Tja. „Früher gab es hier ehrliche Arbeiter. Jetzt gibt es Werber. – Life is bitter.“ So wirbt derzeit der Kräuterschnapshersteller Fernet Branca mit großen Plakaten in Hamburg und verärgert damit – Überraschung – Werber. Raphael Brinkert, Chef von Jung von Matt/sports, sah seine Gilde diskriminiert, beschwerte sich beim Werberat und befand in einem empörten Facebook-Post: „Seit Jahren arbeiten wir daran, das Berufsbild geradezurücken, längst überholte Vorurteile auszuräumen und werben gegenseitig für Wertschätzung.“ Die Werber, sie sind also auch ehrliche Arbeiter. Und dann kommt so eine Agentur daher und zertrampelt die zarten Früchte jahrelanger Mühen.
Überhaupt scheinen die ehrlichen Arbeiter für das gute eigene Image derzeit einiges zu tun zu haben. Ebenfalls dieser Tage hat eine andere Werbeagentur nach allen Regeln der Kunst gegen die Imagepolitur der Branche angearbeitet. SchrittMedia heißt das Unternehmen, von dem jüngst bekannt wurde, dass es sich die Markenrechte an „vong“ und „I bims“ gesichert hat – zentrale Ausdrücke jener Internetsprache, die wohl vom Rapper Money Boy eingeführt, von der Facebook-Seite „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder“ groß gemacht und vom vereinten Schwarmhumor der Internetgemeinde auf ihren Zenit gehoben wurde. Taschen und Beutel, Becher und Teller, Shirts und Mützen, die Sätze mit besagten Ausdrücken enthalten, dürfen jetzt nicht mehr frei verkauft werden. Wer es dennoch tut, könnte Post vom Anwalt bekommen.
Zwar haben Juristen ihre Zweifel, dass die Markenanmeldung vor Gericht durchsetzbar ist – zur Einschüchterung reicht es jedoch allemal, und zum Ramponieren des Rufs der Werbewirtschaft. Immerhin ist es ein weiteres Paradebeispiel für die Kapitalisierung der Subkultur. Nach Punk und Che Guevara muss nun also auch ein Netzphänomen dran glauben. Gut, gemessen an den ersten beiden ist das bei Letzterem weniger widersprüchlich, geht es doch dabei immer auch um die Aufmerksamkeit und Verbreitung, an der SchrittMedia sicherlich nichts auszusetzen hätte. Zumal man sich damit trösten kann, dass SchrittMedia den rechten Augenblick so ein wenig verpasst hat. Bitter ist es natürlich trotzdem.
Und das nicht nur ob der doch recht unverfrorenen Aneignung fremder Kreativität. Sondern auch, weil die Welt nun vermutlich auf die ein oder andere Weise mit grausigen Merchandise-Produkten von „I bims“ bis „vong“ rechnen muss. Ein bisschen Geld soll das ganze ja auch noch bringen. Angesichts der wenig einfallsreichen Leistung, die Ideen anderer zur eigenen Marke zu erklären, wird von der Agentur in dieser Hinsicht wenig zu erwarten sein. Und sollte es doch gelingen aus „I bims“ und „vong“ echte Marken zu machen, dann wäre das erst der Anfang.
Denn selbst der Laie weiß: Wer richtig groß rauskommen will, der macht in Sport. Am Anfang kauft man sich vielleicht ein Team – wie wäre es zum Beispiel mit den Berlin Recycling Volleys. Wäre Vong Volleys Berlin nicht viel schöner? Oder man stelle sich vor, Cristiano Ronaldo stünde bei „I bims“ unter Vertrag. „I bims, CR 7“, würde er bei jedem Torjubel ostentativ in die Kamera recken. Das wäre – um es in Anlehnung an einen anderen ganz Großen des Fußballs, Andreas „Andi“ (alternativ: „Heintje“) Möller, zu sagen – „vom Feeling her kein gutes Gefühl“. Diese seine längst legendäre Aussage ist übrigens auch längst zu Werbezwecken vermarktet worden – vom Hamburger Bierhersteller Astra.
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