Wohlstand und Kritik an dieser Welt, ein Diskussionsbeginn

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Gestern las ich in einer Diskussion hier auf Freitag online von einem Blogger, dass wir alle wohlstandsverwöhnte Freitag-User seien. In meinem Blog zu Dominik Brunner und der Zivilcourage las ich von einer heilen Freitag - Welt, in die jetzt jemand den Fall Brunner einbringt. Nun denke ich nach, wie leben wir Freitag Leser und Blogger? Jeder sicherlich unterschiedlich, das ist klar. Ich kann nur von mir ausgehen, ich bin nicht reich, habe kein gefülltes Bankkonto und kein Auto. Nur habe ich ein einigermassen, materiell gesehen, gesichertes Leben und bin kein Bettler auf der Strasse. So geht es sicherlich allen Freitag - Bloggern. Wir partizipieren also alle von einem gesellschaftlichen System, dass immer noch der Mehrheit seiner Bewohner eine materiell gesicherte Existenz bietet, nicht nur im Vergleich zu den ärmsten dieser Welt in Asien oder Afrika, sondern auch im Vergleich zu anderen EU-Ländern wie Griechenland oder auch den USA. Ein funktionierendes Gesundheitssystem, eine Rentenkasse, die jetzt erst wieder betonte, dass die 20 Millionen Rentner mit steigenden Renten rechnen dürfen, ein soziales Netz, das immer noch dichter ist als in vielen anderen Ländern. Ich möchte damit dieses System nicht loben, vieles ist verbesserungswürdig, muss von Grund auf in Frage und vom Kopf auf die Füsse gestellt werden. Dafür gibt es hier im Freitag Diskussionen, beispielsweise die hoch interessanten Beiträge zu rot-rot-grün von Katja Kipping, Sven Giegold und Sascha Vogt. Mir geht es um etwas anderes in diesem Blog. Ich kenne noch den Begriff Salonkommunist, ein Mensch mit linken Ansichten, der sozial aktiv ist und trotzdem einen hohen Lebensstandard hat. Im letzten Freitag waren Artikel veröffentlicht, die von Menschen berichten, die ihr Geld caritativen Organisationen spenden, neue Formen sozial engagierten Wirtschaftens aufbauten und trotzdem mit ihren Familien ein Leben auf einem materiellen Niveau führen, das überdurchschnittlich ist. Es geht im Kern also um die Frage, ob jemand, der die exzessiven Auswüchse dieser Gesellschaft. wie wir sie seit 2008 mit einer Bankenkrise, die in weite Bereiche der Weltwirtschaft wirkt, die Staaten an den Rand des Bankrotts bringt, kritisiert und mit seinen finanziellen und ideellen Möglichkeiten dagegen etwas tut, selber einen hohen Lebensstandard haben darf. Prägnante Beispiele dafür wären Bill Gates, der aus seinem Privatvermögen bisher Milliarden Dollar gespendet hat, um Armut und Not zu lindern, oder Bono von der Rockband U2, der sich für eine sozial gerechtere Welt einsetzt und UNO-Sonderbotschafter ist. Muss jeder, der die exzessive Profitorientierung der Weltwirtschaft kritisiert und eine gerechtere Verteilung der immer knapper werdenden Ressourcen unserer Erde zum Wohle aller ihrer Bewohner fordert, dafür selber in einer Mietwohnung leben und am Monatsende das verdiente Geld komplett ausgegeben haben, also von der Hand in den Mund leben? Ich denke nein, ich begrüsse es, wenn deutsche Großverdiener mehr Steuern zahlen wollen und nicht dürfen, weil die FDP in ideologischer Borniertheit und Verkennung der Realitäten jegliche Steuererhöhungen ablehnt. Ich finde sogar, dass Menschen, die "gutsituiert" sind und die reale Gefahr, auf die wir als Menschheit zusteuern, dass wir kräftig an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen, notwendig sind, dass deren Wort noch viel mehr Gehör finden sollte.

Ich bin auf die Meinung der Freitag - Blogger gespannt, los diskutiert`s!

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Geschrieben von

rolf netzmann

life is illusion, adventure, challenge...but not a dream

rolf netzmann

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