Zur aktuellen Diskussion über Sterbehilfe

Sterbehilfe äußert sich unser Autor Jan Bühlbecker. Und nimmt dabei unter anderem Bezug auf die aktuelle Hart aber Fair-Sendung. Ein Loblied auf die Palliativmedizin.

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Die aktuelle Diskussion über Sterbehilfe ist mir zu theoretisch. Es ist ein persönliches Thema, klar, vielleicht das sensibelste in unser Gesundheitspolitik. Es geht um den Einzelfall und darum, die Wünsche und Bedürfnisse des einzelnen Menschen zu respektieren. Und trotzdem braucht es Hilfe, es braucht klare Regeln, die Sicherheit schaffen. Es geht nicht um die Vorgaben der Kirchen, um Überzeugungen der Politiker, um Approbationen von Ärzten. Erlauben wir aktive Sterbehilfe, erlauben wir die Beihilfe zum Suizid ausdrücklich (im Moment befindet sich das in einer Grauzone - Sicher nicht erstrebenswert, aber im Moment am vernünftigsten) schaffen wir einen Handel mit dem Tod. Wir verringern aktiv die Bedenkzeit, die sich die einzelnen Menschen nehmen, weil der Schritt kleiner wird. Man sichte dazu auch die perversen Beitragssätze des Vereins von Roger Kusch (#hartaberfair). Es geht nicht um die Angst, Jemanden zur Last zu fallen, es geht darum, dass Palliativmedizin Schmerzen effektiv lindern kann. Studien zeigen, dass der Sterbewunsch meistens nicht durchdringend/dauerhaft ist. Ein Großteil der Palliativmediziner lehnt die ausdrückliche Legalisierung der Beihilfe zum Suizid deswegen ab.
Die aktuelle Diskussion geht eben an der Realität vorbei: Ein Großteil der unheilbar und final erkrankten Menschen sterben entweder sehr kurzfristig oder können mit Palliativmedizin so gut versorgt werden, dass sie nur wenige Schmerzen spüren. Ich halte die dann eintretende finale Lebensphase für wichtig und finde es deswegen auch richtig, den Menschen abzuverlangen, sich mit dieser gewissenhaft auseinander zu setzen. Ist Beihilfe zum Suizid in einer Grauzone ist das eher gewährleistet.
Übrigens: Indirekte Sterbehilfe (bspw. starke Schmerzmittel, die die Lebenszeit verkürzen) ist heute schon erlaubt und richtig. Sie sichert eine effektive Schmerztherapie und bietet Sterben in Würde an. Indirekte Sterbehilfe ist aber nur ein Angebot, wenn ein Mensch so lange leben möchte wie möglich, kann er diese auch ablehnen. Auch das Abstellen von lebenserhaltenden Medikamenten ist heute schon erlaubt.
Es besteht also bereits Wahlfreiheit. Im absoluten Einzelfall traut sich ein Arzt in die Grauzone des begleiteten Suizids - Die Ärztekammern "schauen da weg", eben weil die "Hemmschwelle" so hoch ist.
Darum unterstütze ich den Gesetzesentwurf u. a. von Kerstin Griese. Es geht um verantwortungsvolles Handeln, dass den Menschen in den Mittelpunkt sieht - Ganz praktisch und nicht nur theoretisch.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Jan Bühlbecker

Jan Bühlbecker. Slam Poet, Jungsozialist & Sozialdemokrat. Liebt Queer-Feminismus, Fußball, das Existenzrecht Israels & Hashtags.

Jan Bühlbecker

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