Netzsperren und was noch kommen wird...

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Gestern hat der Bundesrat in einer gigantischen Megasitzung 60 Gesetzen zugestimmt oder sie abgelehnt. Unter den Ablehnungnen waren solche Sachen, wie die kostenlose Verteilung von Obst an Schulen, da will man sich nochmal zusammensetzen. Sowas kostet ja Geld und das könnten die Banken oder die Industrie brauchen. Vielleicht braucht auch ein Offlineversandhändler noch ein paar Millionen. Die Bayern sind genau da ja gerade besonders freigiebig.

Eines der bemerkenswertesten Gesetze, dem gestern zugestimmt wurde, dürften der Beschluß zur Einführung von Netzsperren sein. Die Einführung von Zesnur in Deutschland mit der äußerst fadenscheinigen Begründung, dass damit die Kinderpornographie bekämpft werden soll. Jeder weiß, damit wird gar nichts bekämpft, am allerwenigsten Kinderpornographie. Es erschwert für 20 Sekunden den Besuch dieser Seiten. Danach wird der entsprechend interessierte Surfer einen Browser mit TOR verwenden. Das hat für ihn zum Vorteil, dass er ab dann anonym surft. Er macht sich dann zwar strafbar, weil er das Stoppschild umgeht, kann aber nur schwer verfolgt werden. Aber Frau von der Leyen wird wohl vor der Wahl noch ein paar Erfolge bei ihren Stammwählern brauchen, da sie ja aufgrund ihrer Familienpolitik, dort nicht immer punkten konnte. Jetzt müssen sich v.d.L, Schäuble (wir wissen alle, dass er dahinter steht) und von Guttenberg auch nicht mehr unnötig auf jedes Wahlkampfthema schmeissen, sie haben ja ihr heiß diskutiertes Thema. Das viele Sachverständige meinen, dass dieses Gesetz vom Verfassungsgericht wieder eingezogen werden wird macht ja nichts, bis dahin sind die Wahlen rum und man hat Zeit sich im Hinterzimmer zu überlegen, wie man diese lästige Freiheit im Internet los wird. Das ist doch das wahre Ziel, man öffnet die Tür ein Stück weit, in dem man mit Kinderpornos kommt, Terrorismus scheint wohl nicht mehr zu ziehen, sobald man den Fuß drin hat, kann man sich ganz reinquetschen. Dann wird das Internet totreguliert. Jugendschutz wird das nächste Thema sein, ich bin mal gespannt, wie lange man noch Zugriff auf QUAKE-Live haben wird. Die ersten Äußerungen zur Sperrung von Killerspielseiten wurden ja schon getan, passenderweise von Schäubles Schwiegersohn. Danach kommen dann die politischen Seiten dran. Jetzt mag man zu Rechtsextremismus (meinetwegen auch Linksextremismus) stehen wie man mag, aber niemand kann es begrüßen, wenn die Seiten gesperrt werden. Denn damit wird auch nicht Schluss sein. In Wahrheit wird es auf ein zugrunde reguliertes Internet hinauslaufen. So attraktiv es auch erscheinen mag, dass man nicht mehr über Exekutionsvideos stolpert, es wäre der falsche Ansatz, diese Videos zeigen doch nur die Realität. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass diese Videos nur produziert wurden um sie ins Netz zu stellen, also um abzuschrecken. Gut, aber Abschreckung durch Grausamkeiten gab es schon lange vor dem Internet. Spartacus und seine Kämpfer wurden zum Beispiel zu Tausenden ans Kreuz genagelt um alle anderen von Aufständen abzuhalten. Die Köpfe der Feinde wurden im Mittelalter auf Lanzen gespießt und zur Abschreckung vor den Toren aufgestellt. Früher fand man die Leichen von feindlichen Soldaten zerstückelt irgendwo am Wegesrand, um die Gegner zu schocken. Jetzt sieht man die Exekution im Internet. Natürlich gibt es viel Überflüssiges im Internet, das nun wirklich kein Mensch braucht, dazu gehört zum Beispiel Kinderpornographie, aber wo wollen wir aufhören mit dem Sperren. Hier sind genau wie bei den Rangeleien um die Ego-Shooter (für das ignorante CDU-Wahlvolk: Killerspiele) die Eltern gefragt. Wenn die Eltern nicht in der Lage sind, sich um ihre immer weiter verblödenden Gören zu kümmern, dann müssen sie dazu gezwungen werden.

Ich verwette meinen rechten Zeigefinger darauf, dass in der CDU in gewissen Kreisen schon überlegt wird, wie man Indymedia aus dem Netz bekommt. Ein schönes Beispiel für die Unwirksamkeit der Internetsperren ist die auf wikileaks veröffentlichte Sperrliste von Finnland. Die deutsche wikileaks-Seite bekam danach Hausbesuch von der Polizei, wegen des Verdachts auf Verbreitung kinderpornographischer Schriften, obwohl jeder selbst ausprobieren konnte, dass die Seiten in den allermeisten Fällen nicht einmal grenzwertige Pornographie oder sogenannte Anscheinpornographie enthalten, es gab genug Seiten auf der Liste, die nicht einmal Pornographie enthielten. Diese Gefahr, dass unbescholtene Bürger ihre Webseite auf einmal mit einem Stoppschild versehen antreffen, wurde von Frau von der Leyen ignoriert. Man könnte ja Rechtsmittel einlegen, aber die kann man nicht einlegen, wenn einen der Nachbar schief anschaut, weil er es mitbekam, als er sich ansehen wollte, wie der letzte Schweden-Urlaub war.

Aber da wir Wahlkampf haben und das Stimmvieh an die Urnen gebracht werden muss, traut sich auch die SPD, trotz Kritik nicht gegen diese Gesetze zu stimmen. Da sie Angst haben sonst als Kinderpornounterstützer zu gelten. Ich glaube, von der SPD erwartet ohnehin niemand mehr irgendetwas. Die Restwähler dürften hoffen, dass es entweder für Rot-Rot-Grün reicht oder irgendwie eine große Koalition zustande kommt, damit man wenigstens ein bisschen mitregieren darf. Rückgrat wäre wohl zuviel erwartet. Also werden wir der Zensur des Internets mit offenen Augen entgegen sehen und wir werden versuchen, diese so gut wie möglich zu unterlaufen. Nicht um Kinderpornos zu schauen, sondern um unsere Freiheit zu erhalten. Vielleicht sollte man mal im Herbst darüber nachdenken die Piratenpartei zu wählen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

bkhdk

Ich finde es wird von Tag zu Tag schlimmer...

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden