Elvis und der Massakerkapitalismus

Rockstar als Symbolfigur Amerikas Glanz und Niedergang im Spiegel eines Künstlerdramas

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Wunderbare Doku von Eugene Jarecki gestern Abend auf ARD, The King - Elvis und der amerikanische Traum zum vierzigsten Todestag des Rock'n'Rollers: Nachdenklich, melancholisch, aufwühlend ... Stellt eine Verbindung her zwischen dem Verfall des amerikanischen Super- und Herzeige-Stars und dem Verfall Amerikas. In ihrer Deutlichkeit deprimierende Streiflichter im Wechsel mit Szenen aus Elvis' Leben. Der traurige Held als Metapher, einem raffgierigen Manager ausgeliefert, den nie sein Talent interessierte, sondern das, was pinkepinkemäßig hinten rauskam. Widerlicher, menschenverachtender Typ, und Elvis, der naive Junge vom Lande, ist stolz auf die Aufmerksamkeit, lässt sein Talent verkommen und folgt der Spur des Geldes, entscheidet sich stets für die großen Gagen statt für seine künstlerischen Möglichkeiten. Dreht in Hollywood einen Schrottfilm nach dem anderen, bis ihn keiner mehr ernst nimmt. Kurzes Comeback 1968, er scheint sich zu befreien aus den Krallenfingern des Blutsaugers - und landet in Las Vegas. Symbolfigur trifft auf Symbolort. Plastik und Beton und eimerweise goldene Farbe. Irre viel Geld und irre wenig dahinter. Was folgt, sind traurige Glitterglam-Megashows, nur mit Tabletten zu überstehen. Bis der King lallend auf der Bühne steht, und der Blutsauger will auch mit diesen Bildern noch Kasse machen. Aus dem Rebell à la James Dean ist ein zweiter John Wayne geworden, konstatiert einer der sehr interessanten Special Guests, die man sonst eher von der Leinwand kennt und nicht als intelligente Kommentatoren des eigenen Landes (Ethan Hawke, Ashton Kutcher, Alec Baldwin, Mike Myers). Wie man einen attraktiven, potenten, begabten jungen Musiker auspresst, bis nichts mehr raus kommt, keine Dollars und erst recht keine Musik mehr, wie man einen Rock'n'Roll-Helden zur Mitleidsfigur runterwirtschaftet, das wird greifbar, als John Hiatt, selbst Rock'n'Roller, auf der Rückbank von Elvis' altem Rolls Royce in Tränen ausbricht: "Zu spüren, wie er in der Falle gesessen hat!"

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Geschrieben von

C. Juliane Vieregge

Autorin, Bloggerin. Am 13. März 2019 ist ihr neues erzählendes Sachbuch "Lass uns über den Tod reden" im Ch. Links Verlag, Berlin, erschienen.

C. Juliane Vieregge

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