18 Monate nach der Lehmann-Pleite in den USA, dem Bankrott von Hypo Real Estate, HSH Nordbank, BayernLB, SachsenLB und vieler mehr in Deutschland, stellen sich nach wie vor bohrende aktuelle Fragen:
Was wurde aus dem internationalen Kollaps der Finanzmärkte gelernt? Grundlegendes oder Oberflächenschminke? Regulierung und Kontrolle der Märkte oder rhetorisch-politisches Geschwätz zur Volksberuhigung? Wird gelogen, dass die Schwarte kracht? Schließung der Zocker-Casinos morgen, übermorgen, nie? Selbstherrlichkeit der Finanzmanager, Nieten in Nadelstreifen – Strafanzeigen, Durchsuchungsaktionen, Korrektur in Sicht, Abschaffung der Boni-Mitnahmen? Massive öffentliche Verschuldung, um die Krise abzudämpfen auf Kosten der nächsten Generation? Politik im Zugzwang – durch wen, warum, wohin, womit? Handlungsunfähigkeit des Staates? Steuersenkungsgeschenke für Gierhälse? Neue Bankenabgabe als kalkulierter Rohrkrepierer? Europäische Transaktionssteuer mit Hunderten von Milliarden Einnahmen für die öffentliche Hand? 50%-ige Besteuerung der Boni und aller Gehälter ab 300.000 Euro? Ist die Welt den Bank-Imperien, Hedgefonds und Zockermafiosis ausgeliefert?
Fragen über Fragen. Erste Antworten wurden auf dem Bankentribunal von Attac gegeben. Die Hauptschuldigen aus Wirtschaft und Politik stehen fest: Merkel-Steinbrück-Ackermann-Schröder-Tietmeyer & 1000 Co. AGs. Nur, reicht das? Sind es Personen in komplex organisierten Handlungs“zwängen“ oder sind es nicht vielmehr international wirkende gierdynamische Systeme in ihrer Eigenlogik? Kapitalverwertungslogiken auf Unendlichkeit der Vermehrung und Beschleunigung angelegt? Enorme Sogwirkung hinter dem Rücken der anscheinend frei entscheidenden Akteure? Entkommen – zwecklos?
Das kleine Krisen-Einmaleins wird hier, auch für Nicht-Ökonomen, gut erklärt:
Dazu verschlafende Gewerkschaften, zahnlose Tiger aus einer anderen Zeit? Medienkasperiaden als „vierte Gewalt“ ohne Plan und Sinn für's Gerechte? Eine zersplitterte Öffentlichkeit, gern verkauft als Vielfalt, die sich um alles schert, nur nicht ums Gemeinschaftliche, ums simple Gemeinwohl?
Aus Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ ist geworden: „Schulden für alle“ - aber bitte keine unangemessenen Lasten für die Reichen? Was wäre aber angemessen, was fair, gerecht? Die ökonomische Faktenlage ist nahezu eindeutig: „Die zunehmenden Ungleichgewichte in der Wirtschaft haben eine Flut von Wertpapieren erzeugt. In den USA beläuft sich die Summe aller handelbaren Wertpapiere auf 144.000 Milliarden Dollar. Das ist das Zehnfache des jährlichen Bruttoinlandprodukts. Darauf türmt sich noch ein ganzes Luftschloss aus weiteren Finanzoptionen.“ (Werner Vontobel im Freitag)
Exportweltmeister sind vor allem Deutschland und China. Deutschland weist seit 2001 Leistungsbilanzüberschüsse von ca. 1.300 Milliarden Dollar aus, China von 1.500 Milliarden. Das Gegenstück zu diesen Überschüssen sind die Defizite, insbesondere der USA mit 800 Milliarden Dollar, Tendenz steigend. In Europa heißen die schwer angeschlagenen Schuldenweltmeister Spanien, Griechenland, England, Italien, Frankreich. Es gibt zurzeit keine Aussicht auf internationalen Ausgleich dieser politisch gewollten Ungleichgewichte als Krisenursache. Als reiner Reparaturdienst muss z.B. Griechenland mit EU-Milliarden „geholfen“ werden, um Systemaussetzer zu vermeiden. Es geht hier um ein politisches Krisenmanagement, ohne Absicht auf wirklichen Ausgleich in den internationalen Austauschverhältnissen. Symtombekämpfung.
Wachstumsbeschleunigungsgesetze, Exportweltmeisterwahn und weitgehende Untätigkeit in der Regulierung der Finanzmärkte werden die nächste Welt-Krise produzieren.
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