Fehldiagnose: "Der Feind in unserem Körper"

Eindimensionalität Martin J. Blaser verortet die Ursache für Fettsucht, Asthma und Diabetes in einem übermäßigen Antibiotika-Konsum. Dieser kausale Erklärungsansatz greift zu kurz.

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Die Story "Zuviel des Guten - wir schlucken immer mehr Pillen, um gesund zu werden. Genau das macht uns krank" (Freitag 24.7.2014) führt in die Irre:

Es werden zwar zu viele Antibiotika verordnet, aber Antibiotika sind nicht per se gut, auch nicht alle "Pillen", und dieser kausale Erklärungsansatz greift zu kurz. So wichtig auch ist, dass der Mensch in friedlicher Koexistenz mit seinem Mikrobiom (der Gesamtheit der überlebenswichtigen Darmbakterien) lebt - Gesundheitsprobleme darauf zu reduzieren, dass dies (zugegeben in großem Maßstab) nicht der Fall ist, das ist eine eindimensionale Spezialistenwahrnehmung, Folge des fachärztlichen Tunnelblicks, wie er nicht selten vorkommt.

Diese Art von Kompetenzüberschreitung bzw. Kompetenzzuordnung wird auch "Halo Effect" genannt: Wir schließen von einem Einzelaspekt auf das Gesamtbild. Rolf Dobelli formuliert dazu pointiert: „Vollkommen abstrus wird es, wenn Autoritäten gebietsübergreifend ernst genommen werden wollen.“ (Die Kunst des klaren Denkens, Hanser 2011)

In die gleiche Kerbe zielt die schon vor 60 Jahren publizierte Warnung Victor Frankls: „Heute leben wir in einem Zeitalter der Spezialisten, und was sie uns vermitteln, sind bloß partikuläre (...) Aspekte der Wirklichkeit. (…) Aber die Gefahr liegt gar nicht darin, dass sich die Forscher spezialisieren, sondern darin, dass die Spezialisten - generalisieren. (…) Die terribles généralisateurs (...) verallgemeinern ihre Forschungsergebnisse.”
(Frankl, Victor E. 1946 / 2007: Ärztliche Seelsorge, 11. Auflage, dtv München, S. 46)

So sehr ich Prof. Blaser in seinem Appell auch zustimme, der springende Punkt seines Aufrufs, "die Antibiotikagaben an Kinder deutlich zu verringern - und zwar ab sofort" setzt voraus, dass Handlungsansätze Verbreitung finden, die dies ermöglichen. Und da ist es leider so, dass Ärzte in der Regel behaupten "Wir brauchen jetzt doch ein Antibiotikum", nur weil sie keine Ahnung von Alternativen haben und fast jede Mutter/Vater wird zustimmen, es sei denn, sie/er ist informiert.

Es gibt viele Möglichkeiten der Therapie (besonders die Phytotherapie, orthomolekulare Medizin und die Homöopathie sind hier zu erwähnen), es fehlt nicht an langfristigen Strategien, das Mikrobiom vor Antibiotika zu schützen, sondern an der Bereitwilligkeit, eingefahrene medizinische Handlungsmuster aufzugeben. Es fehlt die Bereitwilligkeit, vorhandenes Wissen anzuerkennen, das Wissen um die Zusammenhänge, wie Situationen ( Entzündungen / Infektionen) entstehen, die dann antibiotikapflichtig behandelt werden und wie dies im Akutfall ebenso wie prophylaktisch oder bei chronischen Verläufen vermieden werden kann. Es fehlt an der Vorsorgeorientierung in der Medizin.

Dr. Jacobs hat auf der Grundlage von 1400 Studien zur Ernährungsmedizin zusammengefasst: "Das ständige Überangebot insulinogener Mahlzeiten führt zu permanenter Anabolie und fördert weiterhin eine Insulinresistenz und inflammatorische Stoffwechsellage." (Dr. Jacobs Weg des genußvollen Verzichts, Nutricamedia Verlag, 2013, s. 364)

(Übersetzt: Raffinierte Kohlehydrate, tierisches Proteine und Fette treiben den Insulinspiegel in die Höhe und führen zu chronischen und akuten Entzündungen.)

Somit ist nicht ein "Feind im eigenen Körper" schuld, es sind auch nicht die geschluckten Pillen. Wenn ein Haus wegen schlechtem Baumaterial einstürzt, sind nicht die Bewohner schuld, sondern der materialverantwortliche Architekt oder Bauleiter.

Am Beispiel der Zystitis – Entzündung der Harnblase will ich deutlich machen, wie der schulmedizinischer Zugang im Unterschied zu einem naturheilkundlichen ist.

Als Zystitis wird die Entzündung der Harnblase bezeichnet. Betroffen sind vor allem Kinder und Frauen. In den meisten Fällen handelt es sich um aufsteigende Infektion, deren häufigste Ursache Bakterien aus der Darmflora, aber auch Mykoplasmen, Ureaplasmen, Hefen, Chlamydien, Viren und chemische oder mechanische Reize sind. Begünstigt wird die Zystitis durch Abflussstörungen des Urins aus der Harnblase, Lebensalter, weibliches Geschlecht und medizinische Eingriffe. Die Symptome sind: Brennen beim Wasserlösen, Reizblase und Harnverlust bei körperlicher Belastung. Diagnostik : Untersuchung des Urins im Labor.

Die schulmedizinische Behandlung ist die Antibiotikatherapie. Bei der unkomplizierten Zystitis der Frau sind in der Regel 1–3 Tage ausreichend. Bei schlechtem Aufbau der Basenschleimhaut, z.B. im Alter oder nach Bestrahlung, erfolgt ein Aufbau der Schleimhaut durch eine Östrogen -Therapie. (nach Dr. Harold Seiler)

Ein biologisch orientierter Behandler betrachtet die Zystitis als ein generelles oder lokales Milieuproblem. Ursächlich sind oft falsche Ernährung, Schwermetallbelastung, Störfelder auf dem Nieren-Blasenmeridian oder eben eine Schleimhautschwäche mit verminderter Immunabwehr als Folge von Antibiotikalangzeitbehandlungen.

Als fördernde Ursachen gelten auch ein Mangel an weiblichen Hormonen vor allem vor der Menopause, Kältereize bedingt durch beispielsweise bauchfreie Modetrends, Geschlechtsverkehr und auch Ovulationshemmer, da hier der Hormonspiegel absinkt. Patienten mit häufigen Zystitiden werden zu den «Nierentypen» gezählt und zeigen meist stark verminderte Lebenskräfte.

Wie kann eine biologische Zystitisbehandlung aussehen?

  1. Notakehl D5, 3 x 1 oder 3 x 10 Tropfen
  2. Cantharis Globuli z. B. D 6 3 x tgl. 5 Globuli oder Cantharis als Nasenspray 3–4 x tgl.
  3. Vagiflor Zäpfchen vor dem Zubettgehen und Symbiolact 2 x 1
  4. Rebas D 4 Kapseln (Sanum folliculi lymphatici aggregati) 1 x 1 bis 3 x 1
  5. Wärmezufuhr mit aufsteigenden Sitzbädern
  6. Nieren-Blasentee

    Bei chronisch rezidivierenden Infektionen eignen sich zusätzlich noch zum Immunaufbau:
  7. Recarcin D4 und Utilin D4 je 1 Kapsel pro Woche
  8. Sanukehl Coli 10 Tropfen täglich
  9. D-Mannose 2 x 1 Tl tgl. (Milieuverschiebung, osmotische Zerstörung von Bakterien)
  10. DL-Methionin 500 mg 3 x 1 (leichte Übersäuerung)
  11. Preiselbeersaft

Da die Blase Östrogenrezeptoren besitzt erscheint es oftmals auch sinnvoll die Blasenschleimhaut mit bioidischen Östrogenen lokal oder systemisch aufzubauen. Generell zeigt sich eine Sanierung der Nieren-Blasenzähne (11,12,21,22, 31,32,41,42), bei Bedarf eine Schwermetallsanierung, ein Auffüllen aller Defizite im Vitamin-, Spurenelement- und Fettsäurebereich, eventuell auch eine Neuraltherapie an die Blase oder auch Moxen als sehr zielführend. (zit. nach Dr. Heidelinde Klein)

Dieses Beispiel zeigt: Möglichkeiten des sofortigen Umstiegs sind genug da. Nur wenn mündige Patienten es einfordern, werden die Therapeuten gezwungen sein, sich auf die geänderte Nachfrage einzustellen, statt weiter angebotsorientiert das verordnen zu können, was ihnen von Pharmavertretern nahegelegt worden ist.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

bertamberg

Xundheit! Salut! o! genese! Aufs Ganze gehen, bei Erkennen & Tun, Diagnose & Therapie. Alles ist vollkommen, "wenn das nötige gemacht ist." (Goethe)

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