Seit Jahren wird in Berlin darüber gestritten, ob Polizisten Namensschilder tragen sollen. Die Befürworter versprechen sich mehr Transparenz, können Polizisten sich besonders bei Einsätzen gegen Demonstranten nicht mehr hinter ihrer Anonymität verstecken, wenn sie überhart gegen Demonstranten vorgehen. Ausserdem hat der mündige Bürger ein Recht darauf, zu erfahren, wer ihn beispielsweise bei Verkehrskontrollen auffordert, sich auszuweisen.
Die Gegner einer Kennzeichnungspflicht verweisen darauf, dass Polizisten schon bisher im Dienst mit verbalen und körperlichen Anfeindungen leben müssen. Dies könne sich nun, so die Polizeigewerkschaft, auf ihre Kinder und Lebenspartner ausweiten, mithin ihr Privatleben massiv beinträchtigen.
Die Berliner CDU hatte im Abgeordnetenhaus eine namentliche Abstimmung beantragt und stand doch allein gegen alle anderen Fraktionen. Die Regierungsparteien SPD und Linke sowie Grüne und Liberale stimmten für eine Kennzeichnungspflicht, die der Innensenator schon seit langem durchsetzen möchte. Allerdings hat Erhard Körting bereits angekündigt, dass er es seinen Beamten freistellen möchte, ob sie ihren Namen oder ein Nummer auf der Uniform tragen wollen.
Dass es nun endlich zu einer Pflicht der Berliner Polizisten wird, sich mit ihrem Namen zu zeigen, ist ein Erfolg für die Befürworter einer Kennzeichnungspflicht. Es erleichert es Opfern von polizeilichen Übergriffen, sich juristisch zur Wehr zu setzen.
Das Argument, dass dies das Privatleben der Beamten beeinträchtigen könnte, stimmt ja so nur zum Teil. Zumindest höhere Polizeioffiziere sind in der gewaltbereiten Szene bereits jetzt bekannt, bei Neonazis kursieren schon lange die Privatadressen von ihnen. Dass jetzt Bereitschaftspolizisten sich offenbaren müssen, stärkt die Rechte der Bevölkerung, und denen soll die Polizei ja schließlich dienen , oder?
Also ein lange überfälliger Schritt, den die Berliner Abgeordneten da jetzt beschlossen haben.
Kommentare 9
'Seit Jahren' ist aber wirklich geprahlt. Sind doch erst 60 Jahre, seitdem darüber gestritten wird. www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/namensschilder-fuer-polizisten-seit-60-jahren-thema/1906404.html
Namensschilder finde ich überhaupt keine gute Idee - die Privatsphäre von Polizisten muß gewahrt und geschützt bleiben - wünschen würde ich mir aber eine persönliche Nummer, zusätzlich zu der der Hundertschaft.
Stimmt, nur eine #, denn es liegt in der Natur der Arbeit der Polizei sich überwiegend mit Menschen konfrontiert zu sehen die nicht gerade für "fair-play" bekannt sind. Sonst müsste jeder ein Namensschild tragen.
Es ist sicherlich ein diffizieles Thema, das stimmt. Die Argumente der Gegner einer Kennzeichnungspflicht sind nicht einfach von der Hand zu weisen, weil sie sachlich schwer zu widerlegen sind. Nur, lediglich eine Nummer bringt eben für Betroffene von Polizeiübergriffen, und darum geht es ja letztendlich, auch keine Klarheit. Ein Name lässt sich im Gewühl einer Auseinandersetzung leichter merken als eine Nummer, die Gefahr von Zahlendrehern kommt noch hinzu. Ausserdem müsste ein Betroffener sich mit einer ihm bekannten Nummer an die Polizei wenden, um den Namen des Polizisten herauszubekommen, ob das wohl so ohne weiteres möglich wäre?
Und, nicht zu vergessen, ein Name auf der Uniform würde auch die Polizisten im Dienst daran erinnern, dass sie leicht zu identifizieren sind und sie somit, das bleibt zu hoffen, dazu bewegen, sich im Rahmen des Erlaubten zu bewegen. Unbeteiligte anzugreifen, unverhältnismässige Gewalt auszuüben, all dies wäre mit einer schnellen und sicheren Identifizierung für die Beamten nicht mehr ohne Konsequenzen möglich. Das Verstecken in der Anonymität der Masse, gerade bei zahlenmässig starkem Polizeiaufgebot, wäre nicht mehr möglich.
All dies sind Argumente, die für eine Kennzeichnungsplicht sprechen.
Wegen der Gefahr von Zahlendrehern haben ja auch alle Autos Namen, nicht wahr? Ich merke mir z.B. Nummern viel leichter als Namen. Was vielleicht auch damit zu tun hat, daß es bei Nummern keine Fischers, Meiers, Schmidts und Schulz' gibt.
Nahezu Standard ist außerdem ja nicht nur bei der Polizei die filmische Dokumentation von Demonstrationen. www.youtube.com/watch?v=AxddSFWCmBgwww.youtube.com/watch?v=46VqHUt8Zzc
Auf beiden Videos wäre mit einer zusätzlichen persönlichen Nummernkennung alles klar. Beschwerden wegen Polizeigewalt können, sofern eine Dienststelle die Anzeige nicht entgegen nehmen möchte, meines Wissens auch direkt bei der Staatsanwaltschaft eingereicht werden.
Abgesehen davon gibt's auch noch die 'Kritischen PolizistInnen'. Ich finde auch die Haltung der Polizeigewerkschaft z.B. zu Gorleben interessant, die sich ja massiv dagegen ausspricht, daß Polizisten ihren Kopf für lausige Politik hinhalten müssen. Insofern erhoffe ich mir in Zukunft auch auf solchen Ebenen noch mehr Schulterschluß zwischen Polizei und protestierenden Bürgern und fände die Preisgabe der Privatsphäre von Polizisten durch namentliche Kennzeichnung kontraproduktiv.
Daß eine Kennzeichnung überfällig ist, steht dabei außer Frage. Bitte unterstellen Sie @rolf netzmann mir nicht, ich sei dagegen.
Also wenn ich das neulich richtig mitgekriegt habe, haben sie das bei der Bahn für die Schaffner/Zugbegleiter ganz einfach gelöst: jeder betroffene Mitarbeiter hat das Recht, sich für sein Namensschild ein Pseudonym zu wählen.
das unterstelle ich nicht, ich freue mich im gegenteil darüber, dass ich mit diesem blog eine kleine diskussion anstossen konnte
wie bereits geschrieben, das für und wider ist beides nachvollziehbar und der berliner innensenator körting möchte es seinen beamten selber überlassen, ob sie nummern oder namen tragen möchten
in einem sind wir uns doch wohl einig, anonyme polizisten darf es, mit ausnahme vielleicht von beamten der sondereinsatz- und mobilen einsatzkommandos , nicht mehr geben. bei diesen spezialkräften, die ja bei schwerer und schwerstkriminalität eingesetzt werden, beispielsweise in berlin gegen rockerbanden, ist es sicherlich eine frage des selbstschutzes, dass dort nicht norbert schulze auf dem kampfanzug steht....
Die Polizei versteht sich ja in manchen Bereichen als so etwas wie ein Dienstleistungsunternehmen, z.B. wenn Demonstranten in Rechnung gestellt wir, daß sie bei z.B. Sitzblockaden voon Polizisten weggetragen werden.
In Hamburg soll künftig für die Anfahrt der Polizei gezahlt werden, wenn man sie bei Kfz-Unfällen hinzuruft. Das beweist, daß die Hamburger Polizei zunehmend zu einem Unfall-Dienstleister wird.
Was liegt da näher, als daß die, die die Bürger = Kunden bedienen, Namensschilder tragen, z.B.:
Hier bedient Sie Polizeihauptmeisterin Hiltraud Radebrecht.*
* Name vom Kommentator frei erfunden
Mag sein, dass einige Polizisten "überhart gegen Demonstranten" vorgehen.
Letzendlich sind durchaus nicht alle Demonstranten friedlich, jedoch auch anonym, und bei der Erfüllung ihrer Pflichten im Dienst müssen die Polizisten u.a. auch mit körperlichen Schäden rechnen. Transparent mit Namensschild zu sein, und u.U. privat ausfindig gemacht zu werden, findet nicht meine Zustimmung. Wenn überhaupt, dann halte ich eine Nummer für ausreichend.
Jeder Polizist hat das Recht, mich nach meinem Namen zu befragen und das auch noch durch Dokumentvorlage zu verifizieren. Also habe ich ebenso das Recht, seinen Namen wahrheitsgemäß zu erfahren.
Ich möchte nicht gern eine Nummer sein; der Polizist wahrscheinlich auch nicht.