jahren mit seiner Lebensgefährtin in Potsdam.
Die AfD spricht in Sachen Ehe und Familie ein verunsichertes konservatives Milieu an, das von der Vielfalt modernen Lebens überfordert scheint. Dass sich Gauland und Weidel selbst nicht an das von ihnen propagierte Lebensmodell halten, macht klar, dass es ihnen um etwas anderes geht. Nach Gesprächen mit Weggefährten von Weidel zeichnete kürzlich die taz das Bild einer „sehr intelligenten und leistungsbereiten, karriereorientierten und durchsetzungsfähigen Frau“. Da wundert es nicht, dass sich ein Mitschüler von Weidel im Abibuch mit den Worten von ihr verabschiedet hat: „See you later, on the Karriereleiter!“
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.