Eine Laudatio auf den Erfinder des Deutschrock...

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... las ich soeben im Kulturteil des neuen Freitag. Udo Lindenberg, ach ja, "Elli Pirelli", "Ricki Masurati" oder " Sie ist vierzig", damit bin ich groß geworden. Erinnerungen an meine Jugendzeit kommen wieder hoch. Der Kassettenrecorder in der Hand oder auf der Parkbank liegend und schööön laut aufgedreht.

Udo Lindenberg ist vielfach ettiketiert worden, Erfinder des Deutschrock ist sicherlich die plakativste Beschreibung, hat er doch die deutsche Sprache in die bis dahin englischsprachige Welt des Rock eingeführt. Songwriter, Lyriker, aber auch ein Künstler, der bewusst polarisiert hat, die Welt des Udo L. hat viele Facetten. "Hoch im Norden", ja,Gänsehautfeeling, wenn er es live singt. Bei mir im Regal stehen alte Videos seiner Grönlandsinfonie - Tournee, bei der er mit dem berühmten Theaterregisseur Peter Zadek zusammengearbeitet hat. Sein "Panikorchester" ist so legendär wie seine Tourneen, mit denen er die die größten deutschen Konzerthallen füllte und mit Fritz Rau einen excellenten Manager hatte. Nur wird all dies dem Künstler Lindenberg gerecht?

Es war ihm erst im letzten Jahr vergönnt, mit "Stark wie Zwei" den ersten Nummer 1 Hit in den Charts zu haben. Die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern war ihm immer wichtig, "Sag mir, wo die Blumen sind" mit der sowjetischen Sängern Alla Pugatschowa steht dafür ebenso wie "Romeo und Juliaaah" mit Nina Hagen oder die Aufnahmen mit dem Babelsberger Orchester, das von der Schließung bedroht war und dem Lindenberg damit aktiv half. Überhaupt ist das aktiv sein, sich einmischen und die eigene Popularität einsetzen, immer etwas gewesen, was den Menschen Lindenberg auszeichnet.

"Nein, sie brauchen keinen Führer

nein sie können`s jetzt auch alleine

nein sie brauchen ihn nicht mehr

diese neuen Nazi-Schweine

und keine braune Uniform

die Klamotten sind jetzt bunt

doch die gleiche kalte Kotze

schwappt ihnen wieder aus dem Mund..."

Klare Worte hat Lindenberg nie gescheut, bei allem lyrischen Talent, wo es notwendig war, hat er Tacheles geredet.

"Himterm Horizont", für mich eines der besten deutschen Liebeslieder überhaupt, und der Titel des neuen Lindenberg Musicals, das Anfang 2011 am Berliner Potsdamer Platz aufgeführt wird. Der Meister setzt sich selber ein Denkmal, und das zu Recht.

Der Gesellschaft mit den Mitteln der Rockmusik einen Spiegel vorhalten, auch das zieht sich wie ein rote Faden durch die Karriere des Udo Lindenberg, der ein genauer Beobachter des Lebens ist, Themen aufgreift, die in der deutschen Musik damals neu waren. Er ergriff Partei für Minderheiten, brach Tabus auf, polarisierte.

" ... wir wurden Freunde, immer mehr

und du erzähltest, dass es manchmal so schwer wär

dass sich viel Schwule immer noch verstecken

auf dem Männer-Pissoir

Und der Pöbel sagt: Weg damit!!

wie das damls schon bei den Nazis war.

Wir mochten uns sehr.Immer mehr!

Und ich sagte:Ey, irgendwie lieb ich dich sehr.

Plötzlich denk ich:Moment mal.

Und da wurde mir erst wieder klar,

daß du ein Junge warst...

Na und?"

Lindenberg hat viele Facetten und künstlerische Neigungen, die er auslebt. Wer kennt den Stricher von St. Georg (Udo über Udo)? Lindenberg als Maler, mit seinen selbst erfundenen Liköretten. Das Buch "Der Pakt" aus dem Verlag te Neues vereint wunderbare Bilder, dahingepinselt, mit Texten des Musikers. "Mit über 500 Bildern, die bisher in sieben großen Ausstellungen gezeigt wurden, `säht er die Saat des Zweifels und der Irritation`über Expertenhäupter und Leidenschaft", heisst es auf der Rückseite des Einbandes.

Auch dies ist eine Seite des vielseitigen Künstlers . Die Vergabe des diesjährigen Jacob Grimm Preises für deutsche Sprache hätte keinen würdigeren Preisträger finden können als Udo Lindenberg.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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