Mal ganz ehrlich, was wollen wir in Afghanistan?. Eine Demokratie nach westlichem Vorbild wird es dort nie geben können, dazu sind die Bedingungen ganz anders.also, Was wollen die ISAF Truppen dort?. Die Taliban vernichten, verhindern, dass El Quaida dieses Land wieder als Rückzugsgebiet und Ausbildungsland nutzt. Welches dieser Ziele wurden bisher erreicht ? Nicht eines, dafür sind tausende Menschen gestorben, die Taliban existieren immer noch, El Quaida bombt weiter. Welche Alternative gibt es ? Wenn , nur mal angenommen, alle ausländischenSodaten abziehen würden, was würde passieren?. Die Taliban würden das ganze Land in wenigen Tagen wieder kontrollieren, Präsident Karsai würde die wenige Macht, die er heute sowieso nur hat ,verlieren, die geringen Fortschritte, die beispielsweise die Situation der
Frauen betreffen, beginnender Aufbau eines Bildungswesens und die bessere Gesundheitsversorgung, all das würde zunichte gemacht.Wollen wir das? Ich denke, nein. Nur, was wäre eine Alternative dazu. Noch mehr Soldaten, noch mehr Waffen, noch mehr Leid? Wir können heute darüber lamentieren, dass wir in Afghanistan militärisch nicht weiterkommen, nur hilft dies nicht. Dass der ehemalige Präsident der USA, Bush , diese Entscheidung getroffen hat und der nach eigener Einschätzung erste pazifistische US-Präsident und Friedensnobelpreisträger , Obama , sie ausbaden muss, greift zu kurz. Ob Obama, der lange um eine neue Afghanistan Politik gerungen hat, mit der Entscheidung , 30000 Soldaten und modernste Waffen zusätzlich ins Land zu schicken, um eine militärische Entscheidung zu erzwingen, Erfolg haben wird, darf bezweifelt werden. Auch ob Haubitzen und moderne Hubschrauber den Erfolg bringen ist zweifelhaft. Was allerdings viel zu wenig versucht wird, weil es schwierig ist, das ist, die Unterstützung der Taliban in der Bervölkerung zu schwächen.Die Taliban üben eine Ordnungsfunktion in ihren Gebieten aus, die Bevölkerung nimmt diese an. Solange die Bauern für ihre Produkte gutes Geld von den Taliban erhalten, werden sie keine Lebensmittel zur lokalen Selbstversorgung anbauen.Hier müssen wir ansetzen, das könnte die Taliban schwächen.Ihre Stärke beruht in der Verankerung in der Bevölkerung, solang diese weiter existiert, werden auch noch so viele Soldaten und Waffen keinen Erfolg bringen. Nur ob dies die Politiker jemals begreifen werden?
Geschrieben von
rolf netzmann

Kommentare 24
Was wollen wir dort? ist eine gute Frage, die schon oft gestellt wurde und auf die es viele Antworten gibt.
Geht man in die Zeit vor den Taliban zurück und beschäftigt sich mit den Hintergründen des Krieges zwischen den Warlords findet man eine Antwort, die auch heute noch nicht falsch ist. Öl.
Afg. ist ein strategisches Transitland für Erdöl und Erdgas aus der Kaukasusregion. Zwei große Wirtschaftsgruppen konkurrieren seit Jahrzehnten um eine Nord- und eine Südroute. Dafür pumpen sie seit Jahrzehnten Geld in die Warlords und früher auch in die Taliban.
Es müsste jedem Einleuchten, das die Milliarden, die dort verpulvert werden einen realen Gewinn abwerfen müssen. So funktioniert das kapitalistische System nun mal. Und da auch deutsche Konzerne etwas von dem Kuchen abhaben wollen müssen auch deutsche Soldaten vor Ort sein. Schon im Irak mußte man auf Grund der Trägheit der deutschen Politik auf viel Gewinn verzichten.
Alles andere, Schulen, Frauen, Freiheit usw. ist doch nur Propaganda um uns ruhig zu halten.
eine portion bündnistreue, eine portion beutekunst, eine portion bei der eroberung der welt mit von der partie sein wollen, weil wir ja wieder große verantwortung tragen für das große ganze.
vergessen wir nicht, dass nicht mehr die kriegsgeneration regiert, sondern nachwuchs.
vergessen wir auch nicht, dass es das militär ist, das auch den schlanken staat noch auf den beinen hält.
herrschaft ist das zauberwort, das alles erklärt.
gelesen.
zustimmung insb. zu den kommentaren.
ich spreche nicht dagegen
nuntius, dem wiederspreche ich nicht, nur bleibt die frage, wie mit der situation jetzt umgehen. und da bleibt meine meinung, dass es keine militärische lösung gibt. dieser krieg ist für den westen nicht gewinnbar, das sogenannte partnering , die ausbildung afghanischer militärs ausserhalb der deutschen feldlager, ist nur das verlagern militärischer verantwortung, noch dazu von stärkeren auf schwache schultern. also, was ist die alternative? abzug, ein eventueller bürgerkrieg, wie ihn afghanistan schon mal erlebte? wir haben heute bereits die situation , dass sich taliban und warlords bekämpfen. oder der versuch, das land in eine selbstständigkeit zu entlassen und dafür jetzt zivile hilfe massiv auszuweiten. ich plädiere immer noch für letzteres.
stimmt, das ist alles richtig, doch wie ich nuntius schon schrieb, steht bei aller klugen analyse jetzt auch die frage, wie jetzt weiter in diesem land. ich sehe nur eine möglichkeit, massive zivile hilfe und das auflösen der unheilvollen verbindung der taliban mit der bevölkerung. militärisch ist dieser konflikt nicht lösbar, und solange die rekrutierung neuer taliban so einfach möglich ist wie im moment , wird weiterhin für jeden toten taliban ein neuer kämpfer auftauchen, der dessen heiligen krieg fortsetzen will..
Nuntius kann ich nur recht geben.
Zum sog. Partnering muss ich aber noch hinzufügen, dass ich das fast noch destruktiver finde, als die Stationierung fremder Truppen: hier wird gezielt auf Bürgerkrieg gesetzt. Die ausgebildeten Afghanen, so wird erwartet, sollen die fremden Truppen ersetzen, also gegen die eigenen Landsleute kämpfen - warum? Um ein dem Westen genehmes Regime an der Macht zu halten.
wenn du siehst, dass es keine für den westen interessante militärische lösung gibt, heißt das, dass es überhaupt keine lösung im sinne des westens gibt. mit oder ohne aufbauhilfe.
der westen hat die lufthoheit dank überlegener technik. er möchte seine herrschaft gern auf dem boden festigen, aber kriegt keinen fuß an den boden.
das heißt abflug statt abwurf von bomben etc.
liebe h.yuren, das stimmt ja alles, nur bin ich eben auch kein freund der taliban oder von el quaida, die bei einem abzug der westlichen truppen das land beherrschen würden. das ganze wirkt auf mich wie die quadratur des kreises und auf meine frage, wie dieses problem gelöst werden soll, hat mir bisher in keinem meiner blogs zum thema afghanistan einer eine antwort geben können. dass diese religiösen fanatiker bei einem abzug der isaf truppen ihren "kampf gegen die ungläubigen" einstellen würden, glaubst du doch wohl auch nicht, oder?? deshalb bleibt immer noch die frage, wie jetzt weiter???
Dann will ich mal meinen Standpunkt zu wie weiter darstellen.
1. Rückzug aller ausländischen mitlitärischen Formationen.
2. Abzug aller zivilen Aufbaukräfte. und daraus resultierend mit Hilfe der vorhandenen zivilen und militärischen Resoursen,
3. Schließung der Schmuggelrouten für Waffen, militärischen Personal, Drogen usw.
Was würde passieren?
Innerhalb des Landes würden Warlords und religiöse Fanatiker einen intensiven Machtkampf vom Zaun brechen( die Auswirkungen auf die Bevölkerung würden sich zu heute oder früher kaum unterscheiden).
Zwei Lösungen stehen dann zur Auswahl, entweder würde der Bürgerkrieg sich militärisch und materiell erschöpfen oder die Bevölkerung würde frustiert diesen beenden.
Und dann kann man durch zivile Unterstützung das Leben neu aufbauen.
Diese Lösung bietet sich für die verschiedensten Konflikte in der Welt an, wirft aber keinen nenneswerten Profit ab. Das heißt ganz einfach formuliert, es wird keine Lösung in Afg. geben ohne einen Rückzug oder eine vernichtende Niederlage für den sogenannten Westen. Es gibt aber niemanden, der dafür politisch die Verantwortung übernehmen will. Es hilft also nur eine weltweite Volksbewegung mit der Losung Nato go home.
lieber rolf, ist dir schon mal aufgefallen, dass die fremden retter afghanistans in den deutschen medien oft als schutztruppe apostrophiert werden?
das ist keine neue bezeichnung. sie war zu kaiserzeiten im gebrauch für die truppen, die den deutschen anspruch auf afrikanische kolonien tatkräftig unterstützten. z.b. vor 106 jahren den hererostamm heldenhaft dezimierten, um deutsch-südwest zu behaupten.
dies ist so ein beispiel dafür, dass die leutchen gar nicht wissen, wie sehr sie sich mit ihren eigenen worten verraten.
stimmt, diese bezeichnung schutztruppe suggeriert etwas, was in der realität so nicht existiert, was schützen westliche soldaten wovor? ich bin ja auch, um das nochmal ganz klar zu sagen, gegen diesen krieg, nur stelle ich mir die frage,was passiert nach einem abzug , wie geht es dann weiter? was nuntius schrieb, ist ein mögliches szenario, keine frage, nur wird es kein verantwortlicher politiker wagen, es darauf ankommen zu lassen . und solange die bundeswehr viel geld zusätzlich zum sold bietet, wird es immer zeitsoldaten geben, die dieses risiko eingehen werden, weil sie darauf vertrauen, dass es sie nicht treffen wird und sie später das geld zur erfüllung ihrer träume haben....
da empfehle ich den jungs das lottospiel oder ähnliches.
wenn die soldaten unter us-kommando weltpolizei spielen sollten, dann hätten sie noch so einige regionen zu bereinigen.
auf die frage "wie weiter?" lautet die antwort "so nicht!"
die weltpolizei ist ein phantom und eine ausrede.
Man sollte sich ueberlegen, was an den Taliban eigentlich auszusetzen ist. In der hier diskutierten Anne Will Sendung gibt es eine Kontroverse der Ex-Ministerin Mueller mit Willemsen. Willemsen hat mit Taliban gute Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel. Die Taliban sind vielleicht die besten aller moeglichen Administrationen, man sollte die Taliban schulen, jedenfalls haben sie ganz real praktisch ganz Afghanistan regiert Anerkannt waren sie von den USA etc nicht, sie waren aber, so auch die hiesige h.M., die effektive und damit tatsaechliche Regierung Afghanistans. Von daher ist gar nicht einzusehen, zu welchem Buergerkrieg es kommen sollte. Die Machtverhaeltnisse ohne Eindringlinge duerften sich nicht wesentlich geaendert haben.
Das Hauptproblem von Mueller und Co ist vielleicht, dass die Eindruecke von gestern, die Entscheidungen von 2001 unter dem Schock des 9/11, noch immer fuer aktuell gehalten werden. Heute ist man vielleicht einfach klueger.
Um ein dem Westen genehmes Regime an der Macht zu halten.
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Was ja nicht im Sinne des ISAF-Mandates ist.
Ein Bürgerkrieg würde einfach aus dem Grunde entstehen, das die Warlords sich noch keiner Macht freiwillig gebeugt haben. Ansonsten bin ich wie schon oben dargestellt, der Meinung, das es den Westen rein rechtlich und moralisch nichts angeht wer in welchem Land regiert. Aber hier geht es eben nicht um Recht und Moral sondern knallharte ökonomische Interessen.
fritz, das stimmt, sie haben ganz afghanistan regiert, wie es den frauen beispielsweise dabei erging, ist auch bekannt. fakt ist, dass sie militärisch nicht zu besiegen sind, und dass es einfach mal ein versuch wäre, das land sich selber zu überlassen. mal sehen, ob die afghanen sich wirklich einen bürgerkrieg lange gefallen lassen würden....
ob die taliban und el quaida heute anders agieren, als 2001, da bin ich skeptisch, weil der krieg gegen die ungläubigen immer weitergeführt wurde, siehe die anschläge in london und madrid, nur ist zu überlegen, ob der schutz der europäischen zivilbevölkerung wirklich in afghanistan beginnen muss, mit inzwischen hunderten europäischen soldaten....
Ich denke sie sind gut und wer gut ist kann nicht ganz bloed sein. Sie erinnern mich in ihrer deshalb sehr sympatischen Ideologie an die Islamic Courts in Somalia. Die waren hoechst effektiv und genossen das Ansehen der lokalen rotary clubs, Kaufleute liehen ihnen LKWs, auf die sie Maschinengewehre montierten, und diese LKWs bekamen die Rotarier auch zurueck, als das Unternehmen scheiterte.
Die Frauenfrage ist ein alter Hut, aber was daran ist spezifisch talibanisch? Armut gebiert Kinderhandel, voellig unideologisch, und wenn Frauen vor allem ein real existierendes Wirtschaftsgut sind, kann man auch das nicht ignorieren. Afghanistan, Steinzeit, sie wollen nicht so sein, sie sind einfach noch nicht weiter. Und WIR koennen an diesen Zustaenden garantiert nichts aendern.
Btw, waere es vorstellbar, dass die Frauen- und Kinderfrage ein Interventionsgrund waere, ohne dass eine Pflicht bestaende, die Armut nachhaltig zu beseitigen? Wer A sagt muss auch B sagen, man kann auch nicht sagen, wir konnten in Jugoslawien nicht intervenieren, nun duerfen wir aber bestrafen.
Im Uebrigen kann ich mir nicht vorstellen, dass "die Taliban und Al Quaida" im Fall eines Rueckzuges da wesentlich mehr machen, als man in jedem deutschen Studentenwohnheim machen kann und bekanntlich gemacht hat. Die Taliban waren mehr oder weniger nur der zufaellige Blitzableiter fuer eine heilige Wut, die aus Gruenden der amerikanischen Innenpolitik inszeniert worden ist. La societe du spectacle.
der Meinung, das es den Westen rein rechtlich und moralisch nichts angeht wer in welchem Land regiert. Aber hier geht es eben nicht um Recht und Moral sondern knallharte ökonomische Interessen.
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Das ist uebrigens das ISAF-Mandat.
Daran, dass es nur oder ueberhaupt um eine Pipeline geht, mag der Wunsch nach einer solchen Pipeline auch bestehen, glaub ich aber nicht. Keine afghanische Regierung und keine Drohne koennte eine solche Pipeline auf bezahlbare Weise dauerhaft sichern.
Zur Unterscheidung von ISAF und Enduring Freedom auch www.freitag.de/community/blogs/fritz-teich/rules-of-conflict-as-layout-for-peace Hab mal versucht das weiter vom Kopf auf die Fuesse zu stellen, die Clausewitzfrage ist ja schon ein guter Anfang.
Andere gründe sind für diesen Krieg aber nicht zu sehen. Gegen Kinderarmut und für Frauenrechte könnten wir auch in einigen europäischen Ländern Krieg führen, und Al Quaida bildet seinen Nachwuchs jetzt in anderen Ländern aus, die schon rein von ihrer Geographie her leichter militärisch zu besetzen wären, vielleicht noch die Sicherung des Opiumanbaus, aber das wäre doch sehr weit hergeholt.