Herthas Steilpass

Fußball Eine Private-Equity-Firma soll Hertha BSC unter die finanzschwachen Arme greifen. Viele Fans sind davon gar nicht begeistert
Ausgabe 06/2014
Herthas Steilpass

Foto: Imago / Camera 4

Ein bisschen freundlicher hätte sie schon sein können, die Reaktion der Berliner Fußballfans auf die große Nachricht: Hertha BSC bekommt einen Investor, der alle Schulden übernimmt und dazu noch Geld in den Verein steckt. Ein 60-Millionen-Euro-Befreiungsschlag. Doch die Fans kamen vergangenen Sonntag mit einem eindeutigen Transparent ins Stadion. Von einem „Pakt mit dem Teufel“ war da zu lesen. Die Wall Street hat nun einmal selten gute Presse und KKR, die Private-Equity-Firma, die sich Hertha BSC als Spekulationsobjekt ausgesucht hat, ist zwar nicht im strengen Sinne Wall Street, doch zweifellos handelt es sich um lupenreine Kapitalisten.

Wie passt dieses Investment, zu dem es noch viele offene Fragen gibt, zu Hertha BSC? Und zur Bundesliga insgesamt, in der sich das erste Mal eine Private-Equity-Firma engagiert? Herthas Heimniederlage gegen Nürnberg am Sonntag deutet eine Interpretationsrichtung an. Mit dieser Partnerschaft treffen zwei Rationalitäten aufeinander, die alles andere als kompatibel sind. Erfolg ist im Fußball nur bedingt planbar. Geld schießt zwar zweifellos Tore, doch die Wege zum Titel sind krumm, und selbst der momentan unantastbar erscheinende FC Bayern hat sich die ganzen Nullerjahre hindurch schwergetan, mehr als nur Arbeitssiege zu erringen.

Testballon für die Liga?

Für Hertha ist der Deal mit KKR aber die bessere Lösung als das ewige Herumgewurstel, zu dem die hohen Schulden gezwungen hätten. Es ist allerdings bezeichnend, dass auch Experten im Moment nicht genau erklären können, wie sich die Sache für KKR darstellt: Welchen Profit versprechen sich die Investoren von ihrem Engagement? Ist es nur ein Testballon für größere Engagements in der Liga? Und welches Ausstiegsszenario gibt es für das Ende der vorerst auf sieben Jahre geplanten Zusammenarbeit? Es fällt auf, dass die Verantwortlichen bei Hertha darüber am liebsten nicht sprechen würden.

Das hat wohl damit zu tun, dass sie sehr wohl wissen, dass die finanziellen Probleme nicht langfristig gelöst, sondern nur vertagt worden sind. Der Preis dafür ist hoch: Hertha macht sich zum Experimentierfeld für eine andere Profitlogik als die der Festgeldakkumulation, mit der Uli Hoeneß den FC Bayern groß gemacht hat. Borussia Dortmund, das als Aktiengesellschaft nur mit knapper Not die Irrationalität der New Economy überlebte, ist das warnende Beispiel. Auch Hertha hat sich nun auf eine „neue Ökonomie“ eingelassen. Ob man darin mit Augenmaß bestehen kann?

Bert Rebhandl bloggt regelmäßig zu Hertha BSC unter herthabsc.blogspot.de

Dieser Artikel erscheint in Ausgabe 06/14 vom 06.02.2014

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