Das Leben in den Zeiten der Corona; AC 2.27

Das Logbuch geht weiter: Maßnahmen und Mutationen

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Da ist er wieder, der alte Begrüßungsgeld-Trick: Das Zentralorgan mit dem roten Quadrat fordert 50 Euro für jeden und jede, der und die sich impfen lässt. Nun, die Impfgegner und -innen, die ich kenne, wird man mit diesem Taschengeld nicht kriegen. Auch nicht mit 500 oder 1000 Euro. Im Gegenteil suggerieren derartige Bestechungsversuche eher, dass mit dieser Impferei etwas nicht stimmen könnte. Denn die “Widerspenstigen” sind meistens die, die nicht so leicht manipulierbar beziehungsweise käuflich sind. Zum Wochenende zieht das Boulevardblatt noch an: Jetzt geht es um unsere Lebensversicherungen, die in Gefahr sind. Haben die typischen Durchschnittsleser überhaupt eine Lebensversicherung? Und wenn ja, zahlt die auch im Falle des Ablebens mit oder durch Corona? Der Gastronomie hat ihr angeblicher Versicherungsschutz ja auch nichts genützt – wem will man denn jetzt wieder Angst machen?

Dass man mit dem Virus gut Politik und Kasse machen kann, ist nicht neu. Dass man mindestlohntechnisch “Die Linke” locker überholen kann, durchaus: Vierzehn Euro Stundenlohn soll es für Testpersonal geben, habe ich auf einer vermeintlich seriösen Website gelesen. Und wenn jetzt, im Zeichen des Selbstzahl-Dekrets, weitere Teststationen entstehen, muss wohl ein lukratives Geschäft zu erwarten sein. Doch wer macht dort mit? Dass die vergleichsweise preiswerten Selbsttests schon jetzt obsolet sind, zeigt auch der Umstand, dass man sowieso keine Chance mehr hat, mit einem Selbsttest in Konzerte oder Ausstellungseröffnungen hineinzukommen. Dass man mit Maske und Impfausweis am Einlass steht, muss man wohl in Kauf nehmen. Dass man zusätzlich zum Impfpass seinen Ausweis zeigen muss, ist schon eine gehörige Frechheit – bekundet der Akt an sich doch schon grundsätzliches Misstrauen gegen die Gäste. Ein von oben verordnetes Misstrauen wird von den zumeist jungen Mädchen am Einlass gerne beteuert – macht es das besser? Wenn man das Zeigen seines Ausweises verweigert, haben sie auch noch die Chuzpe, Namen und Geburtsdatum zum Abgleich mit dem gelben Stern – äh, Ausweis natürlich – abzufragen. Dieses Prozedere kenne ich in der Tat nur von Telefonaten mit Banken oder Versicherungen. Und da geht es immerhin um vertrauliche Informationen, für die man sich authentifizieren muss. Beim Betreten von sicherheitsrelevanten Gebäuden habe ich derartige Schikanen noch nicht erlebt, beim Besuchen von Veranstaltungen – sogar auf persönliche Einladung hin – sind sie nun “ganz normal”. Für mich steht fest: Mit dieser Art von Normalität werde ich mich nicht arrangieren, eher gehe ich nirgendwo mehr hinein. Nicht in Ausstellungen, nicht in Konzerte, nicht in Kinos, nicht in Restaurants. 2020 und 2021 haben uns gezeigt, dass es auch ohne geht. Ich selbst bin Bühnenkünstler und seit fast einem Jahr nicht mehr aufgetreten – unter den aktuellen Umständen habe ich dazu auch gar keine Lust mehr.

“Verliebt, verlobt, verheiratet” hieß es früher. Jetzt gilt “geimpft, genesen, getestet”. 2G, 3G – und wie sie diese ganzen Konstrukte noch betiteln werden. Irgendwann wird man die Nomenklatur nicht mehr von einem Wirtschaftsgipfel oder einer langläufigen Schusswaffe unterscheiden können. Doch wir wären nicht das Land der Dichter und Denker, wenn uns nicht wöchentlich neue absurde Begriffe einfallen würden. Vielleicht sollte ich in diesem Blog das “Unwort der Woche” einführen. In dieser, der 38. KW des zweiten Corona-Jahres gibt es auf jeden Fall eins: VIRUSMUTATIONSGEBIET. Wenn man aus einem solchen nach Deutschland einreisen will, muss man ab dem 12. Lebensjahr geimpft sein und einen Test machen. Wer dazu noch genesen ist, dürfte auf der ganz sicheren Seite sein. Eine Sachsen-Karte im Fernsehen zeigt, dass “Virusmutationsgebiete ausschließlich östlich liegen”. Aus Restdeutschland darf man weiterhin auch irgendwie anders einreisen. Zum Glück mutiert das Virus im Westen nicht, es bleibt immer gleich und rührt sich nicht – maximal reist es zwischendurch mal nach Malle. Es wartet einfach bis zur nächsten Impfwelle und verändert sich nur, wenn es unbedingt muss. Warum sollte man sich auch ändern, wenn man so erfolgreich ist?

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