Ach, Angie!

Chance verpasst Von sexy Helden und unsexy Politikern

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Ach Angie, musste das sein!!!

Warum hast du den doofen Paragraf 103 nicht einfach gestrichen? „Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten“ – ist doch wirklich ein antiquiertes Ding. Die Sache wäre vom Tisch und Erdogan hätte ganz schön dumm aus der Wäsche geguckt. Wo er sich doch gerade erst so fleißig in das StGB eingearbeitet hat. Zack, weg mit dem Paragrafen, das wäre mal eine ANSAGE gewesen. Aber da sind ja die Flüchtlinge, die du erst empathisch, jedoch, sagen wir, etwas ungeordnet gerufen hast und die dein neuer Freund Erdo nun für dich wegräumen soll. (Die Drecksarbeit machen wieder mal die Türken.)

Nun gibst du also dem Strafverlangen nach und erteilst der Staatsanwaltschaft Mainz die Ermächtigung, gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann nach dem „aus der Zeit gefallenen“ Paragrafen 103 zu ermitteln. (Wow, die dürfen sich das Schmähgedicht jetzt reinziehen, das wir anderen, bis auf wenige einschlägige Zitate, schon gar nicht mehr auf dem Schirm haben.)

Damit hast du die Chance verpasst, Solidarität mit einem Satiriker zu zeigen, dem emotional und spontan gerade ziemlich viel Sympathie entgegenschlägt. Klartext: Ohne dich gäbe es keine Strafverfolgung Böhmermanns. Du rechtfertigst dich damit, dass die Politik sich raushalten und die Entscheidung der Justiz überlassen solle. Formal ist das ja okay, aber es ist eben auch so unsexy.

Böhmermann indes hat keinen Bock, sein Gedicht zu widerrufen. Verweigerter WIDERRUF – wer denkt da nicht an Luther und Galileo Galilei, die Highlights unserer Kirchengeschichte? Sie sind die sexy Helden, die in Erinnerung bleiben. Während deine Aktion nur einen faden Geschmack hinterlässt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

C. Juliane Vieregge

Autorin, Bloggerin. Am 13. März 2019 ist ihr neues erzählendes Sachbuch "Lass uns über den Tod reden" im Ch. Links Verlag, Berlin, erschienen.

C. Juliane Vieregge

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