Aus der Zeit gefallen

EnBW-Deal Der tiefe Fall des Stefan Mappus liegt vor allem an seinem überkommenen, eigenmächtigen Politikstil
Ende eines Politikertypus: Stefan Mappus, ehemaliger Ministerpräsident Baden-Württembergs
Ende eines Politikertypus: Stefan Mappus, ehemaliger Ministerpräsident Baden-Württembergs

Sean Gallup / Getty Images

So tief ist ein Politiker selten gestürzt. Als Stefan Mappus im Februar 2010 mit 43 Jahren die Nachfolge von Günther Oettinger als Ministerpräsident Baden-Württembergs antrat, da wurde ihm eine große Zukunft beschieden. Er galt vielen in der Union als konservativer Erneuerer, als Anpacker, vielleicht sogar als späterer Kanzlerkandidat. Er war jüngster Landeschef in der Republik, und das im konservativen Stammland schlechthin, das über ein halbes Jahrhundert von der CDU regiert wurde. Keine schlechten Ausgangsbedingungen.

Aus dieser Sicht muss sich Mappus gut zwei Jahre später wie in einem Alptraum fühlen: Heute sind es Landespolitiker der Grünen, die als erstes an die Mikrofone treten, um dem Ex-Ministerpräsidenten Untreue vorzuwerfen. Denn aus der Landtagswahl 2011, die Mappus krachend verlor, ging ironischerweise mit Winfried Kretschmann erstmals ein Grüner als Landeschef hervor. Ein Novum ist auch, dass Ermittlungsbeamte das Haus eines ehemaligen Ministerpräsidenten durchsuchen. Der Vorwurf: Mappus soll beim Rückkauf der 45-Prozent-Anteile am Energiekonzern ENBW im Dezember 2010 zuviel bezahlt haben – freiwillig. Von 840 Millionen Euro Schaden für das Land spricht ein Regierungs-Gutachten.

Die politische Karriere von Mappus liegt in Scherben. Das hängt viel mit seiner Art und seiner Einstellung zur Politik zusammen. Letztlich hat sich gezeigt, dass er mit dem Amt überfordert war. Seiner Unerfahrenheit begegnete er nicht mit Vorsicht und Ratsuche. Stattdessen schien er durch seinen rasanten politischen Aufstieg die Bodenhaftung verloren zu haben und im Glauben an seine Fähigkeiten von sich selbst geblendet gewesen zu sein.

Sorglos mit Milliarden jongliert

Eigenmächtig und autokratisch setzte er seine Politik durch. Die Proteste gegen Stuttgart 21 nahm er lange gar nicht ernst, dann zeigte er Härte; zum Schlichtungsverfahren bekannte er sich erst, nachdem die Auseinandersetzung längst eskaliert war. Glaubwürdig wirkte das nicht. Seine zähe Verteidigung der Atomkraft setzte er auch noch nach der Atomkatastrophe in Fukushima fort. Lange gehörte er zu den größten Kritikern der Energiewende. Mappus hat den Zeitgeist verschlafen.

Da brachte auch die Rückverstaatlichung von EnBW nichts. Eigentlich hatte er damit im Wahlkampf Punkte sammeln wollen. Als Macher wollte er mit seiner hemdsärmlichen Aktion wahrgenommen werden. Erst im Nachhinein hat sich offenbart, wie sorglos er mit den Milliarden in den Verhandlungen jongliert hat, unter der Regie seines Jugendfreunds, des Deutschland-Chefs von Morgan Stanley, Dirk Notheis. Hier zeigte sich, dass beide, Ministerpräsident und Investmentbanker, desselben Geistes Kind waren.

Die schwäbische Hausfrau ließ sich durch den Deal jedoch nicht begeistern. An der Wahlurne wurde Mappus abgestraft mit dem schlechtesten Ergebnis der CDU in Baden-Württemberg aller Zeiten. Sein Gegenpart Kretschmann wurde an seiner statt zum Ministerpräsidenten ernannt. Der zeigt sich demütig, volksnah, haderte zunächst damit, im von der Stadt abgelegenen Regierungssitz zu residieren. Kretschmann hat inzwischen geschafft, was Mappus in ähnlichem Zeitraum nicht gelungen ist: als Landesvater wahrgenommen zu werden.

Bürgernähe und Bescheidenheit, das war nicht Mappus' Sache. Seine autoritäre Art wird mittlerweile selbst in der CDU kritisiert. Die Affäre um den EnBW-Deal sei kein Problem der Landes-CDU, es sei ein Problem von Stefan Mappus, sagte der CDU-Landes-Fraktionschef Peter Hauk offen. Die Distanzierung hat nicht nur juristische Gründe, sie ist auch die Absage an einen Politikertypus, der nicht mehr gefragt ist.

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