Deutschland soll „Ehe für alle“ ermöglichen

Menschenrechte Aus menschenrechtlicher Sicht ist es wichtig, die Ehe in Deutschland für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen und Gleichbehandlung im Eherecht festzuschreiben

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Deutschland soll „Ehe für alle“ ermöglichen

Foto: Yuri Cortez/AFP/Getty Images

Von Boris Dittrich

„Derzeit sprechen alle davon, dass es gilt, unsere Werte zu verteidigen... Zu diesen Werten gehört neben dem Schutz von Ehe und Familie auch die Gleichberechtigung von anderen Formen des Zusammenlebens“, so SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in einem Interview mit dem Spiegel vom 5. März.

Er fügte hinzu, dass er die Gleichstellung homosexueller Paare beim nächsten Treffen der Regierungskoalition mit seinem Koalitionspartner, Angela Merkels CDU/CSU, besprechen werde.

Dieser Vorstoß der SPD steht im Zusammenhang mit den Bundestagswahlen im September.

Wenn man mich jedoch fragt, ob ich glaube, dass die Ehe für alle noch unter der jetzigen Regierungskoalition kommen wird, lautet meine Antwort: Nein. Denn ich erinnere mich noch gut an ein Treffen mit Johannes Kahrs, Beauftragter für die Belange von Schwulen und Lesben in der SPD-Bundestagsfraktion, eine Woche vor der Wahl im Jahr 2013. Von ihm wollte ich wissen, ob es der SPD ernst war mit der Ehe für alle - wie sie es in ihrem Parteiprogramm versprach.

Kahrs sah mir in die Augen. „Es wird keinen Koalitionsvertrag ohne die gleichgeschlechtliche Ehe geben. Punkt.“

Dieses Gespräch stimmte mich zuversichtlich. Aber als die SPD und die CDU/CSU nach der Wahl ihren Koalitionsvertrag vorstellten, kam die Ehe für alle darin nicht vor. Außerdem ließ die Regierungskoalition es nicht zu, dass Gesetzesinitiativen anderer Parteien zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe aus den eigenen Reihen unterstützt wurden.

Wie sieht die politische Lage heute aus? Alle Parteien im Bundestag sprechen sich für die gleichgeschlechtliche Ehe aus, außer der CDU/CSU. Allerdings haben sich mindestens 13 CDU-Abgeordnete öffentlich für die Öffnung der Ehe ausgesprochen. Einer von ihnen ist Jens Spahn, der außerdem Mitglied des CDU-Präsidiums ist. Am 5. März twitterte er: „Ehe für alle öffnen. Denn es geht um Werte.”

Die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe würde es Schwulen und Lesben in Deutschland ermöglich, den Menschen zu heiraten, den sie lieben. Und sie würde die Grundrechte aller Deutschen auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung stärken.

Aus menschenrechtlicher Sicht ist es richtig, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Die Rechte auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung sollten auch in das deutsche Eherecht eingeschrieben werden.

Deutschland sollte sich den Niederlanden, Belgien, Spanien, Portugal, Schweden, Norwegen, Dänemark, Island, Großbritannien (außer Nordirland), Frankreich, Luxemburg, Irland und Finnland anschließen. In all diesen westeuropäischen Ländern gibt es die gleichgeschlechtliche Ehe.

Bis zu den Wahlen sind es noch sechs Monate.

Statt ihren Wählern leere Versprechungen zu machen und diese nach der Wahl zu brechen, sollten die Regierungsparteien sich jetzt dazu entschließen, ihre Position gegenüber der gleichgeschlechtlichen Ehe zu ändern.

Es ist Zeit, dass Deutschland die Ehe für alle einführt. Höchste Zeit.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Boris Dittrich

Boris Dittrich ist Advocacy Director des LGBT-Programms von Human Rights Watch. Davor war er 12 Jahre Abgeordneter des niederländischen Parlaments.

Boris Dittrich

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