Unterscheide Scharlatan und Fachmann - wie?

Erkennbare Expertise Die Liste der Schimpfwörter für komplementärmedizinisch tätige Therapeuten ist lang: Ist ein Homöopath ein Quacksalber oder nicht, und woran ist es erkennbar?

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Ein Dialog zwischen Dichtung und Wahrheit

Wenn die Habgier die Kernkraft des Bösen ist (Georg Schramm), das Wissen selten Objekt von Gier, reflektiert dies die Mühsal des Wissenserwerbes, die ein leidlich bekannter verstorbener Dichter mit den Worten charakterisierte:

"Was ist das Schwerste von allem?

Was dir das Leichteste dünkt:

mit den Augen sehen,

was vor den Augen dir liegt."

Diese stille Vorwurf aus längst vergangenen Tagen, sich darin zu irren, was leicht und was schwer zu sehen sei, empörte mich und konnte auch nicht gemildert werden durch seine Relativierung: "Der Irrtum ist viel leichter zu erkennen als die Wahrheit zu finden; jener liegt auf der Oberfläche, damit läßt sich wohl fertig werden; diese ruht in der Tiefe, danach zu forschen ist nicht Jedermanns Sache."

Wer ist Jedermann? Bin ich Jedermann? Ist es ein Jedermann, der fragt: "Außerdem würde mich interessieren, ob Sie meinen Lesern, Ihren Patienten und mir eine Möglichkeit an die Hand geben könnten, einen Scharlatan von einem Fachmann der Homöopathie zu unterscheiden. Mit wissenschaftlichen Sachverstand kommt man nämlich weder beim einen, noch beim anderen weiter. Ich würde mich freuen, wenn Menschen von Ihrer Erfahrung in dieser Hinsicht profitieren könnten."

(http://dieausrufer.wordpress.com/2012/04/02/offener-brief-an-curt-kosters-vom-dzvha/)

Es gibt Wissen, um das wir wissen, Wissen, von dem wir wissen, dass wir nichts drüber wissen und Wissen von dem wir nicht wissen, dass wir es nicht wissen, obwohl es vorhanden ist. Nach welchem Wissen zielt diese Frage?

Ist dies nicht eine Abstauberfrage, der Ausdruck eines verabscheuungswürdigen Profitstrebens, das ohne eigenen Aufwand ernten will, womit andere unter Anstrengungen ihren Kopf bereichert haben? Wo wird denn Erfahrung, Wissen oder Freibier auf einem Silbertablett angereicht? Wo gibt es Finanzberater, Bankangestellte, Juristen, Pharmavertreter, Makler, Politiker, denen man die Seriosität an der Nasenspitze ablesen kann?

Mein verblichener Dichterfreund versuchte mich zu beruhigen: "Alles ist einfacher, als man denken kann, zugleich verschränkter, als zu begreifen ist."

Na klar ist einfach, im Handbuch von Stiftung Warentest "Die andere Medizin" nachzulesen, was dort als ,,Kennzeichen seriöser Heiler" formuliert ist (sinngemäß wiedergegeben):

1. Er dokumentiert seinen beruflichen Werdegang und ist bereit, darüber entsprechende Fragen zu beantworten.

2. Der Heiler hat feste Praxiszeiten. Manche Heiler leben von diesem Beruf, für andere ist es eine Nebentätigkeit.

3. Er fragt, ob ein (anderer) Mediziner bereits eine Diagnose gestellt hat und lässt sich diese mitteilen.

4. Er fragt nach Beschwerden, Lebensumständen und Arbeitsbedingungen .

5. Er fragt, ob und wie die Beschwerden bisher behandelt werden

6. Er untersucht den Körper der Patienten und bespricht rnit ihm das Untersuchungsergebnis .

7. Er teilt mit, welchen Behandlungsweg er einschlägt .

8. Er zeigt eventuell Behandlungsalternativen auf und begründet, warum er gerade zu dieser Therapie rät.

9. Wenn sein Verfahren zur Behandlung nicht geeignet ist, empfiehlt er schulmedizinische Therapie. Bei gleichzeitiger Behandlung durch den Hausarzt empfiehlt er, diesen zu konsultieren.

10. Er bespricht, wie sich der Patient hinsichtlich der Medikamente verhalten soll. Die ihm andere Behandler verordnet haben.

11. Er erstellt einen Behandlungsplan.

12. Er holt Zustimmung der Patienten ein, bevor er vom besprochenen Behandlungsplan abweicht.

13. Er bespricht rnit dem Patienten die Finanzierung der Behandlung und eine evtl. Kostenübernahme durch die Krankenkasse.

Nun gibt es Therapeuten, die der Meinung sind, dass ihrerseits alle Anforderungen an ,,alternative Heilmethoden", wie sie im Handbuch "Die Andere Medizin" (1996) gestellt werden, erfüllt werden und es wie z. B. Heinz und Peter Pflaum mit ihrem Buch "Synopsis der Regulations-/(Zahn-)Medizin", Haug-Verlag, Heidelberg 2000, S. 253 f dokumentiert haben. Zu den einzelnen Punkten verweisen sie auf:

1. siehe Lebenslauf.

2. Allein der große Zeitaufwand für die Diagnostik einerseits und die übernommene Verantwortung für die Behandlung andererseits sprengen die Möglichkeiten der Nebentätigkeit.

3. s. Überweisungsanforderung mit vorab erhobenen Befunden

4. siehe Anamnesebögen

5. geht auch aus Überweisungen hervor

6. siehe Auswertung der Befunddiagramme, die in Kopien mitgegeben werden

7. s. z.B. Symbioselenkungspläne oder Ernährungs- bzw. Diätanleitungen und Rezepturen

8. Klinische Untersuchungsmethoden und Therapien sind unsere Basis, EAV/BFD sind additive Methoden, die bei Therapieresistenz konventioneller Methoden zum Einsatz kommen.

9. ln der Herddiagnostik ist praktisch immer Teamarbeit mit Ärzten der verschiedensten Disziplinen angesagt.

10. Die Medikamententestung hat auch zum Ziel, die ,,harmonische Wirkung" aller Verordnungen zu überprüfen.

11. Dieser ist automatisch laut unseren Untersuchungsbögen gegeben.

12. s. Patienten-lnformation vor Beginn der Behandlung.

Werter Dichter, frage ich: Ist es denn zu begreifen, dass eine Veröffentlichung wie diese, in der Vater und Sohn wissenschaftlich akribisch das dokumentieren, was seit Jahrzehnten sich in ihrer Praxis bewährt hat, dazu in Übereinstimmung mit Kriterien, die von außen formuliert sind, keine andere Konsequenz hat als diejenige, dass sich am Status Quo der aktiven Nichtanerkennung komplementärer Methoden nichts ändert?

Mein Dichterfreund definiert das Maximum seiner Horrorvisionen : "Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit."

Ich stimme zu und protestiere mit Aplomb, denn schrecklicher noch als tätige Unwissenheit finde ich, die winzigen Inseln des Wissens und ihre wenig gesicherten Hypothesen-Auslegestege gegen die Ozeane und Stürme der Unwissenheit zu sichern, eine wahre Sisyphos-Aufgabe, und frage: Hast du nicht auch geschrieben: "Unwissende werfen Fragen auf, welche von Wissenden vor tausend Jahren schon beantwortet sind."

Ja, ja, gibt er zu. Ich wollte nicht so drastisch formulieren, wie es die Engländer tun: "A fool asks more questions in an hour than a wise man can answer in seven years."

Ich entsetzt: Das heißt doch, dass für alle Ewigkeit die Unwissenden die Welt mit ihren Fragen zutexten!!

Darauf er: Trag's mit Fassung. Die, die du als unwissend bezeichnest, haben nur ein anderes Wissen als du, und es gibt keine dummen Fragen, sondern nur unzureichende Antworten. Lerne vorläufig zu denken. (https://de.wikipedia.org/wiki/Ich_wei%C3%9F,_dass_ich_nichts_wei%C3%9F). Je mehr Wissen, desto mehr Nichtwissen. Ausserdem: Du wirst schließlich nicht ewig leben, selbst wenn ein Fachmann dich behandelt.

Ich setzte offenen Mundes zu einer Antwort an, da klingelte der Wecker.

Mit Dank an Johann W. v .G.
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Geschrieben von

bertamberg

Xundheit! Salut! o! genese! Aufs Ganze gehen, bei Erkennen & Tun, Diagnose & Therapie. Alles ist vollkommen, "wenn das nötige gemacht ist." (Goethe)

bertamberg

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