Wenn irgendein anscheinend vom Leben unbeleckter Knirps mit vollgestopfter Schultasche in der staatlich verordneten Gehirnerweiterungsmanege von nahezu unermüdlichen, nur das Beste wollenden pädagogischen Vorturnern monatelang ohne Unterbrechung systematisch belehrt würde, unentrinnbar begleitet von gierigen aalglatten Evaluationsagenturen mit immer neuen Aufgabensettings, Testreihen und auf jedes Detail fixierten Videoaufzeichnungen seiner mühevollen, aber erfolgsgetäfelten Genese, er, der Knirps, geschmacksneutrale Antidepressiva jeden Morgen schluckend , Zähne zusammenbeißend zu immer noch größeren, fast unglaublichen Leistungssteigerungen sich antreiben lassend, ständig begleitet vom immer wieder neu anschwellendem Beifallsklatschen der Professoren mit den grünen Gläsern und den extensiven Bildungsstandards in alleswissenden gestempelten Dokumenten verpackt, er, der Candide, unter heftigen Leibschmerzen sich krümmend, sich den schon völlig verwirrten Kopf haltend -- ja, vielleicht eilte dann eine junge Mutter, begleitet von vielen anderen, in die angsteinflößende Anstalt des öffentlichen Rechts, risse alle Türen des pädagogischen Grauens auf und riefe das: Halt! unbeeindruckt von vordergründig trüben Blicken einer nicht genau zu identifizierenden Schulmasse.
Da es aber nicht so ist; ein freudestrahlender Götterfunken-Jüngling wie naturgegeben die frische freie Luft des Lernangebots einatmet, selbst in tiefere Gefilde mit seinem ganz eigenen Rhythmus eintauchend; hingebungsvoll unterstützt von an der Sache und dem Jüngling gleichermaßen interessierten weitblickenden Pädagogen; die großzügig angelegte, in animierende Farbenspiele getauchte bahnbrechende Architektur des Gebäudes geradezu zu Lernexperimenten, Dialogen und vielfältigen Kooperationen einlädt, gleichzeitig Rückzugsbereiche für Schüler und Lehrer mit individuellen Gestaltungsmöglichkeiten ausweist; die vorbildliche Teamarbeit schon beim Betreten dieses wunderbaren Gebäudes jedem Beobachter buchstäblich ins Auge springt; der Direktor sich in fast schon übermenschlicher Aufopferung um die bestmöglichen Rahmenbedingungen des Lernens, um „Geschichte und Eigensinn“, um Tradition und Innovation kümmert; Wissenschaftler nicht nur ihre geschliffenen Gläser auf eine breite Palette unterschiedlicher Farbfilter hin prüfen, sondern in einer weltoffenen und wertsensiblen Haltung ständig auf Interdisziplinarität und west-östliche Perspektivwechsel bedacht sind, auch nicht zu schade, in brenzligen Situationen, die Ärmel aufkrempelnd, selbst in die Schülermanege zu steigen und, falls notwendig, auch Hausmeister zu peinlichster Achtsamkeit für Schülerbelange zu ermahnen; der Schüler, der Jüngling, der Knirps geradezu wertgeschätzt wird, dass professionelle Pädagogen jedes Jahr von neuem, durch diesen von der Gesellschaft finanzierten Traumberuf, mit der nachwachsenden Generation zusammen arbeiten und lernen dürfen -- da dies so ist, liegen viele junge Mütter in wattebepolsterten Hängematten, ihr ganz eigenes Mantra murmelnd, in einem rätselhaften Traum versinkend, das Gesicht vornüber gebeugt, mit schweren Tränen in ihren Augenwinkeln, die sie nicht wirklich bemerken.
Michael Miller
Kommentare 9
Interessanten Ton hast Du da gefunden. Erfreulich, dass Du auch nach dem 13. 12.09 noch dabei bist.
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Der Grundton ist bei Kafka entliehen.
13.12.? Ja, nach 10 Monaten, ich sagte das beseits bei Streifzug, fällt die Bilanz trotz einiger Einwände (vgl die bekannten Debatten) doch insgesamt positiv aus. Deshalb nochmal 10 Monaten.
Gruß BW
Die Kulturredaktion meint auf der Titelseite des Freitag, 07. Jan 2010 (Textanreißer):
"Bildungswirt zeichnet in wenigen Sätzen zwei Szenarien für die Bildungslandschaft der Zukunft. Es ist wie die Wahl zwischen Skylla und Charybdis..."
Interessant: wie man den Text auch lesen/ interpretieren kann...
Ja, ich dachte schon, Du hast noch einen nachgelegt...
Nein, das macht die Redaktion ganz selbstbestimmt und gut erzogen.
Nur mit der Interpretation?
"dass professionelle Pädagogen jedes Jahr von neuem, durch diesen von der Gesellschaft finanzierten Traumberuf, mit der nachwachsenden Generation zusammen arbeiten und lernen dürfen"
Das gefällt mir!
Mir erschließt sich aber nicht ganz, warum Mütter von begeistert lernenden Kindern in wattiereten Hängematten liegen sollten? Ist ihnen langweilig, weil sie sich keine Sorgen um ihre Kinder machen brauchen? Ist das ihr einziger Lebensinhalt?
Das wäre eine Sinnverkennung der kleinen Erzählung.
Achte mal aud das Doppelspiel Konjunktiv-Indikativ.
Vgl. junge Mutter Teil 1 und die Mütter Teil 2.
Pointe:"mit schweren Tränen in ihren Augenwinkeln, die sie nicht wirklich bemerken."
Wink: Vgl. Kafka, Auf der Galerie - Pointe: der Galeriebesucher - dann kommst du sicher weiter ...
Beste Grüße
BW
Lieber Bildungswirt,
alles Gute zum einjährigen.
Lieber Merdeister,
danke. Der 13.02. war auch der Einsteig von Streifzug, MH und vielen anderen ...Schon wieder ein Jahr vorbei, aber black magic woman bleibt, das hatten wir ja ausführlich diskutiert.
Bin vor einigen Stunden aus Indien magic - von Mega-Bombay bis Goa - zurück, praller Sack voller Geschichten .. demnächst mehr.
Geh' jetzt erstmal ne Mütze schlafen und lese ab morgen, was es so NEUES gibt im Freitag -
Gruß BW