Blick nach Schweden und rechtsbürgerliche Parteien

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Seit den Thesen eines Thilo Sarrazin, seit den verbalen Entgleisungen einer Erika Steinbach wird in Deutschland wieder verstärkt über die Entstehung einer Partei rechts von der Union geredet. Nun gibt es in den entwickelten westeuropäischen Staaten, bei allen historisch und aus der Geschichte erklärbarenUnterschieden, relativ vergleichbare Parteiensysteme. Da wären sozialdemokratische Parteien, in Frankreich heißen sie Sozialisten, in den Niederlanden Partei der Arbeit, nur in der Ausrichtung sind sie sozialdemokratisch. Links von diesen gibt es ebenfalls Parteien, in der Bundesrepublik die Linke, in Frankreich die Kommunisten, in Italien heißen die Kommunisten jetzt Linksdemokraten. Es gibt die klassischen bürgerlichen Parteien, wie die Union hierzulande oder als Volkspartei im Namen wie in Österreich. In den letzten 2 Jahrzehnten entstanden die Grünen in vielen Staaten und etablierten sich im politischen System. Alle diese Parteien haben ihre Wählerschaft, und, alle haben damit eine staatstragende Funktion. Sie stützen die existierende Ordnung, indem sie in dieser sowohl exekutive als auch legislative Funktionen wahrnehmen. Ich höre jetzt schon den Aufschrei, die Linken doch nicht. Real und nüchtern betrachtet ist aber festzustellen, doch, Kommunisten in Frankreich und Linksdemokraten in Italien und die Linke in der BRD genau so wie bürgerliche Parteien und die Grünen, sie alle binden ihre Mitglieder und Wähler in dieses System ein. Nur mein Thema ist ein anderes. So wie die Grünen es in den letzten 20 Jahren geschafft haben, sich im politischen System zu etablieren, erleben wir dies zur Zeit mit Parteien, die rechts der Bürgerlichen ihre Klientel finden. Öffentlich wurde diese Entwicklung erstmals in Österreich mit den ersten Wahlerfolgen der Freiheitlichen Partei Österreichs und ihrem charismatischen Gesicht Jörg Haider. Anfangs belächelt, wurde sie später zu einer etablierten politischen Kraft und Haider Landeshauptmann (=Ministerpräsident) im Bundesland Kärnten. Nun mag dieser Aufstieg auch etwas mit der föderalen Struktur Österreichs und mit der Tatsache zu tun haben, dass Haider aus Kärnten stammt. Nur vollzog sich in Frankreich eine ähnliche Entwicklung mit der Front National unter Jean Marie Le Pen, der es mit seiner Partei bis in die Nationalversammlung schaffte und neben den bürgerlichen Parteien seine FN etablierte. In der Schweiz ist eine solche Entwicklung genau so zu beobachten wie in den Niederlanden, wo Geert Wilders vor wenigen Wochen mit einer ausländerfeindlichen Partei , den den Islam ablehnt, sogar stärkste Kraft im Parlament wurde. Überhaupt ist die Ablehnung des Islam ein Element, welches bei allen diesen Parteien eine tragende Rolle spielt. Islamisierung, Überfremdung, geschürte Ängste vor der Aufweichung der nationalen kulturellen Identität, das sind Themen, die zunehmend auf fruchtbaren Boden fallen und solchen politischen Gruppierungen Wahlerfolge bescheren.

Nun also Schweden, ein Land, welches gut durch die internationale Finanzkrise gekommen ist, von dessen ökonomischen Zahlen beispielsweise Deutschland nur träumen kann. Die Schwedendemokraten haben die bei den dortigen Reichtagswahlen geltende 4% Hürde übersprungen und werden in Fraktionsstärke in das höchste schwedische Parlament einziehen. Auch diese Partei spielte auf der Klaviatur der Ausländerfeindlichkeit, schürte Ressentiments und warnte vor einer Aufweichung des schwedischen Wohlstandsmodells.

Rechtsbürgerliche Parteien, um es vornehm zu formulieren, sind also in anderen europäischen Staaten längst auf der politischen Bühne präsent und das Potential ist dafür auch in Deutschland vorhanden. Sollten wir es also einfach als Normalität hinnehmen? Nein, nur müssen wir nüchtern analysieren, dass in Zeiten schwindenden Wohlstandes, zunehmender Zukunftsängste und gleichzeitig einer weiteren Globalisierung der Welt es Politiker wie Wilders schaffen, mit Populismus und Demagogie Menschen für sich und ihre Theorien einzunehmen. Genau so nüchtern ist festzustellen, dass es die Linke in Europa bisher nicht geschafft hat, dem etwas gleichwertiges entgegenzusetzen. Das ist eine Aufgabe der Linken, wenn sie nicht möchte, dass rechtsbürgerliche Parteien, wie es in einigen Ländern bereits der Fall ist, Normalität werden. Darauf zu setzen, dass wie in Östereich die FPÖ an inneren Streitereien zerfällt und an Bedeutung verliert, ist keine Lösung. Aufklärung und das Anbieten von Lösungen, verbunden mit der Mobilisierung der Bevölkerung , um praktikle und realistische Lösungen auch umzusetzen, das ist die richtige Antwort. Sonst werden wir in 20 Jahren über die Entstehung und dauerhafte Etablierung rechtsbürgerlicher Parteien schreiben wie wir das heute über die Grünen tun, nur mit weniger positiven Folgen für die Gesellschaft.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rolf netzmann

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rolf netzmann

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