Journalistenwatch: Subventionierte Hetze

Online-Portal Wieso galt das erzrechte Medium Journalistenwatch je als gemeinnützig?
Ausgabe 30/2019
Sollte einst die Verfassung schützen, fährt jetzt nur noch Geschütze auf Twitter auf: Hans-Georg Maaßen
Sollte einst die Verfassung schützen, fährt jetzt nur noch Geschütze auf Twitter auf: Hans-Georg Maaßen

Foto: Imago Images/IPON

Es sind bewegte Zeiten für Journalistenwatch, auch JouWatch genannt. Seit 2011 gibt es das Online-Medium am rechten Rand, in dessen Artikeln es mal um die „Ökodiktatur“, mal um eine „Gutmensch-Kita“ oder einen „Asylzuwanderer-Räuber“ geht. Man kennt die Wortwahl.

Vor knapp zwei Wochen hatte das Online-Portal quasi höhere Weihen erfahren, als der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der seit einiger Zeit die Welt mit seinen Meinungen auf Twitter beglückt, dort einen Artikel von JouWatch teilte, der insinuierte, die Rettungsaktion der Sea-Watch 3 sei für das ARD-Magazin Panorama inszeniert worden. Das Recherchezentrum Correctiv kam nach einem ausführlichen Faktencheck inzwischen zu dem Schluss, der Bericht enthalte „neben den Spekulationen auch falsche Behauptungen“. Hans-Georg Maaßen hat seinen Tweet gelöscht. Über die gesteigerte Aufmerksamkeit konnte sich die Seite dennoch freuen.

Vergangene Woche stand JouWatch wieder im öffentlichen Interesse. Dieses Mal allerdings dürften sich die Betreiber etwas weniger gefreut haben. Denn das Finanzamt Meißen (klingt ähnlich wie Maaßen, macht aber etwas anderes) hat dem Trägerverein der Plattform, „Journalistenwatch e. V. – Verein für Medienkritik und Gegenöffentlichkeit“, die Gemeinnützigkeit entzogen. So berichtete es Zeit Online. Warum, das habe das Finanzamt mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht sagen wollen, doch fehle mindestens seit Anfang Juni 2019 der Hinweis auf den Gemeinnützigkeitsbescheid des Finanzamts im Impressum. Die Vereinsvorsitzende Marilla Slominski habe den Verlust der Gemeinnützigkeit nicht dementiert.

Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Journalistenwatch

Wie sich die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Trägervereins auf Journalistenwatch auswirken wird, ist noch schwer zu sagen. Denn einerseits ist die Gemeinnützigkeit nicht nur für den Verein steuerlich günstig, sondern auch für die Spender, die ihre Zahlung von der Steuer absetzen können. Andererseits sind Spenden nicht die einzigen Einnahmequellen des Portals, das als Knotenpunkt der Neuen Rechten gilt. So wird Journalistenwatch unter anderem auch vom „Middle East Forum“, einem als rechts eingestuften Think-Tank aus den USA, finanziell unterstützt und darf sich über Anzeigen freuen – vor allem von Unternehmen und Gruppen aus dem ideologischen Umfeld, beispielsweise dem Online-Shop Phalanx Europa, zu dessen Inhabern auch der Identitäre Martin Sellner gehört.

Man kann sich fragen, weshalb ein Verein mit diesem Hintergrund bis vor Kurzem überhaupt das Label der Gemeinnützigkeit für sich beanspruchen durfte, während diese etwa Attac schon vor Längerem aberkannt worden ist. Solch ein Ungleichgewicht ist nicht trivial. Denn die Zuschreibung dient neben allen steuerlichen Vorteilen auch der Glaubwürdigkeit, was gerade bei Medien ein nicht zu vernachlässigender Aspekt ist.

Hilfreich erscheint da ein Vorschlag, der im Juni im Bundesrat von der Landesregierung NRW eingebracht wurde: Vereine und Stiftungen, die den Journalismus fördern, sollen als gemeinnützig anerkannt werden. Voraussetzung: Die Organisationen arbeiten nicht kommerziell und unterliegen der Selbstregulierung durch den Pressekodex. Unter diesen Voraussetzungen dürfte es JouWatch schwerfallen, die Gemeinnützigkeit wiederzuerlangen. In der Selbstbeschreibung heißt es unter anderem: „Der Anbieter übernimmt ausdrücklich keine Gewähr – weder ausdrücklich noch stillschweigend – für Richtigkeit, Vollständigkeit, Verlässlichkeit und Aktualität sowie für die Brauchbarkeit der abgerufenen Beiträge für den Nutzer.“

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Geschrieben von

Benjamin Knödler

Product Owner Digital, Redakteur

Benjamin Knödler studierte Philosophie und Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Neben seinem Studium arbeitete er als Chefredakteur der Studierendenzeitung UnAufgefordert, als freier Journalist, bei Correctiv und beim Freitag. Am Hegelplatz ist er schließlich geblieben, war dort Community- und Online-Redakteur. Inzwischen überlegt er sich als Product Owner Digital, was der Freitag braucht, um auch im Netz viele Leser:innen zu begeistern. Daneben schreibt er auch weiterhin Texte – über Mieten, Stadtentwicklung und Podcasts. Er ist außerdem Co-Autor zweier Jugendbücher: Young Rebels (2020) und Whistleblower Rebels (2024) sind im Hanser Verlag erschienen.

Benjamin Knödler

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