Misere und politische Einfalt

Politik, Bundeswehr: «Im Einsatz für Deutschland», so der neuste Slogan, entstanden aus politischer Einfalt. Zehn Millionen Mal soll die Propaganda unter die Menschen gebracht werden.

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Propaganda gegen Kasse

Und die Macher wollen dafür noch Geld, denn der Bürger kann sich den genannten Spruch für 58 Cent redlich und christlich erwerben. Wenn die Rechnung aufgeht, dann macht der Bund fast sechs Millionen Euro Kasse, genau genommen die Kasse des Finanzministers Wolfgang Schäuble. Nicht viel im Gesamtkontext für einen Bundeshaushalt.

Der Haken? Der Spruch «Im Einsatz für Deutschland» prangt in weisser Schrift auf schemenhaften Menschen in bundeswehrhaften Tarnfarben. Das Ganze ist eine Sonderbriefmarke von 58 Cent. Die Brisanz liegt natürlich nicht in der 58-Cent-Briefmarke, sondern was da draufsteht. Dazu zwei Aspekte:

Kein Einsatz für Deutschland

Erstens ist diese Sonderbriefmarke ein weiterer Versuch - nebst den Bundeswehraktivitäten an Schulen -, den Militarismus salonfähig zu machen. Oder anders gesagt: Der Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat sich wahrscheinlich gedacht, das Land brauche Soldaten, nachdem bei ihm doch so einiges schief läuft. Der Spruch «Einsatz für Deutschland» könnte durchaus aus von de Maizière stammen, denn für patriotische Sprücheklopferei ist der Miseren geplagte Minister bekannt.

Zweitens ist es ratsam, den Spruch «Im Einsatz für Deutschland» gründlich zu hinterfragen. Die Bundeswehr steht nämlich nicht im Einsatz für Deutschland. Es sind Einsätze, die von regierenden Politikern angeordnet werden. Diese wiederum haben sich in dubiose Verteidigungsbündnisse einbetten lassen, in denen wieder andere, noch mächtigere Politiker das Sagen haben.

Schlicht und einfach: Märchen

Der «Dienst fürs Vaterland», «Einsatz für Deutschland» oder ähnliche Sprüche sind schlicht und einfach Märchen. Politiker erzählen solche Märchen heute, haben sie gestern erzählt und haben sie schon immer erzählt. Aus getöteten oder ermordeten Soldaten werden Gefallene, aus Befehlen zur militärischen Gewalt werden robuste Mandate usw. – modernes, missbrauchtes Storytelling.

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Des Drohnenmanns dröhnende Misere

Dem politischen Gesülze, wo immer es auftaucht, mag man fast nicht mehr zuhören. Dennoch glauben die meisten Politiker, wenn sie sich mal wieder brüsten, es komme beim Volk an. Vielleicht ist es auch so. Oder teilweise. Oder nur die Politiker glauben es. Und immer wieder sind es dieselben Maschen, die die Politiker aufnehmen und ein Gestrick basteln.

Da kitzeln die Politiker ein bisschen am nationalen Gefühl, und schon steigt bei manchen Menschen das Selbstwertgefühl. Man ist dann Wer - glaubt man. Leider nur von kurzer Dauer, denn politische Kitzeleien und Bauchpinseleien bescheren dem Selbstwertgefühl nur einen Schein dessen, was nicht vorhanden ist.

Entlarvende Statements

«Betrachtet man das – so heißt es offiziell – „Sonderpostwertzeichen“ zum Preis von 58 Cent genauer, erkennt man überraschende Silhouetten: Ein sich küssendes Paar, einen Vater mit Kind, eine Mutter im Gespräch mit der Tochter… Denn wenn ein Soldat oder eine Soldatin „Im Einsatz für Deutschland“ ist, ist es die Familie in gewisser Weise ebenfalls. Auch für sie bedeutet die monatelange Trennung einen schmerzlichen Einschnitt, oft verbunden mit Ängsten und Problemen. Darauf soll die Sondermarke hinweisen und zur Solidarität mit Soldaten und deren Familien aufrufen», so propagiert es das Bundesministerium für Verteidigung.

Nein, Thomy d. M.: Trennung, schmerzliche Einschnitte, Ängste und Probleme haben nichts mit Einsatz für Deutschland zu tun - es sind staatliche Befehle, die dazu führen. Das Volk hat keinen Nutzen davon, aber um so mehr Schaden. Solche Briefmarken und solche Propaganda sind Unsinn. Zum Schluss zum Nachdenken noch etwas von Käthe Kollwitz.

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