gestaltende Politik--oder lieber gleich das Original?

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Vor einigen Tagenlas ich im Berliner„Tagesspiegel“ einen Artikel, der sich mit der Frage beschäftigte, warum so wenig begabte junge Menschen in die Politik gehen und selbst Spitzenposten wie der des Verteidigungsministers der Bundesrepublik wie Sauerbier angeboten werden. Der Autor resümierte, dass für den politischen Chefposten der Bundeswehr entweder ein Mensch mit viel Pflichtgefühl, wie der jetzige Minister, oder mit sehr viel Selbstbewusstsein, wie dessen Vorgänger, in Frage kommen.Und er resümierte weiter,dass ein Banker heute die Welt an den Rand des Absturzes bringen kann, während der Politiker hinter ihm her läuft und versucht zu reparieren, was noch möglich ist.

Gestaltende Politik, Visionen, für die Politiker kämpfen, all dies ist immer mehr Vergangenheit. Heute reagiert die Politik auf Ereignisse, anstatt zu agieren, anstatt Richtlinien vorzugeben und auf deren Einhaltung zu dringen.Halt, das stimmt nicht ganz.

Da , wo die Politik keine harte Konfrontation fürchten muss, da gestaltet sie schon, nämlich bei der Kürzung von Sozialleistungen. Die Armen der Gesellschaft wehren sich nicht, da zeigt die Politik, dass sie gestalten kann, zu deren Ungunsten.

Da, wo es notwendig wäre, nämlich gegen die Industrie, die Banken, die meinungsbildenden Medien, da kuscht sieoder setzt auf nebulöse Selbstverpflichtungen. Dasgestaltende Element der Politik geht immer mehr verloren, die letzten Jahre zeigten, dass Politiker immer mehr zu Erfüllungsgehilfen der Industrie und Medien wurden.Wen wundert es da, wenn junge, talentierte Menschen lieber gleich das Original wählen und in der freien Wirtschaft anfangen, wo sie gestalten können. Dass Spitzenpolitiker wie Koch und von Beust in die freie Wirtschaft wechseln, was für sie auch finanziell einträglicher ist.

Was wir brauchen ist ein Umdenken in der Bewertung von Politik. Sie muss die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, in der sich alle frei entfalten können. Sie muss ihre Handlungsspielräume zurück gewinnen und sich auf das besinnen, was ihre Aufgabe ist, nämlich gestalten, auch Visionen haben und für deren Umsetzung um gesellschaftliche Mehrheiten werben. Solange ein Minister alle Beteiligten zu Krisengipfeln einlädt, ist das ganze eine Lachnummer, die keiner ernst nimmt. Wenn die Politik wie gegen die Armen der Gesellschaft auch gegen die Mächtigen die Macht des Staates einsetzen würde, dann würde sie ihrer Verantwortung gerecht werden.Solange sie allerdings in Kungelrunden , siehe Atomkompromiss, sich sogar Gesetzestexte diktieren lässt, solange werden begabte junge Menschen lieber dahin gehen, wo sie diktieren können,anstatt dahin, wo sie nur mitschreiben.

So ist es auch mit dem Biosprit E 10, die Politik hat gesagt, ja, das könnten, müssten wir machen, anstatt die Industrie zu verpflichten, ihn anzubieten, per Gesetz, unter Androhung von Konsequenzen. Das wäre ein Agieren gewesen, ein aktiv Gestalten.

Eine freiwillige Verpflichtung, die Profit schmälert, ja was glauben die Politiker denn, wo wir leben? Nur zeigt dieses Beispiel ganz deutlich, wer in unserem Land immer noch Koch und wer Kellner ist.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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