Vegan

Anstrengend essen Viel darüber quatschen macht es auch nicht besser

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Wenn Leute anfangen über Essen zu reden wie über eine Wissenschaft, ist das das erste Krankheitssymptom. Mit so einer Ausdauer und so einem von der Sache her unangemessenem Engagement, da weißt du sofort, schmecken tut's denen sowieso nicht. Die am meisten darüber reden, sehen am kränkesten aus. Vorurteil? Manchmal hilft nur eine Prise Bosheit. Ich langweile mich beim Thema Veganismus zu Tode. Ich langweile mich so, dass ich mich ärgere. Ich sehe in ein bleiches Gesicht ohne Weichheit, in ein mageres Gesicht auf einem mageren Hals und denke unwillkürlich an Essstörung. An eine Heidelbeere, die mit der Rasierklinge in sechzehn Teile geschnitten wird. An wahnsinnig teure und in stundenlanger Heimarbeit zermalmte Pekanussahne. Das erzählt die mir gerade*, das mit der Pekanussahne, nichts von der Rasierklinge, die hat mein Kopf dazu fantasiert, und warum hat die so wenig Haare auf dem Kopf? ( Und warum tut die in der Zeit nichts Sinnvolleres?) Ich trinke jeden Tag einen Liter Mich. ("BOAH! MILCH! Die Muttermilch, die für das Kälbchen bestimmt ist! Der Mensch ist die einzige Gattung, die die Muttermilch einer anderen Gattung trinkt! Das ist widernatürlich! Und ungesund! Siehe die Harvard-Studie, die nachweist, dass Milch Osteoporose sogar FÖRDERT!") Seit Jahrzehnten übrigens. Schmeckt mir, bekommt mir, wirkt sich positiv aus. Keine Osteopodingsbums, kein Übergewicht, keine Falten. Dafür Lebenskraft, meine Gutste! Darüber muss ich mit niemandem reden. In die Milch häufe ich Ovomaltine. Richtig viel. Darüber rede ich auch mit niemandem. Mit der schon gar nicht. Hoffentlich wird die so alt, wie sie jetzt schon aussieht. Hoffentlich ist die nicht so schwach, wie sie aussieht. Ich wünsche es ihr. Könnte sonst anstrengend werden. Aber vielleicht geht's Leuten wie ihr genau darum. Dass sie sich megamäßig für jeden Bissen anstrengen. Um sich für irgendeinen unverdienten Genuss zu bestrafen und solche kranke Scheiße mehr. Meine gesammelten Weisheiten, die interessieren die nicht.

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Geschrieben von

C. Juliane Vieregge

Autorin, Bloggerin. Am 13. März 2019 ist ihr neues erzählendes Sachbuch "Lass uns über den Tod reden" im Ch. Links Verlag, Berlin, erschienen.

C. Juliane Vieregge

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