Die aktuelle Diskussion über Sterbehilfe ist mir zu theoretisch. Es ist ein persönliches Thema, klar, vielleicht das sensibelste in unser Gesundheitspolitik. Es geht um den Einzelfall und darum, die Wünsche und Bedürfnisse des einzelnen Menschen zu respektieren. Und trotzdem braucht es Hilfe, es braucht klare Regeln, die Sicherheit schaffen. Es geht nicht um die Vorgaben der Kirchen, um Überzeugungen der Politiker, um Approbationen von Ärzten. Erlauben wir aktive Sterbehilfe, erlauben wir die Beihilfe zum Suizid ausdrücklich (im Moment befindet sich das in einer Grauzone - Sicher nicht erstrebenswert, aber im Moment am vernünftigsten) schaffen wir einen Handel mit dem Tod. Wir verringern aktiv die Bedenkzeit, die sich die einzelnen Menschen nehmen, weil der Schritt kleiner wird. Man sichte dazu auch die perversen Beitragssätze des Vereins von Roger Kusch (#hartaberfair). Es geht nicht um die Angst, Jemanden zur Last zu fallen, es geht darum, dass Palliativmedizin Schmerzen effektiv lindern kann. Studien zeigen, dass der Sterbewunsch meistens nicht durchdringend/dauerhaft ist. Ein Großteil der Palliativmediziner lehnt die ausdrückliche Legalisierung der Beihilfe zum Suizid deswegen ab.
Die aktuelle Diskussion geht eben an der Realität vorbei: Ein Großteil der unheilbar und final erkrankten Menschen sterben entweder sehr kurzfristig oder können mit Palliativmedizin so gut versorgt werden, dass sie nur wenige Schmerzen spüren. Ich halte die dann eintretende finale Lebensphase für wichtig und finde es deswegen auch richtig, den Menschen abzuverlangen, sich mit dieser gewissenhaft auseinander zu setzen. Ist Beihilfe zum Suizid in einer Grauzone ist das eher gewährleistet.
Übrigens: Indirekte Sterbehilfe (bspw. starke Schmerzmittel, die die Lebenszeit verkürzen) ist heute schon erlaubt und richtig. Sie sichert eine effektive Schmerztherapie und bietet Sterben in Würde an. Indirekte Sterbehilfe ist aber nur ein Angebot, wenn ein Mensch so lange leben möchte wie möglich, kann er diese auch ablehnen. Auch das Abstellen von lebenserhaltenden Medikamenten ist heute schon erlaubt.
Es besteht also bereits Wahlfreiheit. Im absoluten Einzelfall traut sich ein Arzt in die Grauzone des begleiteten Suizids - Die Ärztekammern "schauen da weg", eben weil die "Hemmschwelle" so hoch ist.
Darum unterstütze ich den Gesetzesentwurf u. a. von Kerstin Griese. Es geht um verantwortungsvolles Handeln, dass den Menschen in den Mittelpunkt sieht - Ganz praktisch und nicht nur theoretisch.
Zur aktuellen Diskussion über Sterbehilfe
Sterbehilfe
äußert sich unser Autor Jan Bühlbecker. Und nimmt dabei unter anderem Bezug auf die aktuelle Hart aber Fair-Sendung. Ein Loblied auf die Palliativmedizin.
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21:43 02.11.2015
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Geschrieben von
Jan Bühlbecker
Jan Bühlbecker. Slam Poet, Jungsozialist & Sozialdemokrat. Liebt Queer-Feminismus, Fußball, das Existenzrecht Israels & Hashtags.

Kommentare 7
Ihr Beitrag schien mir auf den ersten Blick diskutabel. Doch mit diesem Satz
Ich halte die dann eintretende finale Lebensphase für wichtig und finde es deswegen auch richtig, den Menschen abzuverlangen, sich mit dieser gewissenhaft auseinander zu setzen.
haben Sie sich voellig disqualifiziert. Diese Haltung zeigt einen gottaehnliche Groessenwahn, den leider viele Aerzte teilen.
Es ist eine geradezu sadistische Fantasie einem sterbenden Menschen "abzuverlangen", sich mit seine Sterben "gewissenhaft auseinanderzusetzen". Tut ja kaum weh, denn der sterbende Mensch kann "nur wenig Schmerzen spueren".
Ich fuerchte den Tod nicht. Einem wie Sie in meiner finalen Lebensphase ausgeliefert zu sein, das fuerchte ich.
Es geht um den Einzelfall und darum, die Wünsche und Bedürfnisse des einzelnen Menschen zu respektieren.
Bingo, dann halten Sie sich doch raus, solange es nicht um Ihr eigenes Sterben geht.
es geht darum, dass Palliativmedizin Schmerzen effektiv lindern kann.
Keineswegs immer.
Studien zeigen, dass der Sterbewunsch meistens nicht durchdringend/dauerhaft ist.
Studien, ja natürlich, wo kämen wir hin ohne Studien?
Ein Großteil der Palliativmediziner lehnt die ausdrückliche Legalisierung der Beihilfe zum Suizid deswegen ab.
Das leuchtet ein, schließlich können sie nach dem Suizid nichts mehr tun. Das ganze Betätigungsfeld bricht weg. Wo soll das hinführen?
Die aktuelle Diskussion geht eben an der Realität vorbei:
Hauptsache, Sie kennen die Realität.
Ein Großteil der unheilbar und final erkrankten Menschen sterben entweder sehr kurzfristig oder können mit Palliativmedizin so gut versorgt werden, dass sie nur wenige Schmerzen spüren.
Unsinn. Was meinen Sie, wie toll es sich mit einer Ladung Morphium intus lebt? Haben Sie schon mal einen Menschen aufwachen sehen, wenn die Wirkung des Morphiums nachlässt? Sollten Sie mal machen.
Ich halte die dann eintretende finale Lebensphase für wichtig und finde es deswegen auch richtig, den Menschen abzuverlangen, sich mit dieser gewissenhaft auseinander zu setzen.
Aber ja. Unter schweren Schmerzen gelingt das vorzüglich.
Ist Beihilfe zum Suizid in einer Grauzone ist das eher gewährleistet.
Grauzonen sind immer gut.
Übrigens: Indirekte Sterbehilfe (bspw. starke Schmerzmittel, die die Lebenszeit verkürzen) ist heute schon erlaubt und richtig. Sie sichert eine effektive Schmerztherapie und bietet Sterben in Würde an. Indirekte Sterbehilfe ist aber nur ein Angebot, wenn ein Mensch so lange leben möchte wie möglich, kann er diese auch ablehnen. Auch das Abstellen von lebenserhaltenden Medikamenten ist heute schon erlaubt.
Tatsächlich ist es nur inkonsequent, passive Sterbehilfe zu erlauben und aktive nicht. Denn wo ist der ethische Unterschied zwischen z.B. dem aktiven Abstellen einer Beatmungsmaschine und dem Verabreichen eines tödlichen Medikaments?
Es besteht also bereits Wahlfreiheit.
Wahlfreiheit ist süß! Pest oder Cholera, was hätten Sie lieber?
Im absoluten Einzelfall..
Absoluter Einzelfall. Dass ich nicht lache.
…traut sich ein Arzt in die Grauzone des begleiteten Suizids - Die Ärztekammern "schauen da weg", eben weil die "Hemmschwelle" so hoch ist.
Sehr tröstlich. Oben faselten Sie noch von Sicherheit, die sein müsse.
Darum unterstütze ich den Gesetzesentwurf u. a. von Kerstin Griese.
Sie meinen den Entwurf, der jetzt Gesetz wird, und bei dem alles bleibt wie es ist, mit der einen einzigen Ausnahme, dass die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten wird? Wahrlich, ein großer Wurf! Allerdings wäre das auch einfacher gegangen: einfach die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten und aus. So dagegen hat ein Berg gekreist und geboren wurde eine Maus. Aber haben Sie sich schon einmal einen Gedanken darüber gemacht, wie ungerecht dieses Gesetz wird? Diejenigen, die das Geld dazu haben, fahren weiterhin in die Schweiz. Diejenigen, die noch die Kraft haben, selbst Hand an sich zu legen, machen es. Diejenigen, die Angehörige haben, die ihnen helfen, nutzen deren Hilfe. Nur die Schwächsten der Sachachen, also diejenigen, die all das nicht haben und die nur noch leiden, denen hilft keiner, außer Ihnen natürlich, in dem Sie ihnen abverlangen, sich mit ihrer "finalen Lebensphase gewissenhaft auseinander zu setzen."
Es geht um verantwortungsvolles Handeln, dass den Menschen in den Mittelpunkt sieht - Ganz praktisch und nicht nur theoretisch.
Unsinn. Es geht um die Eitelkeit von Schwätzern und Abgeordneten, die ihre ganz persönlichen Ansichten für allgemeinverbindlich erklären, ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass 80% der BürgerInnen dieses Landes anders denken als sie.
Sachachen = Schwachen
"...äußert sich unser Autor Jan Bühlbecker. Und nimmt dabei unter anderem Bezug auf die aktuelle Hart aber Fair-Sendung."
Weshalb schreibst du von dir in der dritten Person? Liest sich so aristrokratisch. Und in wessen Auftrag schreibst du, wenn du von "unser" fabulierst?
@Aussie 42: Vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich kann Sie beruhigen: Sie werden mir in Ihrer finalen Lebensphase nicht ausgeliefert sein, da ich kein Arzt bin. Und auch dieser Satz ist - auch wenn Sie ihn sadistisch finden - diskutabel. Sie ziehen ihn übrigens ganz schön aus dem Kontext: Ich habe nicht gesagt, dass ich es Jemanden vorwerfe, wenn er sich für den Freitod entscheidet, nur muss das - logischerweise - eine ganz bewusste Entscheidung sein. Und geschäftsmäßigen Suizid lehne ich - auch wenn das ein anderer Punkt ist - ab. Vielen Dank und MfG.
.....wenn er sich für den Freitod entscheidet, nur muss das - logischerweise - eine ganz bewusste Entscheidung sein.
1. Wer beurteilt, ob das "eine ganz bewusste Entscheidung" war? (Pfarrer, Arzt, Richter,Angehoerigen...)
2. Welche Logik meinen Sie?
3. Warum "muss" das so sein?
Sie drehen sich im Kreise. Wenn sich jemand fuer den Tod entscheidet, geht das niemanden etwas an.
Mit geschaeftsmaessigem Suizid hat das alles gar nichts zu tun. Stimmt.
Doch unserer Gesellschaft wird mit allem ein Geschaeft gemacht. Alles ist Ware. Stellen Sie sich nicht so an. Immobilienmakler sich moralisch gesehen "groesseren Schweine" als die Leute eines Sterbevereins.
Diese Frage muss jeder für sich allein beantworten, ob er seine Lebenszeit im bestimmten Falle (den er festlegt) verkürzen möchte, ob er Leiden oder ähnliches akzeptieren kann oder nicht, ganz für sich allein.
Ich würde da noch nicht mal einen Angehörigen oder Freund beinflussen mögen, wie absurd ist es, wenn Politiker mit Gesetzen Einfluss nehmen möchten auf Menschen, die sie gar nicht kennen, was richtig oder falsch ist.
Wollen wir denn in allem unmündig sein?
Ich habe ein Schriftstück aufgesetzt und der Ärztin meines Vertrauens ausgehändigt, die eine Schweigepflicht hat.
Ich wäre ja ein Idiot, wenn ich den Inhalt öffentlich preisgebe oder andere aufrufen würde meine persönlichen Einstellung nachzumachen.
Jeder nach seiner Fasson gilt auch hier.
Sorry, der Artikel ist genauso blöd wie ein Aufruf, dass andere Menschen auch nicht rauchen sollen.