Das heutige Geld- und Finanzsystem

Verfassungswidrig: Ein Beitrag von Hans Scharpf aus der Dreimonatszeitschrift BIG Business Crime, Ausgabe 03/2013

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Das heutige Geld- und Finanzsystem ist verfassungswidrig

1. Einleitung

Das heutige Geld- und Finanzsystem ist eine parasitäre gesellschaftliche Struktur, die in einem krass unverhältnismäßigen Umfang realwirtschaftliche Leistungen und Güter ohne eigene wertschöpfende Leistung abschöpft und aneignet.

Ihr Werkzeug ist die private Geldschöpfungsmacht, die sich die Geschäftsbanken schleichend angeeignet haben und die immer mehr mit kriminellen Methoden zur maßlosen Selbstbereicherung ausgenutzt wird.

Der – schon sehr alte – Trick besteht darin, durch Kreditvergabe von Geld, was noch nicht existiert, Schuldner zu schaffen, die nur Buchgeld, also Forderungen auf Geld erhalten, dafür aber Zins und Tilgung mit erwirtschaftetem Geld schulden.

Für diese Kreation schreiben sich dann die Banken Forderungen auf Zins und Tilgung in voller Höhe in die Bücher. Aus diesen Forderungen wiederum kreieren sie Wertpapiere, die sie vor Rückzahlung des Kredits verkaufen, also zu Geld machen und damit auch noch das Kreditausfallrisiko loswerden. Der Schuldner hingegen bekommt in aller Regel einen noch rabiateren Gläubiger.

Der Kreditnehmer gibt sich in aller Regel zufrieden mit der Gutbuchung der Kreditsumme, insbesondere bei größeren Summen, zumal er ja in der Praxis problemlos mit dem Buchgeld durch Überweisung bezahlen kann und sein Gläubiger, z.B. der Verkäufer einer Wohnung, ebenfalls mit der Zahlung zufrieden ist, obwohl ihm ja ebenfalls nur eine Forderung auf Auszahlung von Bargeld bei seiner Bank gegen die Bank des Käufers gutgebucht worden ist, bei der es sich nicht um Zentralbankgeld (Münzen, Banknoten) handelt, also das Geld nicht physisch im Tresor seiner Bank gebunkert wird.

Die Forderung ist nach wie vor nur notdürftig gedeckt und auch noch insolvenzgefährdet. Sie ist immer noch kein gesetzliches Zahlungsmittel, wie Münzen und Banknoten.

Dies wird aber alles nicht sichtbar, solange die Forderung der Bank B auf Auszahlung von Bargeld gegen die Bank A im Bankensystem umläuft, d.h. mit Forderungen der Bank A gegen die Bank B auf Auszahlung von Bargeld verrechnet werden kann und lediglich der Saldo notfalls mit Zentralbankgeld (Guthaben bei der Zentralbank – EZB) ausgeglichen werden muss (siehe dazu: Horst Seiffert, Geldschöpfung – Die verborgene Macht der Banken).

Dieses System lädt natürlich zu Missbrauch ein, insbesondere zu sogenannten Überfinanzierungen, d.h. unzulässigen Kreditvergaben an Schuldner schlechter Bonität und aufgrund unzureichender Sicherheiten. Die sogenannte Subprime-Krise in den USA und der anschließende crash durch die Insolvenz der Lehman Brothers-Bank sind so entstanden.

Weil die Banken einander nicht mehr vertrauten, insbesondere sich nicht mehr gegenseitig kreditierten, wäre es ohne die Milliarden-Rettungsaktionen zum Melt-Down dieses ausgeklügelten Täuschungs- und Ausbeutungssystems gekommen.

Dabei ist auch der entscheidende Hebel für das Funktionieren dieses leistungslosen Selbstbereicherungssystems sichtbar geworden:

Es ist das Erbeuten von Sicherheiten, insbesondere Grundschulden und Hypotheken (mortgages) mittels Kreditvertrages und die Drohung mit der Verwertung dieser Sicherheiten und der Eintragung in Schuldnerregister und SCHUFA, wenn der schuldbewusste Schuldner nicht mehr zahlt.

Wenn die Drohung nicht reicht, wird gegen den Schuldner vollstreckt, also das Gehalt gepfändet oder im Falle der Finanzierung des Baus oder des Erwerbs einer Wohnung oder eines Hauses Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung durchgeführt.

Das sind die Folterinstrumente für den domestizierten Schuldner der Neuzeit, dem dann materielle Existenzvernichtung droht.

Die Ungerechtigkeit und Unfairness dieses Systems springt angesichts des Resultates, also der daraus entstandenen Schieflage bei der Einkommens- und Vermögensverteilung direkt ins Gesicht.

Grobe Zahlen: Ca. 50% der Deutschen sind vermögenslos, 40% besitzen ca. 1/3 allen Vermögens, 10 % aber 2/3 (und 1% davon allein 1/3).

Das Ergebnis hat also mit den Staatszielen des Grundgesetzes (Art. 20 I GG: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.") nichts mehr zu tun.

Es stellt sich die Frage: Ist nicht schon der Weg zu diesem verfassungswidrigen Ergebnis in verfassungswidriger Weise von den Profiteuren der Spaltung beschritten worden?

Hierzu wird nachfolgend eine Antwort versucht, die sich zunächst mit der in der Praxisdominierenden Immobilienfinanzierung beschäftigt, um dann zu einer rechtlichen Betrachtung, auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu kommen.

Ein auf den ersten Blick überraschendes Ergebnis sei vorweggenommen:

Die Immobilienfinanzierung der Banken und Sparkassen verstößt in aller Regel (Verleihen von selbst erzeugtem Buchgeld) ausgerechnet gegen Art. 14 GG, welcher das Eigentum schützt.

2. Immobilienfinanzierung

Die private und gewerbliche Immobilienfinanzierung ist von überragender volkswirtschaftlicher Bedeutung und macht den Löwenanteil des Kreditierungsvolumens der Geschäftsbanken und Sparkassen aus (soweit sich das Kreditierungsgeschäft noch in der Realwirtschaft bewegt).

In diesem Bereich müssen die Geschäftsbanken und Sparkassen also dafür Sorge tragen, dass sie der Gewinner bleiben, obwohl sie letztlich nur heiße Luft verkaufen, nämlich ein nur minimalst gedecktes Versprechen auf Geldauszahlung, dessen Einhaltung sie möglichst vermeiden wollen.

Dieses Ergebnis erreichen sie normalerweise dadurch, dass sie die Kreditvergabe von der Stellung einer Sicherheit abhängig machen, in aller Regel die Bestellung einer Grundschuld an einem Grundstück, welches dem Kreditnehmer gehört oder welches er mit dem Kredit erwerben will, manchmal auch am Grundeigentum eines Dritten, z.B. der Eltern.

Das reicht der Bank aber in aller Regel nicht, sie will diese Sicherheit möglichst einfach "verwerten" können, wenn sie das Kreditverhältnis – zu Recht oder zu Unrecht – gekündigt hat und der Kreditnehmer nicht mehr zahlt.

Also zwingt sie den Kreditnehmer dazu, eine sogenannte dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung in notarieller Urkunde zu erklären, die z.B. wie folgt formuliert ist:

"Wegen des Grundschuldkapitals nebst Zinsen und sonstiger Nebenleistung unterwerfen sich der Sicherungsgeber und der Darlehensnehmer der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in das belastete Pfandobjekt in der Weise, dass die sofortige Zwangsvollstreckung bei einem Grundeigentum auch gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig sein soll."

Kündigt die Bank, in der Regel, weil der Kreditnehmer nicht mehr zahlt bzw. zahlen kann, kann sie dann sofort, ohne Einschaltung eines ordentlichen Gerichts, mit der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung der Immobilie, also Wohnung oder Haus, mit Hilfe des Vollstreckungsgerichts loslegen. Die Arbeit des Vollstreckungsgerichts erledigen in aller Regel Rechtspfleger/innen, die so gut wie keine Kenntnisse des Verfassungsrechts besitzen, allerdings voll und ganz im Schutzbereich des Art. 14 GG ("Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.") zugunsten der Banken agieren, insbesondere Zwangsversteigerungen anordnen.

Der Kreditnehmer kann allenfalls eine so genannte Vollstreckungsabwehrklage erheben und damit zunächst eine Einstellung der Vollstreckung erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich in aller Regel schon ein so genannter Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch. Das Grundstück ist also praktisch nicht mehr verkäuflich und belastbar. Außerdem muss für die Vollstreckungsabwehrklage ein hoher Prozesskostenvorschuss bei der Gerichtskasse eingezahlt werden, der meistens mehrere Tausend Euro beträgt.

Für das Verfahren wird außerdem eine anwaltliche Vertretung erforderlich, die natürlich ebenfalls mehrere Tausend Euro kosten wird.

Das alles mag noch angehen, wenn die Bank tatsächlich Geld verliehen hat, welches sie sich von Kunden hat geben lassen (Einlagen) oder von der Zentralbank geliehen hat und selbst auch wieder zzgl. Zinsen zurückzahlen muss.

Was aber gilt, wenn die Bank kein fremdes Geld verliehen hat, sondern Geld, welches sie selbst, und zwar durch einen bloßen Buchungsvorgang geschaffen hat?

Der Kostenaufwand und das Risiko der Bank sind ja tatsächlich in einem solchen Fall äußerst gering, da solche Buchgeldkredite nur mit einer Mindestreserve von 1% unterlegt werden müssen, also nur ein Totalausfall des Kredits zu einem Verlust in Höhe von 1% der Darlehenssumme führt.

Das zweite Risiko, nämlich das Verlangen des Kunden auf Barauszahlung der Darlehenssumme, ist ebenfalls, gerade bei den höheren Summen in der Immobilienfinanzierung, in der Praxis äußerst gering und wird mit 1-3% des gesamten Kreditierungsvolumens eingeschätzt.

Für mehr als 95% der Darlehenssumme hat die Bank also regelmäßig keinen Aufwand und kein Risiko.

Ihre Leistung besteht also darin, einen Kreditkunden zum Schuldner einer vermeintlichen Kreditschuld zu machen und ihn dazu zu bringen, diese abzusichern.

Ihre weitere und noch viel wichtigere "Leistung" besteht aber darin, den Gläubiger des Kreditschuldners, also in der Regel den Verkäufer der Wohnung oder des Hauses, in dem Glauben zu lassen, dass er mit Geld im landläufigen Verständnis bezahlt worden ist.

Der Empfänger dieser Zahlung wird, das ist der entscheidende Punkt, nicht darüber aufgeklärt, dass er nur Geld erhält, welches die Bank durch einen bloßen Buchungsvorgang (durch die Buchung einer Forderung gegen sich selbst) geschaffen hat, er also nur eine Forderung auf Auszahlung von Bargeld gegen die Bank erhält, die die Bank aber gar nicht erfüllen könnte, wenn auf einmal viele Gläubiger derartiger Geldforderungen deren Erfüllung verlangen würden und die einem Insolvenzrisiko unterliegt (was es nicht geben würde, wenn das Geld als Banknoten im Tresor aufbewahrt würde).

Die Zentralbankgeldmenge, also Münz- und Bargeldmenge beträgt mit ca. 0,9 Billionen nämlich derzeit lediglich 1/10 der so genannten Buchgeldmenge (ca. 9 Billionen), die unbefugt, also ohne gesetzliche Grundlage von den Geschäftsbanken geschaffen worden ist. Diese ist außerdem auch noch viel schneller als das Wirtschaftswachstum gewachsen, enthält also viel Luft mit einer großen Inflationsgefahr.

Wir haben es also mit einer äußerst raffinierten Täuschung zu tun, die solange funktioniert, solange der Zahlungsverkehr der Banken und die Kreditvergabe unter einem Dach stattfinden und die Banken zur Aufrechterhaltung dieses Systems, von dem sie ganz ungeheuerlich profitieren, kooperieren. Der Zwang zur Kooperation besteht dabei für alle Banken, selbst für ethische Banken, da sie ansonsten wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig wären.

3. Rechtliche Unzulässigkeit der Vollstreckung aus Grundschuldurkunden

Was bedeutet dies aber für die Zulässigkeit der Vollstreckung aus Grundschuldurkunden?

Aus der grundgesetzlichen Regulierung in § 14 Grundgesetz folgt, dass zwar das Eigentum gewährleistet wird, allerdings sein Gebrauch auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll und grundsätzlich nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes in das Eigentumsrecht eingegriffen werden darf:

  • "(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
  • (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
  • (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen."

Gesetzliche Grundlage für eine Zwangsversteigerung aus der Grundschuldurkunde ist zum einen § 794 I Nr. 5, 2 ZPO "Weitere Vollstreckungstitel":

  • "(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:
    5. aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
  • (2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt."

Ferner die einschlägigen Regeln des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG), z.B. § 15 ZVG, welches vorsieht, dass die Zwangsversteigerung auf Antrag (der Bank) von dem Vollstreckungsgericht angeordnet wird. Die Anordnung wird dann auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts im Grundbuch als sogenannter Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen.

Alle diese staatlichen Akte greifen natürlich massiv in die Eigentümerfreiheiten, also die freie Verfügungs- und Nutzungsbefugnis ein. Am Ende einer solchen Kette steht der Verlust des Eigentums.

Ein solches Ergebnis darf es in einem Rechtsstaat nur geben, wenn der Gläubiger diese Enteignungsposition zu Recht erlangt hat.

Hierzu berufen sich die Bankengläubiger immer darauf, dass sie eine Kreditvereinbarung mit dem Kreditnehmer getroffen haben und der Kreditnehmer diese nicht eingehalten habe.

Damit kamen die Banken bislang fast immer mit durch. Es wurde ja nicht hinterfragt, ob sie selbst die vertraglichen Versprechen erfüllt haben.

Nun, was haben die Banken versprochen? Die Auszahlung von Geld, und zwar als Zahlungsmittel. Zahlungsmittel sind aber per gesetzlicher Definition nur Münzen und Bargeld, § 14 Bundesbankgesetz.

Buchgeld ist kein gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel. Die Übersendung eines Kontoauszuges mit der gutgebuchten Kreditsumme ist also nicht der Nachweis der Auszahlung des Bargeldes bzw. des Kredites, auch wenn manche Banken in ihren AGB vorsehen, dass der Kreditnehmer auf die Bargeldauszahlung verzichtet.

Der Kreditnehmer erhält nur eine Forderung auf Auszahlung. Das ist nicht Geld, son-dern der Anspruch auf Auszahlung von Geld. Der Kreditnehmer bekommt dergestalt auch noch das Risiko überbürdet, dass die Bank, z.B. bei einem Bank-Run kein Bargeld auszahlen kann. Sie hat ja auch nur eine kleine Bargeldreserve gewissermaßen vorrätig. Außerdem hat der Bankkunde auch noch das Insolvenzrisiko, also das Risiko des kompletten Forderungsausfalles.

Zivilrechtlich folgt hieraus, dass die Bank nicht vollstrecken darf, solange sie nicht selbst den Kreditvertrag durch Barauszahlung erfüllt hat. Ab dann beginnt bei Licht betrachtet auch erst die Verzinsungspflicht des Kreditnehmers.

Es kommt aber noch viel dicker: Hat die Bank nur Buchgeld verliehen und den Kreditnehmer nicht aufgeklärt, wird der Kreditvertrag automatisch sittenwidrig und damit wegen Zinswuchers nichtig gemäß § 138 BGB. Da Zinswucher außerdem strafbar ist, § 291 StGB und § 291 StGB ein Verbotsgesetz darstellt im Sinne von § 134 BGB, ist der Kreditvertrag auch aus diesem Grunde nichtig.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist davon auszugehen, dass bei Zinshöhen von mehr als 100 % über dem marktüblichen Zins Wucher vorliegt.

Für Buchgeld gibt es noch nicht einmal einen marktüblichen Zins, weil hierfür, sobald allgemein bekannt ist, worum es sich dabei handelt, überhaupt kein Zins bezahlt würde.

Als vollends illegal erweist sich die Geldschöpfung aus dem Nichts angesichts der Regelungen von § 3 Nr. 3 Kreditwesengesetz (KWG), wonach verboten sind:

"3. der Betrieb des Kreditgeschäftes oder des Einlagengeschäftes, wenn es durch Vereinbarung oder geschäftliche Gepflogenheit ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist, über den Kreditbetrag oder die Einlagen durch Barabhebung zu verfügen."

Dieses Verbot sollte genau das verhindern, was eingetreten ist, nämlich eine unkontrollierte Vermehrung der Geldmenge durch die Geschäftsbanken, was vor allem als Inflationsgefahr gesehen worden ist. Diese Verbotsregelung stammt aus 1961 und geht zurück auf eine Regelung aus dem Jahre 1934, mit der Komplementärwährungen verhindert werden sollten.

Die zivilrechtliche Folge für alle Kreditverträge ist gemäß § 134 BGB die Nichtigkeit.

Die Konsequenz für die Vollstreckung aus Grundschuldurkunden ist vor diesem Hintergrund eindeutig: Vollstreckungen aus Grundschuldurkunden, die als Sicherheit für Immobilienkredite gestellt wurden, sind unzulässig. Ihnen liegt kein wirksamer Anspruch aus dem Darlehensvertrag zugrunde, weil der Darlehensvertrag nichtig ist.

Auch Überfinanzierungen führen zur Nichtigkeit der Bestellung von Sicherheiten (vgl. Hans Scharpf: Risiken des Handels mit notleidenden Krediten, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – Heft 48/2009, S. 3476). Auch in diesen Fällen ist eine Vollstreckung aus der Grundschuldurkunde unzulässig.

Dieser Konsequenz steht auch Art 14 GG nicht im Wege, soweit die Vermögensposition der Bank aus der Grundschuldbestellungsurkunde betroffen ist.

Die Bank ist schlicht nicht schutzwürdig und wird auch nicht in gesetzlich unzulässiger Weise eingeschränkt. Das Schutzbedürfnis des Schuldners ist angesichts dieser Sach- und Rechtslage höher einzustufen.

Es gibt somit keine gültige gesetzliche Grundlage für derartige Vollstreckungen.

Vollstreckungsgerichte haben nach § 28 ZVG Vollstreckungen aus Grundschuldbestellungsurkunden, deren Bedingungen von Bankengläubigern diktiert worden sind, sofort aufzuheben, andernfalls handeln sie verfassungswidrig und befördern grundrechtswidrige Enteignungen.

Die Unzulässigkeit der Vollstreckung aus Grundschuldbestellungsurkunden durch Bankengläubiger ohne vorheriges Urteilsverfahren folgt nunmehr auch noch aus EU-Recht, wie jetzt der Europäische Gerichtshof in einer ganz neuen Entscheidung verkündet hat (EuGH, Urt. v. 14. März 2013, Aktenzeichen: EuGH C-415/11, Aziz/Catalunyacaixa).

Danach verstößt die Vollstreckung aus Grundschuldbestellungsurkunden, deren Klauseln von Bankengläubigern vorformuliert worden sind, gegen die Richtlinie 93/13/EWG vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.

Damit hat nunmehr auch der EuGH ein Moratorium über die Vollstreckung aus Grundschuldbestellungsurkunden von Bankengläubigern verhängt, was jedes Gericht auch in Deutschland, insbesondere die Vollstreckungsgerichte im Rahmen von § 28 II ZVG zu beachten haben und was auf allen Ebenen eingefordert werden muss.

Zum Autoren:

Hans Scharpf ist Wirtschaftsanwalt in Frankfurt am Main und Initiator der Internetseite "Geldhahn zu".

s. auch: "Mein Freind Maschmeyer – eine außergewöhnliche Belastung" – eine Aufzeichnung einer Veranstaltung mit Hans Scharpf am 24.02.2013

BIG Business Crime ist eine Dreimonatszeitschrift des gemeinnützigen Vereins Business Crime Control e.V.
Herausgeber: Business Crime Control e.V., vertreten durch den Vorstand Erich Schöndorf, Stephan Hessler, Wolf Wetzel, Wolfgang Patzner, Hildegard Waltemate
Mitherausgeber: Jürgen Roth, Hans See, Manfred Such, Otmar Wassermann, Jean Ziegler
Verantwortliche Redakteurin: Victoria Knopp
Redakteure: Hans See, Gerd Bedszent, Reiner Diederich, Stephan Hessler

An dieser Stelle veröffentlichen wir ausgewählte Artikel aus der Zeitschrift BIG Business Crime online.

Beiträge in BIG Business Crime 03/2013 u.A.:

Stephan Hessler: Raus aus der Euro-Phobie!

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Herbert Stelz: Schrott im Körper - Patienten als Versuchskaninchen

Christoph Rinneberg: Rede auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank AG am 23.05.2013

Horst Seiffert: Die Finanzkrise - ein kalkulierter Kollateralschaden?

Gitta Düperthal: Wie sich die Kirchen beim Staat bedienen

Hans See: Buchbesprechung "Ego - das Spiel des Lebens" von Frank Schirrmacher

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

BIG Business Crime

BIG Business Crime ist eine Drei-Monats-Zeitschrift des Vereins Business Crime Control e.V. Seit Ende 2018 online unter: big.businesscrime.de

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