Das Leben in den Zeiten der Corona; AC 2.44

Das Logbuch geht weiter: Hat “Out” das Potenzial zum neuen “In”?

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Kaum ist das Neujahrs-Koma vorbei, tauchen viele schon wieder ins Corona-Koma ab. Damit meine ich nicht die Menschen, die gerade auf Intensivstationen um ihr Leben ringen, und von denen es glücklicherweise nicht mehr so viele geben soll wir im letzten Jahr. Sondern die Gesunden, die abtauchen, weil sie sich nicht so richtig ins neue Jahr trauen. Die Termine absagen oder erst gar keine machen, so rein prophylaktisch. Man kann ja nie wissen. Nur, wenn man nichts macht, wird man auch nicht weiterkommen und schon gar nichts bewegen. Es ist eben noch immer wie beim Mikado: Wenn sich was bewegt, hat man verloren. Leben verkehrt herum. So etwas ist und bleibt kontraproduktiv. Dass sich noch immer (oder schon wieder) so viele Leute daran beteiligen, kann keinesfalls gesund sein.

Andere hingegen werden schon wieder richtig narrisch. Auf den Straßen gibt es jetzt nicht nur Demos der Maßnahmegegner, sondern auch die Impfpflicht-Befürworter sind unterwegs. Doch braucht es die Straßen dafür? Und braucht es die Menschen, die dort als Pros unterwegs sind? Kommt die Impfpflicht nicht sowieso? Und sind nicht ganz andere Leute in den Lobbys unterwegs, die grundsätzlich bessere Argumente haben? Apropos Lobby: Ein ungeimpfter Bundestagsabgeordndeter wurde aus irgendeinem Ausschuss entfernt. Raten Sie mal, welcher Partei der angehört.

Es gibt auch die, die eine Art Notprogramm gestalten, zum Beispiel Künstler. Leider haben auch sie die 2G- und 2G-plus-Regel angenommen. Das systematische Ausgrenzen Ungeimpfter ist auch in Kreisen, die per se eigentlich “anders” sein wollen, sich für intellektuell oder gar frei halten, salonfähig geworden. Dass die meisten ungeimpften Kulturmenschen sich für einen Ausstellungs- oder Kinobesuch gerne freiwillig testen (lassen), spielt keine Rolle. Sie dürfen nicht dabei sein, basta. Einerseits hart, aber andererseits: Was verpasst man schon? Stattdessen führen sich einige Geimpfte auf, als würde kein einziges Virus in sie rein- oder wieder rausgehen, indem sie auch im Winter in Trauben zusammenhängen, als käme kein Frühling mehr. Aus beiden Nummern bin ich raus, das Theater mache ich nicht mit und gehe dieser Tage nirgends mehr hin, wo ich nicht unbedingt hin muss. Das wird wohl auch noch eine Zeitlang so weitergehen.

In der Medienlandschaft übrigens scheinen einige Kleinstadtgazetten das Boulevard-Blatt Nr. 1 überholen zu wollen. Während das seinen Lesern einen Blick auf die Insel gewährt, von der nun ach wie unerwartet Hoffnung im Kampf gegen Corona kommen soll, “überrollt” das omnipotente Omikron für die “Cellische Zeitung” gerade ganz Niedersachsen. Diese Sprache versteht man in der Garnisionsstadt und geht in Deckung. Nicht nur die Straßen im denkmalgeschützten Fachwerk–Zentrum werden zunehmend leerer, auch erschreckend viele Ladengeschäfte in den Flaniergassen sind verwaist. Unter anderem der des regionalen Tourismus-Primus. Böse Zungen behaupten sogar, dass der einen guten Teil seiner Corona-Subventionen ins Ausland transferiert habe. Welch eine Verschwörungstheorie!

Wehmütig erinnere mich an die Anfangstage der Corona-Ära. Damals lauerte draußen die böse, diktatorische chinesische Variante und aus allen Kanälen schleuderten sie dir ihr “Zuhause bleiben” entgegen. Man wartete, bis es dunkel wurde, und schlich dann mit oder ohne Hund um die Häuser, durch Parks oder ins Stadtwäldchen. Ach, war damals alles herrlich subversiv! Jetzt spammen sie dich wieder zu mit ihren Einladungen zu allen möglichen Veranstaltungen. Ob sie sauer werden, wenn man nicht kommt? Dagegen gibt es ein gutes Mittel: Man mimt den Umgeimpften. Ob sie einen “hinterher” noch werden kennen wollen? Naja, ein Restrisiko schlummert in allem.

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