Gabriels neues Husarenstück

Überwachung: Sigmar Gabriel von der SPD kommt mehr und mehr ins Schleudern. Er verwechselt, wer was in Sachen Überwachung verniedlicht.

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Zugegeben, Marietta Slomka vom ZDF hat im viel diskutierten Fernsehinterview nicht immer gute Fragen gestellt. Aber der befragte Sigmar Gabriel ist im gewissen Sinne trotzdem K.O. gegangen, indem er seine Contenance verloren und ein Stück seiner Persönlichkeit preisgegeben hat. Seine Rechthaberei und Uminterpretationen haben nichts gefruchtet.

Eine schwache Vorstellung

Sigmar Gabriel wagt immer noch viel, um ins Regierungslager einzuziehen - nicht selten mit heuchlerischen Argumenten. Ein neues Husarenstück leistet sich Gabriel bei Facebook, über das die "Zeit" berichtet. Zwar lobt er wortgewaltig den Appell von 560 Schriftstellern gegen die Massenüberwachung, bringt es aber gleichzeitig fertig, das NSA-Debakel abzulehnen und seine bevorzugte Haltung zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung zu verheimlichen. Entsprechend fallen die Facebook-Kommentare mehrheitlich aus: nicht schmeichelhaft.

Offensichtlich sieht sich Gabriel genötigt, ob der harschen Kritik einen zweiten Facebook-Beitrag zu lancieren. Dort schreibt er:

"Wer die NSA-Praxis mit der Vorratsdatenspeicherung im oben beschriebenen Sinne gleichsetzt, verniedlicht das, was Geheimdienste gegenwärtig treiben."

Peinlich, peinlich!

Ein äusserst peinliches Argument. Was er nämlich seinen Kritikern vorwirft - die NSA-Verniedlichung -, ist seine Verniedlichung des Geheimdiensttreibens. Das Treiben der Geheimdienste ist doch genau das, was zur Überspitzung der NASA-Aktivitäten führt. Es ist ein Märchen zu glauben, die NSA komme ohne nationale und internationale Zuträger nicht aus. Und dies mit der Wasserträgerei nichtamerikanischer Geheimdienste ebenso wie eine vermutlich mit Billigung vieler westlichen Staaten.

Es ist nicht nur die Show der NSA mit ihrem fast irrational anmutenden Gigantismus. Nein, es ist auch die Show Klinken putzender bundesdeutscher und anderer internationaler Geheimdienste. Was diese treiben, hat mit permanenter Feindeswitterung und -phobie zu tun. Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist ein Pseudobegriff, der die wahren Gründe verniedlichen soll: Die ganze Gesellschaft ist in den Augen der staatlichen Macht potenziell der Staatsfeindlichkeit und anderer Gesetzesbrechereien verdächtigt. Was ist das für eine Welt, in der Machtpolitiker, wie Sigmar Gabriel, ihre schnöden Argumente vortragen?

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