Das falsche Vorbild der schwäbischen Hausfrau

Griechenland soll immer mehr sparen.

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Ich hoffe, 90% der FC können diese Zusammenstellung überlesen, weil sie eigentlich selbstverständliches Grundwissen sein sollte.

Aber leider begegnet man in Deutschen Diskussionen immer wieder der Aufforderung, GR müsse in der Not einfach sparen, das wisse doch jede Hausfrau. ABER:

Was für eine schwäbische Hausfrau richtig ist, ist noch lange nicht gut für Europa:

ZEIT: Europas Denkfehler

http://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/haushalt.png

Propagandakampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) für das „Sparpaket“

Wer spart, hat weniger Schulden. Das kann jeder Privathaushalt unmittelbar nachvollziehen. Deshalb wurde ja auch die schwäbische Hausfrau zur Ikone der Sparpolitik erwählt. Was für die schwäbische Hausfrau richtig ist, ist aber noch lange nicht gut für eine gesamte Volkswirtschaft.

Wenn in einer schwäbische Familie alle sparen, dann hat der Haushalt mehr Geld (um Schulden zu bezahlen),
wenn aber alle in einem Staat sparen (müssen), hat der Haushalt nur mehr Schulden.

Einer spart vs. alle sparen

Wenn nur ein Haushalt zu sparen beginnt und der Rest sich gleich verhält, dann gibt dieser Haushalt weniger aus, seine Einnahmen, zumeist wohl in Gestalt von Lohnzahlungen, bleiben gleich. Denn die bislang erwerbstätigen Haushaltsmitglieder bleiben bei ihren Unternehmen unverändert beschäftigt und auch ihre Löhne bleiben von den Sparbemühungen ihres eigenen Haushalts unberührt. Unter diesen Umständen spart der Haushalt und baut damit möglicherweise zuvor angehäufte Schulden ab.

Was aber passiert, wenn alle Haushalte zugleich sparen? Die Ausgaben der Haushalte und des Staates sind die Einnahmen der Unternehmen. Wenn die Unternehmen aber weniger einnehmen, weil alle anderen weniger ausgeben, müssen auch sie sparen. Das können sie kurzfristig nur, wenn sie von ihren Beschäftigten verlangen, sich mit niedrigeren Löhnen zufriedenzugeben oder diese gar entlassen. Oder indem sie ihre Lieferanten unter Preisdruck setzen, sodass auch diese sparen müssen, niedrigere Löhne ....

Wenn also alle schwäbischen Hausfrauen gleichzeitig sparen, verlieren sie mehr Einkommen als sie sparen können, oder gleich ihren ganzen Job.

Das Sparen wird zum Bumerang. Es kehrt zu den Haushalten und zum Staat zurück, denn deren Einnahmen bleiben nicht mehr konstant. Entweder das Gehalt sinkt aufgrund der Lohnkürzungen oder noch stärker, wenn Arbeitslosigkeit in den Haushalt einzieht. Beim Staat sinken die Steuereinnahmen. Unter diesen Umständen ist in der Regel trotz oder besser wegen der allgemeinen Sparbemühungen an einen Abbau der Schulden nicht zu denken, denn die sparsame schwäbische Hausfrau ist arbeitslos.

Was für den einzelnen Haushalt gut und richtig ist, kann volkswirtschaftlich zum Desaster werden. "Wenn in einer Volkswirtschaft alle sparen, dann breche die Wirtschaft zusammen, weil die Ersparnisse auf der Bank liegen blieben und nicht investiert würden. Jedes Vermögen brauche auch Schuldner." - ARD PLUSMINUS: Die Denkfehler der Schulden-Bremser

„Sparen“ ist in der deutschen Sprache positiv besetzt. Wer Geld spart, verbessert seine finanzielle Lage. Was für den einzelnen Haushalt gilt, lässt sich jedoch nicht auf die Gesamtwirtschaft übertragen. Wenn ein Haushalt spart, kann ihm die Bank nur deshalb Zinsen gutschreiben kann, weil andere Haushalte, Firmen oder eben der Staat sich verschulden. Wenn niemand Schulden macht, kann also auch niemand sparen - TAZ: Staat ist keine schwäbische Hausfrau

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

berlino1010

Russland-Versteher in Ausbildung

berlino1010

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