Das Leben in den Zeiten der Corona; AC 2.43

Das Logbuch geht weiter: Privileg statt Privatkrieg

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Wer das Privileg hat, die erste Woche des Jahres noch abzutauchen, sollte sich glücklich schätzen. Mein besonderer Respekt gilt den Menschen, die jetzt im Dienste der Allgemeinheit – insbesondere der Gesundheit sowie der Kinder- und Jugendbetreuung – unterwegs sind. Wir anderen sollten gefälligst dafür sorgen, dass es so ruhig und sicher wie möglich bleibt, und das Jahr mit Bedacht und guter Planung starten. Zumal aus dem “2G” schleichend ein “G” geworden ist. Wieso? Ganz einfach: “Genesen” verkommt zum Alibi. Egal, ob man nach einer Erkrankung ausreichend körpereigene Immunkräfte hat oder nicht, am Impfen soll keiner vorbeikommen können. Und wenn durch den “Pieks” wider Erwarten ein neuer Virus-Ausbruch erfolgt? Auch egal, das muss dann an der schwachen Konstitution des Patienten liegen. Na also, warum nicht gleich so konsequent – wir Deutschen waren doch auch früher nicht zimperlich.

Auch die Gegenseite, wer immer sich dahinter verbirgt, fährt schwere Geschütze auf. In einer Tagesschau der Wochenmitte (…fünf Minuten dieser Achterbahn-Sendung gestatte ich mir pro Woche, keine Sekunde mehr...) ist von ungefähr 250 Chatbeiträgen die Rede, die zu Mordanschlägen auf Politiker und Mediziner aufrufen. Nun weiß man, dass im Netz jede Menge virtuelle Psychopaten unterwegs sind, die, wenn man sie in natura trifft, eher Pantoffelhelden und Warmduscher sind. Wenn die ihre prominenten Zielscheiben leibhaftig vor sich haben, knicken sie zumeist schlagartig ein und beteuern, dass das alles doch gar nicht so gemeint gewesen sei. Wie ernst man solcherlei Drohungen nehmen kann oder muss, ist eher vage Spekulation als prognosetauglich. Ein statistisches Risiko bleibt immer, irgendwann wird sowieso wieder etwas Dramatisches passieren, zu dem es im Internet Hinweise oder Vorboten gegeben haben wird. Dann wird erneut eine strengere Reglementierung des Netzes, mehr Überwachung und mehr Geld für die Sicherheit gefordert werden. Alles ein alter Hut, gab's auch schon vor dem Internet.

Auch die selbsternannten “Guten” (...wer immer das nun wieder im Einzelnen ist...) geben sich nicht zu erkennen. Eine Sprecherin ist in der Mitte eines Online-Konferenz-Screens zu sehen und verkündet, dass gerade wieder die sechzehn Landesfürsten tagen. Ich dachte, dieses Jahr sollte ein Ausschuss mit Medizinern gebildet werden, der in die Entscheidungen involviert ist. Also doch nichts gelernt, die Großkopferten – schade. Das Sechzehner-Kasperletheater macht also weiter wie bisher und versetzt uns Bürger wieder und wieder in den Alarmzustand. Und diesmal gleich zu Jahresbeginn – schämen sollten sie sich! Zu allem Überfluss sind alle Gesichter außer dem der Sprecherin unscharf gezeichnet. Ich bin sprachlos. Wer sind diese unscharfen Gesichter dort in der Tagesschau, die nicht zu erkennen sein wollen oder sollen, während ihre Elfenbeinturmbeschlüsse von allen Menschen im Lande zu befolgen sind? Haben wir jetzt eine Exekutive = Legislative = Anonyme Alkoholiker = “Ich-will-nicht-zu-erkennen-sein-weil-ich-mich-schäme-und-dem-Datenschutz-unterliege-und-mein-Leben-in-Gefahr-ist”? Noch was? Ach ja: die Corona–Quarantäne wird auf fünf Tage verkürzt. Also so schnell wie möglich wieder rein ins Getümmel, der Rubel muss ja weiterrollen.

Das waren sie, meine fünf Minuten Tagesschau. Mehr geht nicht, mehr darf nicht – ich weiß nicht einmal, ob ich diese fünf Minuten gesehen oder geträumt habe. Komme ich also lieber wieder zum Thema “Privilegien”: Noch für ein paar Tage darf ich in meinem persönlichen Refugium verweilen, arbeite verstärkt an Musik und Video, und widme mich dem privaten Glück.

Abschließend wünsche ich Ihnen allen ein “Gesundes Neues!” Kommen Sie nicht nur gut rein, sondern bleiben Sie vor allem gut drin. Zwölf Monate können in bleiernen Zeiten wie diesen verdammt lang werden.

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