Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, sehr geehrte Frau Steinbach,
ich schreibe Ihnen stellvertretend für all Ihre Partei- und Fraktionsfreunde, die zum Thema der #Ehefüralle ähnliches gedacht oder gesagt haben; falls Sie dies also gerade lesen, die letzten Aussagen der beiden CDU-Politikerinnen gut fanden und nicht Kramp-Karrenbauer oder Steinbach heißen - Fühlen Sie sich gerne angesprochen.
https://janbuehlbeckersblog.files.wordpress.com/2015/06/img_3339.jpgZunächst einmal: Es stimmt, Frau Steinbach, es geht um Meinungsfreiheit, ja sogar um Freiheit im Allgemeinen. Ich weiß nicht, wer Ihnen das Recht auf freie Meinungsäußerung abgesprochen hat, bin mir zudem sicher, dass es keine ganze Bevölkerungsgruppe war und bitte Sie deswegen auch, in Zukunft weniger reißerisch zu formulieren, auch wenn Sie es vielleicht nur so schaffen, im Gespräch zu bleiben. Denn, wissen Sie was: Sie sind hier gar nicht der Benachteiligte, ganz im Gegenteil. Womit wir wieder beim Thema wären. Es geht um Freiheit, die Freiheit zu lieben, wen man will und dabei die selben Rechte zu haben, wie jeder andere auch und vor allem ohne dafür auch im persöhnlichen Kontakt benachteiligt zu werden.
Weil Sie, Frau Kramp-Karrenbauer, in Ihrem letzten Zeitungsinterview damit ein gewisses Problem hatten, Homosexualität sogar mit Inzucht gleichsetzten, wurden Sie nun sogar angezeigt. Zurecht, finde ich, einige Aussagen waren - mit Verlaub - so polemisch und damit dumm, dass ich sie hier gar nicht kommentieren möchte. Hier verlinke ich Ihnen aber die Hintergründe.
Apropos: Worum geht es? Am letzten Wochenende haben die Iren in einem Volksentscheid mit deutlicher Mehrheit und bei ordentlicher Wahlbeteiligung entschieden, dass homosexuelle Menschen auch die Möglichkeit haben sollen zu heiraten, sich also wirklich zu trauen und nicht nur - Ohne die Symbolik und die steuerlichen Vorteile - verpartnern zu lassen. Der Vatikan hat das als "Niederlage für die Menschheit" bezeichnet und in Deutschland ist daraufhin die Diskussion über die Einführung der absurderweise sogenannten "Homo-Ehe" neu entfacht. Die SPD würde sie gerne einführen, aber die Union fühlt sich dabei - Zitat - "irgendwie unwohl", weswegen es hierzulande gerade nur in kleinen Schritten voran geht - Justizminister Heiko Maas macht diesbezüglich übrigens einen guten, pragmatischen Job. Darüber hinaus beginnt gerade eine Bundesratsinitative.
Frau Kramp-Karrenbauer, Frau Steinbach - Was ist Ihr Problem?
Ich habe gelernt, dass Liebe das wohl wichtigste in unserem Leben, geliebt zu werden erstrebenswert ist. Jede Liebe hat ihre Berechtigung, zu glauben, dass Homosexualität unnatürlich wäre, widerspricht wenig überraschender Wiese nämlich nicht nur der Natur selbst, sondern auch der Lebenswirklichkeit vieler Menschen. Sich dagegen zu profilieren ist wie gesagt billig, Frau Steinbach. Ich gönne jedem sein Glück. Und wenn Sie zwei sich gegenseitig in der Öffentlichkeit küssende Männer oder Frauen stören, können Sie ja zur Ablenkung immer noch in die nächste BILD-"Zeitung" gucken. Ne, mal im Ernst: Als Politikerinnen wollen Sie doch das Beste für Ihre Mitbürger_innen - Warum stört es Sie dann, wenn zwei homosexuelle Menschen einander/Glück finden? Warum glauben Sie ernsthaft zu wissen, welche Liebe richtig und welche falsch ist? Ich möchte Ihnen kurz ein Video von einem Text eines befreundeten Kollegen zeigen, Sven Hensel heißt er, Sie finden es hier.
Lassen Sie uns nun konkret werden. Frau Kramp-Karrenbauer, in Ihrem Interview, ich habe es hier verlinkt, gibt es auch Dinge, über die ich mit Ihnen diskutieren möchte, Sie sagen unter anderem: "Das ist mehr als Symbolik. Es stellt sich die Frage, ob wir grundlegende Definitionen unserer Gesellschaft verändern wollen, und zwar mit womöglich weitreichenden Folgen." Ich sage Ihnen: Das haben wir schon öfter getan und fast immer hatte es positive Folgen. Die Rolle und die Rechte der Frau haben sich im letzten Jahrhundert beispielsweise dramatisch und zwar zum absolut positiven verändert. Hätte es diese - ja, man kann fast sagen - Revolution nicht gegeben dürften Sie heute weder wählen noch ohne Zustimmung Ihres Ehemannes arbeiten gehen. In Ländern, die diesen gesellschaftlichen Wandel noch nicht bewältigt bekommen haben, kritisieren wir genau das. Ohne Veränderungen gibt es also keine Weiterentwicklungen - Dementsprechend, nur Mut!
Sie sagen aber auch: "Seit Jahren heißt es, dass für die Entwicklung von Kindern Vater und Mutter die beste Konstellation ist. In der Kita oder in der Grundschule beklagen wir, dass es zu wenige männliche Vorbilder gibt. Mir will nicht ganz einleuchten, dass das im engsten Umfeld, in dem Kinder geprägt werden, gar keine Rolle spielen soll. Gerade diese Frage (die der Volladoption, Anm. d. Autoren) dürfen wir nicht daran festmachen, ob sich jemand diskriminiert fühlt oder nicht – sondern allein am Kindeswohl." Ich habe recherchiert: In Deutschland gibt es 1,6 Millionen alleinerziehende Eltern. Geht es all ihren Kindern wirklich schlecht(er)? In meinem Bekanntenkreis gibt es Kinder alleinerziehender Eltern und Alleinerziehende. Beide machen einen anderen Eindruck, die Kinder kommen schließlich an verschiedensten Stellen in den Genuss männlicher und weiblicher Vorbilder: Privat, in der Schule, im Sportverein,... . Und glauben Sie mir: Das Kindeswohl definiert sich nicht über die Geschlechtsmerkmale der Eltern, sondern darüber, ob es geliebt, erzogen und gefördert wird und all das in einem kindgerechten Umfeld. Ich kenne einige homosexuelle Paare, die Kinder großziehen - Und sie entwickeln sich gut.
Diskriminierung beginnt nicht nur in den Köpfen - Diskriminierung beginnt auch in der Politik.
An dieser Stelle müssen wir wohl auch kurz über Geld reden. Ein häufiges Argument gegen die vollständige Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft ist, dass Mann und Frau indem sie Kinder kriegen und großziehen einen unersetzlichen Beitrag zum fortbestehen unserer Gesellschaft leisten. Nicht alle Verheirateten bekommen Kinder. Und wenn wir nun allen verheirateten Paaren erlauben, gemeinsam Kinder zu adoptieren, können auch Schwule und Lesben eben diesen Beitrag leisten. Also verdienen sie auch das Ehegattensplitting (welches wohl besser Ehepartner_innensplitting genannt würde, enthielte nämlich weit weniger Rollenklischee, wir sprachen drüber, meine Damen).
Haben Sie´s gemerkt: Ihre Argumente sind alle zu entkräften. Also lassen Sie uns den Begriff Ehe doch mal neu definieren, nämlich als "Gemeinschaft zweier Menschen, die sich lieben, eine dauerhafte Partnerschaft eingehen und eine Familie werden/gründen wollen". Ihre Parteivorsitzende, Frau Kram-Karrenbauer, Frau Steinbach, die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Begriff Familie übrigens einmal schon so definiert: "Familie ist da, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen." Ich finde, besser kann man es gar nicht sagen. Nur wie sie von da aus nicht auf die #Ehefüralle gekommen ist, ist mir bis heute ein Rätsel.
Darum bitte ich Sie: Haben Sie jetzt einfach mal Mut!
Nicht nur als Mehrheitsbeschaffer, nein, ich möchte Sie aus Überzeugung für diesen Fortschritt gewinnen. Sie wissen: Ohne Veränderungen gibt es keinen Fortschritt. Ich verspreche: Wenn Fortschritt zu mehr Liebe und weniger Diskriminierung führt, ist es alle Mühen wert. Also, lassen Sie uns die #Ehefüralle einführen. Weil es gerecht ist, verdammt.
Herzlichst,
Ihr
Jan Bühlbecker
Kommentare 19
Hier ein Artikel des Spiegel von 1969 Heft 10: Gesteuerte Lust
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45763681.html
wie sich die Zeiten ändern... bei einigen Politiker/innen leider nicht! Gegen dummheit ist eben kein Kraut gewachsen.
"Weil es gerecht ist, verdammt"
Dem stimme ich zu, und wenn Kramp-Karrenbauer die oben salopp genannte "Homo-Ehe" mit Inzest vergleicht, dann ist das soweit neben der Spur, dass ich mir andererseits Vergleiche zum Menschenbild der Frau Kramp-Karrenbauer bewußt versagen wollte.
Was ich jedoch zu eben dieser Homo-Ehe -wenn sie denn irgendwann kommt- fordert wollte, das wäre eine formalrechtlich saubere Einbindung in das Werte- bzw. Rechtssystem hierzulande.
Das Titelbild hier (mag auf Adoption hindeuten) macht es wohl richtigerweise bereits quantitativ, zahlenmäßig fest. Es geht primär um das MWW, das Männlich-Westliche Weisse Subjekt der Moderne (frei nach Robert Kurz) und in der Regel hier als das der weissen Mittelschicht verstanden.
Dies sollte nicht vollkommen außer acht gelassen werden!
Frau Kramp-Karrenbauer, die saarländische CDU-Ministerpräsidentin ist mir schon zuvor einige Male unangenehm aufgefallen. Inzwischen hat Sie Ihr Facebook-Post offenbar aus dem Netz genommen, daher „spendiere“ ich mal 2 Links zu Berichten von Süddeutscher Zeitung und Zeit zu ihren verbalen Entgleisungen.
http://www.sueddeutsche.de/politik/cdu-ministerpraesidentin-kramp-karrenbauer-vergleicht-homo-ehe-mit-inzest-und-polygamie-1.2505351
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-06/homo-ehe-inzest-vergleich-strafanzeige-kramp-karrenbauer
Und wer Frau Kramp-Karrenbauer eine E-Mail schicken möchte, so wie es bereits viele Menschen gemacht haben, findet hier Ihre E-Mail Adresse:
a.kramp-karrenbauer@staatskanzlei.saarland.de
P.S. @Bernd Ebert
Ihre ständigen Verweise auf Robert Kurz sind längst zum „Running Gag“ geworden und lösen beim geneigten Leser inzwischen Lachsalven aus.
Im übrigen kommt Ihr nachgeplapperter Hinweis auf die „privilegierte weiße (schwule) Mittelschicht“, womit Sie offenbar die LGBT-Emanzipationsbewegung insgesamt zu diskreditieren versuchen, um mehrere Jahre zu spät (Stichwort: Judith Butler). Wir sind in der Debatte ilängst weiter und inzwischen wird anerkannt, dass einige vorangehen müssen, wenn andere erfolgreich folgen wollen.
Im übrigen geht es bei der Eheöffnung eben nicht vorrangig um schwule Männer, sondern mindesten gleichrangig um lesbische Frauen, die besonders in Sachen Adoption Vorreiter sind. Wenn Sie @Bernd Ebert so offensichtlich auf junge, weiße schwule Männer fixiert sind, würde ich vorschlagen, Sie trauen sich endlich Ihr Coming-Out einzuleiten (Ironie-Ende)
Warum erwähnen Sie lesbische Frauen nicht?
Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass das Titelbild und die Bildunterschrift nicht von mir sind, sondern von der Freitags-Redaktion ergänzt wurden. Ich freue mich, dass dieser Beitrag "gefördert" wird, finde das Bild jedoch auch ein bisschen sehr plakativ. Ich danke aber für´s kommentieren!
Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, danke für die Ergänzung und die treffende Einordnung des vorhergegangenen Kommentars. Hier geht es wirklich nicht um Bevorteilung, sondern um Gerechtigkeit. Etwas anderes zu behaupten ist absurd.
Hallo!
Weil mein Beitrag zur Debatte mal wieder dergestalt verfasst ist, dass alle, die auf die Idee kämen, ihn zu featuren, um ihren Job fürchten müssten, erlaube ich mir, ihn hier zu ver-link-en.
Danke!
Ich möchte die Aussage von Frau Kramp-Karrenbauer ausdrücklich unterstützen, hier die ganze Antwort die Sie im Interview gab:
"Es stellt sich die Frage, ob wir grundlegende Definitionen unserer Gesellschaft verändern wollen, und zwar mit womöglich weitreichenden Folgen. Wir haben in der Bundesrepublik bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau. Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen. Wollen wir das wirklich?"
Ja, ich will es. Ich will nicht nur die "Ehe" - als Vetrag zwischen müdigen & erwachsenen Bürgern - nicht nur auf Menschen unabh. ihres Geschlechts erweitern, sondern hätte kein Problem mit der Nicht-Beachtung des Verwandschaftsgrades oder der Zahl der Ehe-Partner. Denn - wenn erwachsene Menschen freiwillig entscheiden sich in eine (Liebes-)Gemeinschaft zusammenzuschließen, ohne daß Dritten dadurch Schaden entsteht, sollte es auch diese Schranken nicht geben. Bitte an Frau K-K weiterleiten.
Eigentlich muß man den beiden CDU-Kämpinnen danken. Legen sie doch erneut die Rolle offen, die ihre Partei seit Gründung der Bundesrepublik einnimmt: politische Organisierung des diffus-rechten Milieus; auf der politischen Ebene Sich-Stemmen so lange es irgendwie geht alles, was irgendwie nach Humanität, Fortschritt, Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und so weiter aussieht. Vermutlich wäre die CDU auch für die Sklaverei – wenn sie sich nicht geschichtlich gesehen erledigt hätte. Da die Demokratie nicht zur Disposition steht, bleiben leider nur die klassischen Punkte der aktuellen Polit-Agenda: Austerität – auch wenn das zerschlagene Porzellan mittlerweile grandios ist. Staatliche Überwachung, Geheimdienste – Laissez-faire, schauen wir mal. Mindestlohn – verschleppen, und wenn er kommt: bis zur Unkenntlichkeit des originären Anliegens eindampfen. Frauen, Hartz, vernünftige Sozialpolitik: falsche Anreize lancieren, verschleppen, beschweigen, nichts tun. Gleichberechtigung für Schwule und Lesben: Schlusslichtposition aussitzen; wenn es auffällt: mal ein reaktionäres Signal lancieren; vielleicht trägt das mit dazu bei, die Chose ein paar weitere Monate oder Jahre zu verschleppen.
Zieht man das inhaltlich beliebige Modernitäts-Geplappere ab (ebenfalls nur aus der Not geboren; mit ein paar Stammtisch-Honoratiatoren aus der Wetterau allein kriegt man Mehrheiten heutzutage eben nicht mehr hin) und das Merkel-typische Auf-jeden-Fall-an-der-Macht-bleiben-Lavieren, bleibt das, was die CDU schon immer war: eine im Selbstverständnis grundreaktionäre, beinhart an den Interessen des Besitzbürgertums orientierte Partei. Ob man angesichts dieser Erkenntnis triumphieren soll, weiß ich nicht. Die anderen nämlich (SPD und Grüne) sind im Grunde keinen Deut besser. Mag sein, dass das ein oder andere fortschrittliche Signal mit letzteren eher zu haben ist (vielleicht sogar Homo-Ehe ohne Wenn, Aber und Hintertürchen). Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass letztere in den essentiellen Fragen ebenso beinhart sind. Und die minimalen Veränderungen bei drei, vier »weichen« Themen lediglich aus der simplen Tatsache rühren, dass das hellrot-grüne Milieu stärker mit dem technokratischen Staatsapparat verbandelt ist und weniger mit der schwarzbraunen Suppe, aus der die »Staatspartei Nummer eins« bis heute fischt.
mir ist die ehe generell zu spießig und ich finde die steuervorteile, die man aus der ehe ziehen kann, generell überflüssig, überkommen und ungerecht und würde sie gern abgeschafft sehen. aber heiraten soll doch, wer will - und wen er/sie will.
Danke. Geht mir genauso wie Ihnen, Ich halte das Ehegattensplitting für ein Relikt und längst überholt. Ehe muss nicht sein. Auch "nur" zusammenlebende Menschen, die füreinander Verantwortung übernehmen wollen, sollte dies gestattet sein, ohne daß sie dafür erst vor das Standesamt müssen. Die privaten Krankenkassen z.B. sind da viel moderner als der Rest des Staates, sie erlauben auch zusammenlebenden bzw. nicht-verheirateten zusammen versichert zu sein. Wie wäre es liebe Politiker? Wenn man mehr als 3 Jahre zusammen gelebt hat, eventuell ein Kind zusammen hat, oder auch nur füreinander da sein will, könnte mann da nicht einfach die gleichen Rechte haben?
Ich bin im Zwiespalt. Die Ehe ist für mich ein gesellschaftlich überholtes, spießiges und zwanghaftes Konstrukt, dass ich ablehne. mein Ziel ist gesellschaftspolitisch die Abschaffung der Ehe. Trotzdem unterstütze ich die Forderung nach der Öffnung der Ehe. Denn jeder soll machen dürfen, was er will. Von mir aus auch heiraten. Es ärgert mich aber, dass homosexuelle, wie heterosexuelle Paare, die siese Konstrukt nicht eingehen wollen, rechtliche Schwierigkeiten und Nachteile haben.
Zum Artikel:
Nein, es geht nicht um Meinungsfreiheit, sondern um Menschenrechte. Homorechte sind Menschenrechte. Homosexuelle im Bezug auf bürgerliche Rechte zu diskriminieren, heißt ihnen Menschenrechte vorzuenthalten. Das ist ein sehr wichtiger Unterschied. Homophobie,ob von Frau Steinbach, Frau Kramp Karrenbauer oder von Pegida, Frau Petry und Co fällt nicht unter Meinungsfreiheit. Das ist tatsächlich die Argumentationsschiene der NPD.
Es mag kleinlich scheinen, aber ich finde es sehr unglücklich Frau Steinbach als DER Benachteiligte zu deklarieren in einer Kritik pro Diversity und Emazipation.
Tatsächlich ist der Begriff Homoehe eine Farce. Gleichzeitig ist er sehr ehrlich und zeigt die immer noch andauernde gesellschaftliche Ausgrenzung.
Mir ist schleierhaft, wie Sie darauf kommen, dass Heiko Maas einen guten Job macht. er ist ohne Not auf die Position der CDU umgeschwenkt und hat erklärt, es bedürfe für die Öffnung der Ehe einer Grundgesetzänderung. Juristische und politische Experten wiedersprechen dem massiv. Der SPD ist der Koalitionsfrieden wichtiger als Menschenrechte. Ohne Fraktionszwang wäre die Eheöffnung längst Realität.
Das Foto hat neben dem white/male Aspekt ein ganz anders Problem. Ein prpoblem aber, das mit der Ehe einhergeht und zeigt, dass wir mit Eheöffnung wieder einen neuen Kampf kämpfen werden müssen. Nämlich den gegen die Aufteilung in gute (verheiratete) Homosexuelle und böse (unverheiratete) Homosexuelle.
Was Frau Steinbach angeht, sei daran erinnert, dass sie die NSDAP als linke Partei verortete, weil der Parteiname das Wort Sozialismus beinhaltete. Heil Erika.
Es ist bei den Äußerungen von Kramp-Karrenbauer natürlich extrem einfach, empört zu sein, zumal wenn man sowieso andere Interessen hat. Es ist aber vermutlich, wieso so oft, ein Fehler, wenn man seine Argumentation auf dem maximnal möglichen Missverständnis aufbaut, statt die Überlegung zu erkennen, die jemand tatsächlich anstellt. Kramp-Karrenbauer sagt vor allem eins: Man müsse sich über die Folgen klar sein. Folgen können viele sein, aber eine Politikerin, zumal aus dem Saarland, denkt natürlich immer nur in eine Richtung: die finanziellen Folgen.
Dieses Problem ist nicht trivial und hat mit "Weltbild" und Gefühlsästhetik nichts zu tun.
Wenn man die soziapolitische Definition der Ehe aufgibt zugunsten einer "gefühlsorientierten" Definition, dann würde das über kurz oder lang eben das Ende der Ehe als sozialpolitisches Instrument nach sich ziehen.
Bislang sind Ehe und Familie der zentralste Ansatz für fast die gesamte Sozialpolitik. Da hängt so viel dran - von den Privilegien bei der Krankenverischerung bis zu den Renten u nd Nachlassregelungen, privat zu tragende Unterhaltspflichten (kann sein, man muss seine Eltern unterstützen, die einen als Kind geschlagen und verstoßen haben). Das Ehegattensplitting ist da noch beinahe das Wenigste.
Der Gedanke hinter einer Subventionierung war und ist immer die Förderung bestimmter gesellschaftlicher Zwecke - z.B. die Aufzucht von künftigen Rentenzahlern, die ja wiederum in einem umlagenfinanzierten Rentensystem für alle wichtig sind.
Förderung von bestimmten Zwecken diskriminiert logischerweise immer andere Zwecke als zweitrangig oder weniger förderwürdig - deshalb ist das Lamento über "Ungerechtigkeit" solange nur ein Schmollen, wie nicht gesagt wird, warum es zweckmäßig ist, die Förderung auszudehnen.
Das Problem an der ganzen Debatte ist aber möglicherweise ein anderes. Deutschland kann nicht so leicht wie einige andere Länder Eheverhältnisse für sämtlichen denkbaren Liebesverhältnisse einräumen, weil die Ehe über Jahrzehnte sozialpolitisch überprivilegiert wurde. Dies gilt - da müsste die Redaktion einmal gestandene Kenner der Materie heranlassen - ganz besonders stark für die Beamtenschaft mit ihrem Beihilfesystem, ferner für das Rentensystem sowie für wer weiß wie viele andere Bausteine, bei denen es Zeit wäre, die Förderung der Ehe zurückzuschrauben (DIsclaimer: Ich bin verheiratet mit einer Beamtin ; ) ).
Es gibt jetzt, überspitzt eingeteilt, zwei langfristige Wege für die Sozialpolitik: Entweder die Ehe-Privilegien werden weiterhin von der Förderung der Familien her gedacht - das wäre die Linie von Kramp-Karrenbauer, und die hat immerhin den Vorzug, dass sie die einfachste Lösung wäre, um das gegenwärtige sozialpolitische Gesetzgebungsgeflecht aufrecht erhalten zu können.
Der zweite Weg wäre, die Zwecke der Förderung ausschließlich vom eigentlich Sinn her zu denken, also von den Kindern her. Die Ehe als solche kann dann jeder haben, wie er will und eine Beamtin kann dann auch gerne 5 Witwer und Witwen gleichzeitig hinterlassen, aber sozialpolitisch würde die Ehe quasi abgeschafft und bräuchte dann auch nicht mehr auf dem Standsamt dokumentiert werden - kann jeder nach seinem Ritus "abschließen", wo und wie es gerade zwei oder mehr Leute wollen ("Privatisierung der Ehe" würde schöne Geschäftsmodelle ermöglichen ... und das Scheidungs-Tra-ra gibt es auch nicht mehr). Eine Heirat würde dann keinerlei automatische "Mitversicherung" mehr bedeuten, sondern nur da, wo Kinder einen Konnex zwischen 2 Menschen herstellen, kommt es zu Förderung und Subvention von Lebensgemeinschaften (ziemlich radikale Variante, aber in diese Richtung müsste sich dann das Sozialsystem weiterentwickeln).
Die Argumentation von K-K. war entweder fahrlässig formuliert (machen wir alle mal) oder bewusst rhetorisch gedreht. Auch gängige Praxis, dass man per absurder Überdehnung ("Dann könnte da ja jeder kommen") ein Anliegen abzuschmttern versucht. Allein mit dem Ruf nach Gerechtigkeit zu antworten, finde ich verständlich und auch legitim - die "Ungerechtigkeit" besteht ja wirklich, es ist aber leider etwas zu kurz gedacht.
Realistisch betrachtet ist die Ehe als Ankerpunkt der Sozialpolitik ein Auslaufmodell. Die Bevorteilung muss sich angesicht von immer mehr zebrbrochenen Ehen einerseits, immer mehr kinderlosen Ehen andererseits und dank der kaum zu verhindernden Ausweitung der Ehedefinition über kurz oder lang in wenig bis nichts auflösen.
Es wäre nämlich zutiefst ungerecht, wenn die Ungeliebten den Glücklichen noch ihr Glück finanzieren sollten, oder nicht?
Vermutlich muss die ganze Sozialpolitik also radikal und möglichst zügig auf das Thema "Kinder" umgestellt werden. Ansätze gab es schon dazu in jüngster Zeit ("Mütterrente"). Eventuell kriegen wir auch mehr Bürokratie, weil die Förderung eben nicht mehr pauschal an einen einzigen Schein geknüpft werden kann, sondern nur noch an das, was real in einer Beziehung für "den Fortbestand der Gesellschaft" getan wird.
Wer sagt denn, dass homosexuelle Paare keine Familie gründen? Darum geht es denjenigen, die die Öffnung der Ehe fordern doch maßgeblich.
Tatsächlich aber steht ein Umdenken in Richtung der steuerlichen Priviligierung ausschließlich für Familie mit Kinder (ganz gleich wie sich diese gestalten) mehr als an. Aber da es bis dahin wohl noch sehr lange dauern wird, finde ich das die Öffnung der Ehe eine Brückeninstitution ist, die den sozialpolitischen Gedanken der Ehe zur Förderung von Familie und Kindern in keiner Weise in Frage stellt. Das ist tatsächlich sogar das, womit ich Bauchweh habe.
Die Beschwörung vermeintlich schlimmer Folgen einer politischen Forderung/Entscheidung ist die uralte Propaganda-Strategie rechter und rechtsextremer Kreise. Da wird abwechselnd der „Untergang des Abendlandes“ oder gleich „der gesamten Welt“ heraufbeschworen, wenn dieses oder jenes umgesetzt würde.
Alles absoluter Unsinn und ein durchschaubares Manöver, weiteres dazu findet sich hier:
https://www.freitag.de/autoren/saul-rednow/wie-diskreditiert-man-eine-forderung
Ich wünsche allen Menschen eine zufriedene glückliche Partnerschaft. (Auch den verlogenen Pfaffen)
Zufriedene, glückliche Eltern haben zufriedene starke Kinder.
Weiß jemand, ob es eine wissenschaftliche Arbeit zu der Frage gibt, inwieweit die Brutalitäten der Religionen (Scheiterhaufen so wie der Exorzismus?) sexabhängig gesteuert waren und noch sind. So sehr kriminelle Sexualtaten in diesen Institutionen totgeschwiegen werden, so sehr gilt die Vermutung, dass die Unterdrückung der Sexualität ebenso unheilvoll wirkt wie in der Gesellschaft.
Der Steuervorteil sollte in Partnerschaften den Menschen zustehen, die nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern. Kinder, Alte u. Kranke, mit denen der leistungsfähige Teil tatsächlich zusätzlich belastet ist.
Wenn Engstirnigkeit doch schmerzen würde...
"Die Beschwörung vermeintlich schlimmer Folgen" ist überhaupt gängige rhetorische Praxis, auch in der Mitte, und links natürlich auch schon oft praktiziert. Das ist daher kein Argument. Ein Argument entsteht hier nur, wenn man überlegt, was die Folgen sind und welche es wahrscheinlich nicht sind. Ich vermute auch, dass K.-K. in die Übertreibungskiste gegriffen hat. Ihr Appell, sich aber über die Folgen einer "Umdefinition" des Ehebegriffs klar zu werden, ist nicht verkehrt. Aktuell geht der Trend bei der Mehrheit der Bevölkerung dahin (aus vielen Gründen), zu sagen: Warum soll nicht jeder die "ehelichen Rechte und Pflchten" auf sich nehmen dürfen, deren Liebe so groß ist, dass die zwei (oder mehr) Personen dies auf sich nehmen möchten?! Die Ehe wird also mit dem Grund verbunden, während der Staat bisher die ganze Litanei der sozialpolitischen Bevorzugung an den "Zweck" knüpfte.
Dabei wird schon lange hingenommen, dass der "Zweck" gar nicht mehr so sehr von der Ehe erreicht wird u nd dass andererseits in einer größeren Zahl von Fällen, als es ausmachen würde, wenn alle Gleichgeschechtlichen in D heiraten würden, dass also sowieso schon in einer viel größeren Zahl von Fällen "Ehe-Subvention" eingestrichen wird, ohne dass die Ehen die entsprechende gewünschte "Gegenleistung" aufbringen.
Vermutlich arbeiten in der Debatte verschiedene Parteien mit unsauberen Argumenten. Bei jemandem wie K.-K. vermengen sich vermutlich konservative Gedanken mit sozialpolitischen Überlegungen um die Knete. Auf der anderen Seite wird mit "Liebe" argumentiert, wo es nicht zuletzt um Penunze geht ("wollen die gleichen Vorteile haben"). Ich wäre dafür, die Sache rein sozialpolitisch zu diskutieren - das ganze Thema "Ehe, Familie, Kinder, Bildung" hat heute die psychische und soziale Groß-Krise am Hals, die es vermutlich schon immer hatte, die aber durch "Werte" verdeckt wurde. Der Witz is ja der, dass die überförderten Familien noch nicht einmal eine Garantie darstellen für das Gelingen des Dauerprojekts "Fortbestand der Gesellschaft". Die Familie ist als Privatbereich ist ja eher ein Garant für das Pepetuum Mobile der Neurosen und psychischen Zerstörungen. Aber wie man daran, da hinein kommen? Wäre vielleicht schon einiges möglich, aber das kostet Billionen.
Worum es bei der, durch das Irland-Referendum, auch in Deutschland wieder aktivierten Debatte um die Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Lebenspaare geht, zeigen Reaktionen von rechts und ganz rechts.
Nein, der finanzielle Aspekt („was das wieder alles kosten würde“) ist zu vernachlässigen, zumal die notorisch homophoben Eiferer ja außerdem nicht müde werden zu betonen, bei homosexuellen Menschen handele es sich um „eine verschwindend kleine Minderheit“ - also, was kann das dann schon kosten? :-)))
Doch im Ernst, die Eheschließungen von gleichgeschlechtlichen Paaren in den vielen Ländern mit Eheöffnung (Auflistungen finden sich in einiger meiner Blogs zum Thema) sind überschaubar. Genau wie unter heterosexuellen Menschen nicht jede/r heiratet (z.B. auch weil er/sie gar keinen in Frage kommenden Partner/in hat), so ist die dauerhafte Bindung auch bei homosexuellen Menschen längst nicht so beliebt, wie manche „befürchten“ oder suggerieren (suggerieren etwa wenn es um die angeblichen Kosten geht). Das ist Fakt und belegbar.
Bleiben andere Gründe für die Ablehnung und die sind grundsätzlicher Natur, wie sich beispielhaft in der schon als „paranoid“ zu bezeichnenden „Argumentation“ rechter, rechtsextremer und religiös-fundamentalistischer Kreise nachlesen lässt (siehe Verlinkung unten).
Es ist die direkt aus der Nazi-Zeit übernommene irrationale Angst vor „Aushöhlung - Zersetzung - Entwertung des Volkskörpers“ und ähnlich menschenverachtendem Nazi-Propagandagewäsch, mit dem schon Hitlers Regime homosexuelle Menschen bekämpfte, in KZs steckte und ermordete. Deutschland wurde zudem nie wirklich „entnazifiziert“, die Nazis haben sich nur weggeduckt und ihre verweste Ideologie munter an den eigenen Nachwuchs weitergegeben.
Deshalb gab es in anderen Ländern, die seit 2001 die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffneten, so viel weniger Probleme damit, als in Deutschland, wo jetzt wieder einmal alles bedroht sein soll, was Kelle-Kuby-Steeg-von Storch und Konsorten als Privateigentum ihrer eigenen frömmelnden, reaktionären, hinterwäldlerischen und permanent rückständigen heterosexuellen Klientel zu betrachten scheinen.
Alles in Gefahr: Abendland, Ehe und Familie, Kinder usw. usw.:
http://www.queer.de/detail.php?article_id=23882
"Sie direkt aus der Nazi-Zeit übernommene irrationale Angst" finde ich jetzt nicht nachvollziehbar und ein bisschen sehr weiträumig konstruiert. Wenn ich an die Massenproteste in Frankreich gegen die Homsexuelle Ehen denke, steht doch D. als geradezu aufgeklärt da. Ganz zu schweigen von dem ehedem Anti-Nazi-Land im Osten, wo ja die Homophobie nicht nur versteckt wirkt, sondern geradezu populär ist und man schon von einer weiterhin bestehenden staatlichen Verfügung der Homosexuellen reden muss.
Ist aber eigentlich auch Wurscht wie Jacke, weil wir es mit einem ziemlich mächtigen Langzeit-Trend zu tun haben, der die alten Definitionen in circa 5 bis 15 Jahren ohnehin irgendwie plattrollt. Dass das keine Folgen haben wird, halte ich für eine unwahrscheinliche Annahme. Die Eheprivilegien werden parallel zurückgeschraubt, das steht ja eigentlich auch schon an, aber wie macht man das? Man muss ja schon die erwünschten Effekte irgendwie retten.
Logischerweise geht dieser Wandel nicht ohne heftige Kämpfe und Talkshow-Scharmützel ab, schließlich stehen da unterschiedliche Interessen gegeneinander. Beim Vergleichen mit anderen Ländern müsste man übrigens prüfen, wie tief die Eheprivilegien in die Sozialgesetzgebung eingebaut sind.