Fünf Kilo leichter, passt mein schwarzer Hosenanzug wieder wie angegossen. Meine telefonisch verständigten Freunde gratulieren von Herzen, Zeit dieses Ereignis sofort mit mir zu begießen haben sie bedauerlicherweise nicht. Dann wird die Wiedererschlankung eben alleine zelebriert, auf zu einem Innenstadtbummel mit anschließendem Besuch der Lieblingsbar.
Beim Prosecco mit extraschönem Sonnenuntergang-Blick über die Altstadt, läutet mein Telefon, Freundin Ina fragt, ob ich ihr in einem Cafe ganz in der Nähe, Gesellschaft leisten möchte.
Dort angekommen, werde ich von Ina, ihrem Mann und zwei befreundeten Pärchen herzlich begrüßt, man will sofort wissen warum ich so schick angezogen und wo ich gewesen sei?
Meine Erklärung ruft eine unerwartete Reaktion hervor, Ina besteht darauf, dass „kein Mensch“ allein in die Panoramabar gehen würde. Die übrigen Anwesenden nicken zustimmend und blicken, mit einem Hauch Ungläubigkeit, erwartungsvoll in meine Richtung.
Reinen Herzens und voller passenden-Hosenanzug-Energie wiederhole ich meine Geschichte, die sechs Augenpaare drücken Zweifel aus. Ina bringt es auf den Punkt: „du lügst! Jetzt sag endlich mit welchem geheimnisvollen Mann, von dem wir nichts wissen dürfen, du dich getroffen hast!“
Ich bin perplex, die Beweggründe für meinen Soloausflug werden nicht akzeptiert, man ist überzeugt, dass ich etwas verberge und wünscht eine andere Version meiner Abendgestaltung zu hören? Eine der anwesenden Damen fügt noch hinzu, dass sie überhaupt noch nie in der Paromabar gewesen sei und sich alleine dort gewiss nicht hintrauen würde. Mir wird klar, dass hier zwei Welten aufeinander prallen. Ehepaare die seit Jahrzehnten alles im Duett erledigen, Wiederholungssingle, der vor Jahren gelernt hat auch alleine unterwegs zu sein, haben doch auch die besten Freunde nicht immer Zeit, spontan einen alten Hosenanzug auszuführen!
Glücklicherweise werden alle Anwesenden von eben servierten Getränken abgelenkt und man widmet sich wieder den wichtigen Dingen des Lebens: anstoßen, trinken und mit Elan und Fachwissen die Welt verbessern, was offensichtlich leichter ist als meinen seltsamen Bar-Alleingang zu verstehen!
Kommentare 4
Liebe Bellaqua,
das ist ja auch wie allein ins Kino gehen! Freiheit ist die Freiheit, so zu sein wie die anderen...
Trotzdem herzlichen Grlückwunsch zum wieder passenden Hosenanzug!
Ismene
Liebe Ismene, jetzt hab ich aber herzlich gelacht!
"....so zu sein, wie die anderen........" trifft den Nagel auf den Kopf!
herzlichen Dank, ich bin ja öfter mit ein bissl Unverständnis konfrontiert, damit geht's mir besser!
Alles Liebe,
Bellaqua
Zur echten, totalen, absoluten Freiheit ist man vorgestoßen, wenn es einem gar nicht mehr einfällt zu überlegen, ob man so ist wie alle oder anders als alle, sondern wenn man einfach ist bzw. tut...
Das hat auch mit vorsätzlichem Man-selbst-sein nichts zu tun.
Ja, lieber Goedzak, das sehe ich genauso. Und wenn Du diese Freiheit erreicht hast, dann kann es passieren, dass Du so erstaunt bist wie Bellaqua über das Unverständnis der anderen. Eben weil Du Dir keine Gedanken mehr darüber machst, was die anderen denken...
Liebe Grüße
Ismene