Weibliche Gefahr für Merkel

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Hannelore Kraft hat gerade mit fulminanten fast 40% das SPD-Stammland NRW zurückerobert, Angela Merkel musste wegen dieser Wahlschlappe ihren Umweltminister und Wahlverlierer Röttgen entlassen.

Das nun macht die diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin Kraft zu einer möglichen Kanzlerkandidatin der SPD. Noch wehrt sie tapfer jegliche bundespolitischen Ambitionen ab. Sie wolle in NRW bleiben, so wie vor der Wahl ihren Wählern versprochen, betont sie immer wieder.
Und doch gibt es gewichtige Argumente, die für eine Kandidatur der Ministerpräsidentin sprechen.

Nicht nur, dass erstmals eine Frau gegen die Kanzlerin antreten würde. Bei aller politischen Rationalität hat Kraft nie vergessen, dass Politik auch gestalten muss, und dies eben auch gegen die angebliche Allmacht der Märkte. Sie bringt die emotionale Komponente der Politik mit ein, macht diese erlebbar für die Bevölkerung und profiliert sich damit gegen die Kühle der Kanzlerin.


Zweitens bieten die Männer der SPD-Troika politische Angriffsflächen für die CDU.
Siegmar Gabriel kam nach Schröders Wahlsieg 1998 auf den Posten des niedersächsischen Ministerpräsidenten. Bei der ersten Wahl, die er bestehen musste, verlor er gegen Christian Wulff. Später war er Minister im Kabinett Merkel.
Frank-Walter Steinmeier verlor 2009 die Bundestagswahl als SPD-Kanzlerkandidat gegen Merkel und war vorher ebenfalls Minister in ihrer Regierung.
Und Peer Steinbrück verlor als NRW-Ministerpräsident 2005 die Landtagswahl und leitete damit das Ende der Bundesregierung Schröder ein.
Hannelore Kraft dagegen hat nie eine Wahl verloren und war nie Bundesministerin. Sie könnte als erfolgreiche Wahlgewinnerin die SPD auch im Bund wieder an die Macht führen.

Und noch ein Aspekt spricht für Kraft. Mit Hollande hat Frankreich wieder einen sozialistischen Präsidenten, der ähnliche wirtschafts- und finanzpolitische Ansichten wie sie vertritt. Ein Duo Hollande- Kraft würde der Achse Berlin - Paris eine völlig neue Bedeutung geben. In Griechenland deutet sich an, dass auch bei der wiederholten Parlamentswahl am 17. 06. die linken Kräfte stark abschneiden werden. Und in den Niederlanden wird im September ein neues Parlament gewählt, in dem die linke SP deutlich stärker als bisher vertreten sein könnte.
Es zeichnet sich also ein Trend in Europa ab, dass die bürgerlichen Regierungen wieder durch linke Kräfte abgelöst werden. Und da muss, um dieses sich drehende Kräfteverhältnis zu nutzen, Deutschland als wirtschaftlich und politisch stärkste Kraft nicht nur dabei, sondern der Motor sein.
Und wenn die SPD diese Chance einer Veränderung, einer Ablösung der neoliberalen Politik der bedingungslosen Unterordnung unter die Märkte nutzen will, braucht sie eine Kanzlerkandidatin mit realistischen Chancen. Auch deshalb führt, im Moment, kein Weg an Kraft vorbei.
Doch diese ist erfahren genug, um zu wissen, dass sie nicht zu früh aus der Deckung kommen darf, um nicht politisch verschlissen zu werden.
Wenn die Partei sie laut genug ruft, wird sich Hannelore Kraft diesem Ruf nicht entziehen können.

Zuerst veröffentlicht unter mann-im-netz.blogspot.com

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Geschrieben von

rolf netzmann

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rolf netzmann

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