Heldendarsteller gesucht -- eine Antwort

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Wikipedia definiert Held als " eine Person mit besonders herausragenden Fähigkeiten oder Eigenschaften, die sie zu besonders herausragenden Leistungen, sogenannten Heldentaten, treibt." In einem Psychologielexikon findet sich folgende Definition:"Helden sind Männer (oder seltener Frauen), die für andere oder im Namen einer Idee große Taten vollbringen und dabei ihr Leben wagen".
"Soziologen sehen in Zeiten sozialer Umwälzungen(vgl. Barbarei) ein starkers Bedürfnis nach Helden vorraus, dem dann echte oder unechte Helden abhelfen oder nicht. .... Dies wird unter bestimmten historischen Umständen z.B. von Regierungen oder Militärs gezielt gefördert." Quelle:Wikipedia

Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes fast unmittelbar nach dem Tod von Dominic Brunner durch die Bundesregierung ist eine solche gezielte Förderung. Brunner wird als Vorbild , wird zum Helden stilisiert. Warum passiert dies? Hier werden Antonyme bewusst gegeneinander aufgestellt, der sozial engagierte Manager gegen marodierende , gewaltbereite Jugendliche. Wir sind Zeuge eines massenmedial gesteuerten Ablenkungsmanövers von dem gravierenden Problem der zunehmenden Perspektivlosigkeit der jungen Generation. Auch ein anderer Grund, der im zunehmenden militärischen Desaster der Bundeswehr in Afghanistan liegt, befördert die Heroisierung des toten Managers. Die Manipulierung der öffentlichen Meinung hat eine lange Tradition nicht nur in Deutschland. Ob Brunner , der Chef der Linken, Klaus Ernst oder Kachelmann, alle werden gebraucht, um abzulenken von dem zunehmenden Versagen der Bundesregierung. Gewiß, es ist Zufall, dass der Prozeß vor dem Münchner Langericht just an dem Tag endet, an dem der Prozeß vor dem Mannheimer Landgericht gegen den Moderator Kachelmann beginnt. So bleibt das öffentliche Interesse erhalten, die Massenmedien werden dafür sorgen. Menschliche Tragödien wie die Katastrophe von Duisburg werden ausgeschlachtet, bei Kachelmann wurden intime Details seines Privatlebens in der Öffentlichkeit ausgebreitet.

Ist der Manager Brunner ein Held, dem posthum das Bundesverdienstkreuz dargeboten werden musste? Ist Kachelmann das Chamäleon, das vor der Kamera jovial lächelt, doch privat brutal ist? Sind die Bundeswehrsoldaten, die, wie es der Bundespräsident a.D. in aller Offenheit äusserte, für deutsche Wirtschaftsinteressen ihr Leben lassen, sind sie Helden? Es geht um Werte und Begrifflichkeiten, letztendlich um eine der heutigen Zeit angepasste neue Definition von Heldentum. Heldentum, oder was wir dafür halten, ist immer dem herrschenden Zeitgeist unterworfen, früher der tapfere Ritter, später der heldenhaft kämpfende Soldat, in der DDR der Arbeiter, der Normen übererfüllte und "Held der Arbeit" wurde, und heute....?
Das gegeneinander Stellen des "bürgerlichen" Managers gegen die "anarchistischen" Jugendlichen ist dabei wenig hilfreich. Was wir brauchen, ist eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über Werte, über Ursachen zunehmnder Gewaltbereitschaft und Entsolidarisierung. Die Politiker und Massenmedien, die reale gesellschaftliche Ursachen dieser schleichenden Veränderung der ethischen und moralischen Grundlagen unserer Gesellschaft bereits jahrelang konsequent ignorieren, stilisieren heute Dominic Brunner zum Helden. Diese Veränderungen unserer zivilisatorischen Grundlagen haben aber seinen Tod indirekt mit verursacht. Krokodilstränen?? Ja, sicher. Wenn es gelingt, eine solche Diskussion in Gang zu bringen und zu neuen, gesellschaftlich verbindlichen Werten zu gelangen, werden wir auch eine Definition des Helden finden, die den gesellschaftlichen Verhältnissen entspricht. Susanne Lang hat dazu mit diesem Artikel eine gute, inhaltlich fundierte Grundlage gegeben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden