1. Filmfestival von Banja Luka

Kino Mit dem Banja Luka International Film Festival fand Anfang Mai zum ersten Mal ein internationales Spielfilmfestival in der Hauptstadt der Serbischen ...

Mit dem Banja Luka International Film Festival fand Anfang Mai zum ersten Mal ein internationales Spielfilmfestival in der Hauptstadt der Serbischen Republik statt. Initiiert von der Produzentin Irena Taskovski, soll es kulturelle Impulse für eine Region geben, deren Image noch immer von den Kriegsverbrechen der neunziger Jahre und den bis heute andauernden ethnischen Spannungen geprägt ist.

Eröffnet wurde das Festival mit Stefan Arsenijevics verhalten (alp)traumwandlerischen Liebesdrama Liebe und andere Verbrechen (Ljubav i drugi zlocini). Neben einem Spiel- und Dokumentarfilmwettbewerb, in dem internationale Festivalhits in Anwesenheit ihrer Macher zu sehen waren, gab es ein Programm mit dem Titel "Frieden und Toleranz". Eine Kernsektion, geht es doch auch darum, die geschlossenen Weltbilder aufzubrechen, die in der gebeutelten Region vorhandenen sind.

Mit ihrer Idee traf Taskovski auf Zustimmung beim Bürgermeister und der Regierung der Serbischen Republik. Sie freut sich über die Akzeptanz, die das Festival in der "Föderation" - dem mehrheitlich bosniakisch und kroatisch besiedelten Gebiet Bosnien und Herzegowinas - findet: Zur Jury gehörten der Leiter des staatlichen bosnisch-herzegowinischen Fernsehens, Jasmin Durakovic, und die Schauspielerin Jasna Zalica aus Sarajevo.

Obwohl sich das politische Klima stabilisiert hat, gibt es Themen, die nicht angesprochen werden. So hebt eine Tourismusbroschüre zwar die Restaurierung der wichtigsten orthodoxen und katholischen Kirchen hervor, verschweigt aber, dass der Wiederaufbau der 1993 von serbischen Nationalisten zerstörten Ferhadija-Moschee im Stadtzentrum bisher nicht vorangekommen ist. Vor dem Krieg lebten in Banja Luka etwa 55 Prozent Serben, 30 Prozent Bosniaken und 15 Prozent Kroaten, nach den Vertreibungen und Umsiedlungen im Zuge der "ethnischen Säuberungen" ist der Anteil der Serben, nicht zuletzt durch den Zuzug serbischer Flüchtlinge, in der 250.000-Einwohner-Stadt auf heute 80 Prozent gestiegen.

Der Programmgestaltung wurde viel Fingerspitzengefühl abverlangt. Filme über Reizthemen wie im Namen Serbiens begangene Kriegsverbrechen oder die Kosovo-Frage blieben außen vor. Es ist jedoch bezeichnend, dass Eran Kolirins Spielfilm Die Band von nebenan (Bikur ha-tizmoret) über die zwischenmenschlichen Herausforderungen der Reise eines ägyptischen Polizeiorchesters nach Israel beim Publikum und lokalen Medienvertretern auf besonderes Interesse stieß. So wird das multikulturelle Mit- und Gegeneinander in Bosnien und Herzegowina über den Umweg Nahost angesprochen. Mirsad Purivatra, Leiter des renommierten Sarajevo Filmfestivals, wünscht sich einen direkteren Zugang: "Banja Luka hat eine Frauenfilmreihe und eine mit Menschenrechtsfilmen, zeigt aber Grbavica - Esmas Geheimnis nicht, der beides miteinander verbindet und in der Serbischen Republik bis heute nicht laufen durfte." Jasmila Zbanics Berlinale-Gewinner von 2005 behandelt die Situation einer während des Krieges vergewaltigten Bosniakin und ihrer Tochter.

Taskovski will aber - nicht nur in Sachen Politik - "Schritt für Schritt" vorgehen. Zunächst geht es darum, die Filmkultur wieder zu etablieren und so die gegenseitige Isolation in der Region zu durchbrechen. Bisher ist die kleine Filmszene im serbisch dominierten Teil Bosnien und Herzegowinas vor allem durch Einzelarbeiten wie Danijela Majstorovics investigative Dokumentarfilme über Menschenhandel und die Turbofolk-Industrie oder Igor Pozgajs Circle Way (Kruzni tok), dem Portrait einer Schaustellerfamilie, bekannt geworden. An der vor sieben Jahren gegründeten Filmakademie in Banja Luka entstehen neben den üblichen Existenzialismen spätpubertierender Dreitagebartträger Kurzspielfilme wie Mladen Djukics ideenreich choreografiertes Drama Name this film after me (Neka se ovaj film zove po meni) oder Dragan Radetics übersteigerte Groteske Der Briefträger und die Prinzessin (Postar i princesa).

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden