Das Leben in den Zeiten der Corona, Woche 6

Das etwas andere Logbuch Tag 36: Der morgendliche Weg zum Bäcker hat mir gestern richtig gefehlt.

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Wegen Bild.

Umso neugieriger hole ich heute meine Brötchen. Natürlich gibt's nichts Neues, deshalb werden die Riesenlettern dafür verschwendet, darauf hinzuweisen, dass die Coronaverbote unsere Grundrechte verletzten. Das habe das Verfassungsgericht festgestellt.

Erstmal ist es natürlich toll, dass die Verfassungsrichter jetzt auch am Sonntag arbeiten.

Doch was soll daran einen Titel wert sein? Das Grundgesetz hat doch eh jeder zuhause rumliegen. Oder etwa nicht?

Meine erste Geschäftsidee diese Woche ist bedrucktes Toilettenpapier. Auf jedem Blatt steht ein Paragraf, die Präambel kommt ganz zuletzt, auf der Papprolle. Ich muss mal schauen, wo man die Produktion in Auftrag geben kann, irgendwo muss ja auch die nächste Titanic gedruckt werden. Zu weich sollte das Papier freilich nicht sein, schon gar nicht mehrlagig. Das alte Klopapier aus dem Osten würde sich anbieten. Doch wo bekommt man das noch?

Interessant finde ich auch, nach welchen Kriterien man sich derzeit in der Öffentlichkeit aufhalten darf. In England gab (oder gibt?) es ein Gesetz, nach dem man seine Meinung frei äußern darf, wenn man dabei nicht steht, sondern sich bewegt. Da bei uns kaum einer Interesse hat, seine Meinung in der Öffentlichkeit zu sagen, könnten wir es vielleicht mit dem Verzehr so handhaben. Wer draußen rumläuft, muss beim Gehen etwas verzehren – egal, ob vom Kiosk, aus dem Supermarkt oder von zuhause. Dann wäre die Erteilung von Bußgeldern viel einfacher und die Polizisten müssten keine Überstunden wegen der leidigen Debatten mit den Bürgern führen, bevor sie ihren Strafzettelblock zücken.

Vollends außer Kontrolle gerät die Situation auch in meiner Lieblingsbranche, dem Schul- und Ausbildungswesen. Am Freitagnachmittag hat das Kultusministerium einen neuen Vorgabenkatalog geschickt, den sich einige Kollegen am Wochenende durchgelesen haben. Nach den Richtern nun also auch die Lehrer – eigentlich ist es ja klasse, wenn man auch sein Weekend mit Krisenmanagement verbringt. Das Problem ist nur, dass man nicht erholt aus dem Wochenende kommt. Sondern sich schon ganze zwei Tage gequält hat, wie man den rotierenden Problemkreis diese Woche quadratisch kriegt. Sie werden es wohl wieder nicht schaffen, die Lehrer und Lernverwalter, auch Rom wurde nicht in ein paar Tagen erbaut.

Damit sich auch Außenstehende das vorstellen können: Das Ministerium, das Gesundheitsamt, Mama Merkel oder Bild sagen wöchentlich neu, was man darf und was nicht. Dann muss man sich ganz schnell mit ganz vielen Leuten einen vorübergehenden Krisenplan zurechtlegen (natürlich online), und wenn der mit allen Fachbereichsleitern und Kollegen abgestimmt ist, haben sich die Vorgaben schon wieder geändert.

Wenn die große Corona-Entwarnung von Mama dann wirklich kommt, werden die meisten durchatmen und weiterwurschteln wie vorher, schätze ich. Wer dennoch daran denkt, einen strategischen Plan für die nächste Nichtkontaktzeit zu erstellen, der dann nur aus der Schublade gezogen werden muss, bekommt 10000 Corona-Nachhaltigkeitspunkte.

Ist das ein Anreiz? (So viele Punkte bekommen sonst nur echte Künstler).

Gerade jetzt haben Bildungseinrichtungen auch Angst, dass Teilnehmer und zuständige Ämter nicht mehr die Kosten tragen. Ich empfehle, andersherum zu denken, nämlich so wie es uns gesagt wurde: Jeder Euro, der wegen Corona wegfällt, wird dem Land in Rechnung gestellt. “Der Staat ist nicht erpressbar”, das war vielleicht zu Helmut Schmidts Zeiten so. Heute ist es viel einfacher: Wenn ihr nicht zahlt, wählen wir nächstes Jahr die Linke. Es könnte natürlich auch passieren, dass manch einer dann heimlich oder aus Versehen AFD wählt. Vor diesem Horrorszenario haben CDU, SPD und Grüne nämlich mehr Angst, als vor … mmmh, da fällt mir nichts auch nur annähernd Vergleichbares ein.

Auch, wenn die meisten Lehrerbedenken übertrieben scheinen, bekommt jeder für seine durchaus berechtigen Sorgen 10 Corona-Heldenpunkte. Meine Freundin sitzt schon wieder im Nebenzimmer in der ersten Konferenz des Tages.

Bei mir ist es einfach. Ich soll mich Mittwoch wieder bei meinem Stabsoffizier melden. Ein vorausschauender Mann, der nicht viel Wirbel macht und die Leute nicht in Bewegung setzt, bevor die Richtung, und wie weit wir marschieren sollen, klar ist. Sehr vorbildlich. Nur, dass ich heute Morgen schon um 8:30 Uhr in vorauseilendem Gehorsam nachgefragt habe, schien ihn zu überraschen.

Es gäbe für viele Probleme relativ einfache und praktikable Lösungen, doch die verrate ich hier nicht alle. Denn ich gehöre nicht zu einem dieser Krisenstäbe, die gerade für jedes Detailproblemchen aus dem Boden gestampft werden. Außerdem irritieren meine Ideen bisweilen, da sie etwas unkonventioneller oder innovativer sind. Und ich muss mir nicht auch noch an der Corona-Front eine blutige Nase holen.

Vielleicht ganz am Ende, wenn die Leute wieder den Kopf frei haben zuzuhören.

Ändern werde ich damit aber auch nichts, meine Vorschläge kommen zumeist entweder zu früh, zu spät, oder von der falschen Person.

Dennoch werde ich nicht in die Politik gehen, um aus der falschen die richtige Person zu machen, denn wenn ich erstmal 80 Jahre alt und völlig verbraucht bin, wird sicher auch mir nichts mehr einfallen.

Apropos: Arbeiten die Krisenleute eigentlich ebenso kostenlos wie die vielen freiwilligen Helfer, Automobilmanager und, wie von Söder gefordert, bald auch Politiker?

Systemabsturz nebenan. Meine Freundin macht sich einen frischen Tee. Nur langsam baut sich ihr Bildschirm wieder auf, mit vielen kleinen Rechtecken, auf denen schummrige Augenpaare, bedruckte T-Shirts mit Halsansatz oder zuckerrübenähnliche Silhouetten zu sehen sind. Wirklich interessant an diesen Konferenzen sind eigentlich nur die neuen Erkenntnisse zu manchen Kollegen: Ach, die elitäre Frau Dombrowski hat ja auch nur Billy-Regale im Arbeitszimmer, die Politiklehrerin wirklich noch den Che Guevara an der Wand und die Aquarelle des Kunstlehrers sehen aber scheiße aus. Mit einer Stunde Verspätung logt sich der Schulpraktikant ein, der auch bei sommerlichen Temperaturen zuhause seine Strickmütze trägt. Immerhin kann er auf eine beachtliche Spirituosensammlung verweisen.

Manch einer kommt auch zu früh oder in die falsche Konferenz, ganz wie im richtigen Leben. Sogar Handy-Kurse müssen während dieser virtuellen Meetings gegeben werden. Zum Beispiel der 62-jährigen Kollegin Noltemeier, die gerade im Wartezimmer ihres Zahnarztes sitzt. Dafür gibt es dann immerhin 500 Solidaritätspunkte.

Spät abends meldet sich ganz aufgeregt eine Kollegin: “Die XY-Klasse ist weg, ich finde sie schon seit zwei Tagen nicht mehr! Wo kann die hin sein?” Offensichtlich ist nun der Server völlig überlastet, und die Klasse existiert nur noch in den Akten, die im verwaisten Schulgebäude verstauben. So leicht kann man in Frontal-Zeiten unliebsame Schüler nicht loswerden, und wir lernen durch den “Schließrunter” eine weitere, ganz neue Lebensqualität kennen: Dinge, die man online nicht wahrnehmen kann, die gibt es auch nicht mehr.

Tag 37

Heute arbeite ich fast komplett zuhause, die Geschichten holen einen ganz von alleine ein.

Die erste heute Morgen kommt vom City-Scout, der in aller Herrgottsfrühe Grünschnitt entsorgen will, sich aber nicht rechtszeitig gemeldet hat. Der Wertstoffhof hat nur ein kleines Zeitfenster, anderen Müll außer Gartenabfällen nimmt er gar nicht erst an. Und ich bin zu spät dran. Der Aufseher darf trotz Maske eigentlich nicht mit anfassen, wenn man da mit einem 50-Kilo-Sack erscheint. Der City-Scout zieht seinen Schal vors Gesicht und beide riskieren ihre Gesundheit. Auch für mich. Fairerweise ziehe ich mir von meinen Solidaritätspunkten selbst welche ab.

Danach meldet sich ein Freund, dessen Frau Krankenschwester ist. Sie ist, wie man es erwarten kann, im Dauereinsatz. Komisch, meine Krankenschwester, noch in der Ausbildung, macht erstmal eine Woche frei und juckelt im Süden rum, wo sie ab Sommer eine neue Stelle antreten wird. Nach Notsituation sieht das nicht aus.

Andererseits hört man von Menschen mit hohem Fieber, die nicht mal einen Test- oder Untersuchungstermin bekommen. Wieder andere sitzen beim gemeinsamen Betriebsmittagessen und rücken für vertrauliche Informationen mit dem Gesicht bis auf 20 Zentimeter an einen heran. Wenn man diese Runden live sehen könnte, mit ihren zwei Desserts vor der Nase, wohlgenährt über Kosmetika redend, würde man nicht auf die Idee kommen, dass weltweit eine Krisensituation vorliegt.

Im kleinen Supermarkt um die Ecke erfahre ich endlich, warum jeder einen Einkaufswagen nehmen muss. Nach Quadratmeterberechnung dürfen sich nur 16 Kunden gleichzeitig hier aufhalten. Und vorne stehen 16 Wagen. Den netten Migranten, den man bisher zum Regeln des Publikumstromes engagiert hatte, konnte man dadurch wegrationalisieren.

Trotz so viel Disziplin hat Mama Merkel die Ladengeschäfte angemeckert. Woher, um alles in der Welt, nimmt sie jetzt eigentlich die Zeit, einkaufen zu gehen? Und wieso geht es immer nur um diese albernen Läden? Millionen Menschen können nicht arbeiten und wir hören immer nur etwas über Ladenöffnungen. Wie verstrahlt sind die Entscheider mittlerweile eigentlich?

By the way: Nach den Menschen kriegen jetzt die Rechner Corona. Alles, was die Pädagogenkollektive und ihre Schüler schon im Frontalunterricht nicht geregelt bekommen haben, muss jetzt die Technik aushalten. 29 Live-Schaltungen mit Bild und Ton, auf jedem PC. Entweder brechen die Netze zusammen, die Server, oder die Prozessoren und Grafikkarten beginnen zu verdampfen. Und wir reden hier nicht von den menschlichen 40 Grad Fieber – ein Rechner überschreitet locker das Doppelte. Und dass bei Dauerempfang und Dauernd-irgendwas-runterladen auch die Viren nicht lange auf sich warten lassen, davon darf ausgegangen werden.

Praxistipp: Wenn zwischen Meetings weniger als zwei Stunden liegen, den Rechner zwischendurch in den Kühlschrank stellen oder legen.

Das Schulchaos gehört übrigens auch zu den weitestgehend überflüssigen Problemen, die wir uns selber machen. In fortschrittlichen Ländern hat man schon längst erkannt, dass es sich am besten im Wald lernt. Die Lernergebnisse dieser Länder sprechen für sich. Hier, im Land der Wälder und Schrate, haben wir heuer einen fast durchweg milden Frühling, ideale Voraussetzungen also. Doch die Bestimmungen verbieten es, draußen zu unterrichten. Deutschland arbeitet sich zielstrebig nach unten. Wenigstens ist derzeit niemand dafür verantwortlich, das Virus ist an allem schuld.

Jetzt aber Schluss für heute, ich muss noch den neuen Vogt lesen:

https://www.mittellaendische.ch/2020/04/20/covid-19-update-von-prof-paul-r-vogt/

Tag 38

Es ist die alte Geschichte von der Schlange und dem Kaninchen. Das Kaninchen wird angesichts der Schlange paralysiert. Es weiß genau, dass höchste Gefahr besteht, und verharrt dennoch regungslos. Freut sich die Schlange? Oder sieht sie das Verhalten des Kaninchens als selbstverständlich an?

Mittlerweile kann man das Gefühl bekommen, dass niemand mehr Bock auf Europa hat. Niemand scheint sich so richtig zu wehren. Alle machen dicht, und drinnen nur das Nötigste. Wie vor einem Winter, wenn man schnell noch ein paar Kohlen organisieren muss.

Die Regierungen, soweit ich das überschauen kann, fahren ihre Länder soweit herunter, dass sie weder als Vorbild für die anderen EU-Mitglieder attraktiv, noch für mögliche Investoren interessant sind.

In Deutschland mögen dabei drei Dinge zusammenspielen: Das Fehlen einer Vision, wie man mit derartigen Problemen umgehen könnte, die Feigheit, Fehler einzugestehen und nun den Kurs zu ändern, und die Bürokratie, die nur verwalten, nicht aber entwickeln kann.

Ein Plan für die nächste Woche? Nö. Dann machen wir doch einfach das mit den Fähnchen im Gesicht, das hatten wir noch nicht. Erinnert mich irgendwie an einen alten Sparkassenwerbespot, den manch einer lustig fand. Jetzt ist das gar nicht mehr komisch. Es kommt immer noch blöder, als man für möglich hält.

Ein Euro-Bond müsste schon aus dem Weltall kommen, immun gegen irdische Seuchen und europäisches Phlegma sein. Und er muss auch gar nichts machen, braucht keine trickreichen Waffen und kein schnelles Auto. Sondern muss nur abwarten und im richtigen Moment zuschlagen. Aber haben die Extraterrestrischen überhaupt Interesse an unserem Europa? Also, ich würde hier wegbleiben, wenn ich könnte.

Gerade heute kommen wieder alarmierende Nachrichten aus dem Bildungssektor. In Zukunft sind wir möglicherweise wieder bei einem Notabitur. Mist, das Wort kommt ja aus der Nazizeit. Wie könnte man das jetzt mal nennen? Was Englisches kommt nicht in Frage, der “Junggeselle” ist schon peinlich genug. Vielleicht “Teilgenommen”, und darunter der jeweilige Bildungsträger.

Für Wissensvertiefung und Persönlichkeitsbildung fehlen Zeit und Ressourcen. Pflegekräfte müssen ganz schnell an die Front und aus den anderen wird sowieso nichts. Beziehungsweise: Wo wollen sie denn jetzt anfangen? Oder wie wollen sie studieren?

Wenn ich mich ohne richtigen Abschluss bewerben müsste, wüsste ich schon, was ich schreiben würde:

Hund am Halsband oder Katze im Sack? Finden Sie heraus, was ich kann. Ich habe nämlich kein Abschlusszeugnis. Meine Schule hat geschlossen und ein Betriebspraktikum konnte ich auch nicht mehr in diesem Frühjahr absolvieren. Ich will aber arbeiten, unbedingt! Also testen Sie mich. The american way of hiring. Das Abenteuer lockt! (Wenn Sie sich nicht melden, gehe ich davon aus, dass es Sie nicht mehr gibt)

Auch nicht zum Lachen ist es, wenn Erzieher*nnen nicht mehr ausgebildet werden können. Ich sehe schon Millionen überforderter Eltern im Homeoffice mit ihren kleinen Klonen auf dem Schoß. Wäre der Begriff “e-Horting” englisch und trendy genug, um das Modell für junge Eltern attraktiv zu machen?

Wenn es nicht so tragisch wäre, und man selbst mittendrin, könnte man sich über derlei amüsieren. Aber Satire ist kein Spaß.

Draußen keine Vorfälle, Unfälle oder Überfälle. Und keine Polizei. Erstaunlich angenehme 30 Minuten. Ein Brief kommt von der KSK, muss ich nicht öffnen. Ein Wunder, dass die überhaupt arbeiten. Auch die Post wird weniger. Feierabend für heute.

Tag 39

Zu den angenehmen Seiten der Krise gehört, dass morgens fast nie jemand anruft, der etwas von einem will. Man kann wunderbar die wirklich wichtigen Dinge erledigen. Und auch draußen ist es noch immer etwas ruhiger als sonst. Obwohl die Handwerker der Umgebung zum Glück schon längst wieder werkeln - was mich sehr beruhigt.

Wenn ich aus meinem Studiofenster schaue, sehe ich Maler, die auf einem Gerüst gegenüber eine Fassade neu tünchen. Ich freue mich über ihren Anblick. Und, dass sie ein so leises Gewerk betreiben. So kann ich heute problemlos eine neue Komposition aufnehmen, für die ich akustische Gitarre und Mikrofon einsetzen will.

Stan Nadolny hat die Langsamkeit entdeckt, ich entdecke die Ruhe. Und das, obwohl ich direkt hinter dem Hauptbahnhof in der Nähe einer Hochstraße wohne.

Das erste, was ich heute von außen mitbekomme, sind die Meinungen von Bio-Chemikern. Auch sie können die Corona-Berichterstattung im Fernsehen nicht mehr ertragen, halten allgemeines Masken- und Handschuhtragen für eine nicht zielführende, ja geradezu irreführende Maßnahme, und sind der Meinung, dass das Virus mutieren wird, noch ehe es einen sicheren Impfstoff gibt. Interessant an dieser Stelle: Viren werden auch über Labortiere ex- und importiert.

Der Weg sei, so meinen die Bio-Chemiker, eine breite Immunisierung der Bevölkerung durch die Aufnahme sehr kleiner Virenmengen, die weit unterhalb der lebensgefährlichen Dosierungen liegen. (Auch Gifte wie Arsen und Curare werden in der Medizin in kleinen Mengen eingesetzt.) Es geht hier jedoch nicht um das Schreckgespenst der sogenannten “Durchseuchung”.

Apropos: Warum werden die schlimm klingenden Dinge eigentlich vornehmlich mit deutschen Namen bedacht, während Euphemismen gerne englisch betitelt werden?

Trotz der aktuell ungefähr zwanzig mal so hohen Gefahr ist es wie mit vielen Grippekrankheiten: Der Körper erkennt den Angriff und entwickelt Abwehrstoffe und -mechanismen. Eminent wichtig sind also Sicherheitsabstand und Hygiene. Mit den Handschuhen und Masken müllen wir in erster Linie nur die Umwelt zu – das können wir ja sowieso am besten. Diese Hygieneartikel gehören jedoch eigentlich in medizinische Einrichtungen und Labore. Leider ignoriert das unsere Politik und das Wahlvieh macht mit. Hauptsache, man kann das Nachdenken durch Konsumartikel ersetzen. Schade, dass Corona gerade das noch nicht abschaffen konnte.

Ansonsten wird ja gerade eine ganze Menge abgeschafft beziehungsweise einfach umgedreht – oder erweist sich als völlig nutzlos: Aus dem Vermummungsverbot wird eine Vermummungspflicht. Aus der Schulpflicht mit zu wenig Lehrern wird Heimunterricht mit zu gering qualifizierten Eltern und die ganze propagierte Notwendigkeit von digitalen Endgeräten für Schüler bricht zusammen wie ein Kartenhaus, weil man per Handy eben doch keine nachhaltigen Inhalte vermitteln kann. Polizisten ohne Masken führen Demonstranten ab, die den Sicherheitsabstand einhalten. Familien sitzen gemeinsam mit Schutzmasken im Auto, die sie in der Wohnung garantiert nicht tragen. Man fragt sich, ob Corona nicht auch Auswirkungen auf das Gehirn hat.

Am Abend gibt mir eine Bürgerrechtsplattform die Möglichkeit, eine Petition an Frau Merkel zu schreiben. Sie wird ihn bestimmt nicht lesen, aber hier kann ich ihn ja noch mal lancieren:

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

leider kann ich bei der Corona-Politik keine nachhaltige Strategie erkennen, muss aber fast täglich politisch gesteuerte Inkompetenz erleben: Kinder sollten jetzt draußen in der Natur lernen (machen Norwegen und Japan schon längst), Menschen sich digital so aufstellen, dass sie auch in Zukunft weniger Auto fahren können, und wir sollten ernsthaft prüfen, ob wir weiterhin durch die Welt fliegen müssen und Tomaten aus China oder Rindfleisch aus Amerika brauchen.

Vier Amtszeiten sind eine Hausnummer, Glückwunsch. Doch in den Geschichtsbüchern werden auch die nicht bewältigten Krisen stehen. Sie und Ihre Mitentscheider merkeln ... sorry ... werkeln da gerade an einem Mega-Waterloo!

Viele Grüße

Christoph Abée

Tja, ich habe schon amüsanter geschrieben … und stelle fest, dass dieser Tagesbericht durchgängig zu ernsthaft ist. Wenigsten habe ich nach ganz oben mal Dampf abgelassen. Ich gelobe Besserung.

Ein letztes Highlight bietet dieser Tag abends dann doch noch: Meine Krankenschwester, die eigentlich „just for fun“ nach Baden-Württemberg gereist ist, muss unten bleiben. Sie hatte das sogar schon einkalkuliert und mich auf ihren Anruf vorbereitet. Nun hat man eine ihrer Kolleginnen positiv getestet und das komplette Personal via Handy in Quarantäne gesteckt. Egal, wo die betroffenen Leute sich gerade aufhalten. Bei Anruf “STOPP” – keinen Meter mehr bewegen, sich ein Bett machen und das Essen bringen lassen.

In Notstandsgesetzen heißt das jetzt “sich absondern”.

Ihre Reise war ungefähr so sinnvoll wie ihre früheren Trips in irgendwelche türkischen Ressorts am Meer ohne Baden im Meer. Oder steckt da noch etwas anderes dahinter? Ihre entspannte Stimme am Telefon nährt in mir den Verdacht, dass es ihr gar nicht so ungelegen kommt, jetzt noch ein paar Tage bei ihrer Freundin bleiben zu müssen. Mit der will sie im Juni sowieso zusammenziehen. Und nun kann sie sich auch noch ein paar Spätschichten ersparen. Da, wo sie gebraucht wird, ist sie nicht. Auch den Küchen-Frühjahrsputz in der gemeinsamen Wohnung hat sie bisher erfolgreich abbiegen können.

Tja, nicht all unser medizinsches Fachpersonal opfert sich für die Patienten auf. Als Krankenschwester sogar in diesen Zeiten noch von der Katastrophe profitieren zu können,

könnte einem fast Bewunderung abnötigen ...wenn man selbst ein Drückeberger wäre, den falschen Beruf gewählt hätte, oder 21 Jahre alt wäre und das eigene Leben noch keinen tieferen Sinn offenbart hätte.

Tag 40

Zum Rauchen gehe ich vors Haus. Auch, um ein bisschen mit Nachbarn oder Lieferdiensten zu schnacken. Zum Beispiel wohnt gegenüber ein Comiczeichner, der immer in Sandalen zu mir herunterkommt, um einen Beedi zu rauchen. Oder die Gartenkollegin links von uns, die schon seit Wochen Masken näht. Da mein Versicherungskontakt in Leipzig, wie viele andere, nichts von sich hören lässt, bin ich neugierig, etwas aus der Welt der Versicherungen zu erfahren. Wie gerufen kommt da die aufmerksame Hundebesitzerin aus dem Haus rechts von uns. Sie arbeite mit Kollegen im Schichtdienst, erzählt sie, und die große Herausforderung seien jetzt die “Hitzeversicherungen”. Wegen der zu erwartenden Dürreperioden und befürchteten Missernten. Alles redet über Corona, aber Versicherer und Landwirte fürchten sich viel mehr vor dem Sommer. Der träge Konsument wird es erst dann merken, wenn im Juli wieder die Back- und Molkereiwarenregale leer sind. Zumindest das kennen wir im Gegensatz zu Corona ja schon, aus dem Hitzesommer 2018.

Damals hatte ich über die Mitfahrzentrale einen DJ aus Hamburg mit seiner rumänischen Freundin an Bord und wir fuhren im August durch die Harzer Peripherie. “Guck mal, hier sieht es ja aus wie in Rumänien, wo wir gerade herkommen”, staunt er, während der Anblick gelber Wiesen für seine gelangweilt wirkende Freundin kein Hingucker ist.

Daraus hat man offensichtlich ein neues Versicherungsgeschäftsmodell entwickelt, entnehme ich den Worten der Nachbarin, und rätsele, wie sich die sicherlich sehr hohen Versicherungspolicen mit den deutschen Lebensmittelpreisen vertragen werden. Neu sei auch, fährt sie fort, das Offenlassen der Bürotüren. Darüber wundere ich mich und sie erläutert, dass man die Klinken wegen der Infektionsgefahr nicht mehr anfassen dürfe. Ach, denke ich, nicht mal so etwas Einfaches können sich die Kollegen merken. Vergessen die auch das Zähneputzen?

Das erinnert mich an Manfred, einen älteren Kollegen kurz vor der Berentung, der schon vor zehn Jahren die Türen in der Werbeagentur immer mit dem Ellenbogen geöffnet hat. Als ich ihn damals nach dem Grund fragte, führte er eben diesen Infektionsschutz an, den wir aktuell in aberwitzigsten Varianten zelebrieren.

Übrigens war es das oben bereits genannte Jahr 2018, in dem wir in Deutschland laut RKI 25100 Grippetodesfälle hatten. Damals haben viele Arbeitnehmer eine kleine persönliche Grippeauszeit durchaus noch begrüßt. Kollege Manfred übrigens hat nie gefehlt und ist mit 60 seinen ersten New York Marathon gelaufen. Es würde mich interessieren, wie es ihm heute geht. Zumindest gehe ich davon aus, dass Corona für ihn kein Thema ist.

Weniger konsequent sind einige Eltern auf dem Stephansplatz in Hannovers gutbürgerlicher Südstadt, die ihre Kinder jetzt mit Schutzmasken vor den Spielplatzabsperrungen spielen lassen, während sie selbst sich ohne Mundschutz unterhalten. Jeder mag sich selbst darüber informieren, wie Fachleute diese Schutzmaßnahme bei Zehnjährigen beurteilen. Ich habe über derlei Missbrauch in diesem Logbuch schon genug den Kopf geschüttelt.

Also schauen wir mal, was in meinem Lieblings-Lidl heute los ist, ich brauche wieder Eis. Im Wagengriff steckt schon ein Lidl-Chip, wahrscheinlich hatte der Türsteher die Schnauze voll davon, den Leuten, die jetzt nur noch mit Karte bezahlen sollen, immer die Chips zu geben. Als ich den Eingang passiere, ist er weg - der Aufseher. Wahrscheinlich haben sie diese Stelle jetzt auch wegrationalisiert. Es ist schon eine merkwürdige Chronologie der Regelungen: Erst darf man nur mit desinfiziertem Einkaufswagen rein, dann mit infiziertem, und dann interessiert es niemandem mehr – stattdessen müssen aber alle Masken tragen. Wie soll man das interpretieren? Dass Corona jetzt gefährlicher ist, wegen der Maskenpflicht, oder ungefährlicher, weil das mit den Wagen egal ist? Oder sagt es uns: Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner?

Nächste Woche werde ich versuchen, mit Maske, aber ohne Wagen reinzukommen. Klasse, dass man sich immer wieder was Neues ausdenkt.

Beim Zurückfahren des Wagens kassiere ich den Chip ein und bemerke, dass sie hier jetzt einen Desinfektionsmittelautomaten angebracht haben. Darunter füllt sich ein großer Müllsack mit Papierhandtüchern. Ich erwähnte ja schon die inbrünstige Corona-Abfallproduktion vieler Mitbürger. Mir reichen meine leichten Lederhandschuhe.

Gleich morgens, nach der Versicherungsrecherche, bin ich mit dem City-Scout an die Badeteiche gefahren, wo er einen riesigen Baumstumpf mit Kettensäge, Flex und Beil in ein brasilianisches Wasserschwein verwandeln will. Die Mission ist geglückt, zumindest die erste Bearbeitungsphase. Um 9 Uhr morgens sind dort noch keine Polizisten unterwegs, die einen von der Arbeit abhalten könnten.

Heute möchte ich aber noch gar nicht viel über das neue Land-Art-Projekt erzählen, das wir gerade entwickeln. Es wird sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und an anderen Stellen dieser Chronik sicher noch gebührend Erwähnung finden.

Corona-Abende sind heimelig, man kann ja sonst nirgendwo hingehen. Sie können sogar recht beschaulich sein. Während meine Freundin den Fernseher einschaltet, besuche ich meine erste Fernissage©. Kommilitone Rolf Naedler präsentiert in der Hamburger Galerie Morgenland aktuelle Arbeiten in Form einer filmischen Reportage. Man sieht, wie der Künstler 14 Bilder innerhalb von 15 Minuten auf- und wieder abhängt, und parallel dazu aus dem Off Fragen der Galeristin beantwortet.

Am Ende prosten sich Rolf und die Galeristin mit zwei Sektgläsern zu. So eine Veranstaltung ist zumindest preiswerter, als wenn man die lokale Presse plus alle Hungerkünstler der Umgebung mitbewirten muss.

Schön, dass man es technisch so machen kann. Doch wir sollten nicht den Fehler machen, uns mit solchen Veranstaltungen abzufinden.

Unwillkürlich erinnere ich mich an das selige Fernsehzeitalter. An Gabriele Münter, die zur besten Sendzeit, kurz vor dem Zubettgehen, ihr 100(0) Meisterwerke präsentieren durfte. Die Bilder hingen im Louvre oder zumindest in der Pinakothek und machten Lust auf eine Kultur-Reise. Rolfs Bilder hängen 150 km entfernt und wir dürfen am Wochenende nicht hinfahren.

Heute darf auch einmal daran erinnert werden, dass die Quarantäne ursprünglich von der Zahl “40” herrührt. Schon zu Zeiten der Pest wurde ein Zeitraum von 40 Tagen festgelegt, den gefährdete oder gefährdende Personen im Hafen auf ihren Schiffen bleiben mussten.

Doch was kam danach?

Tag 41

Heute Morgen, beim Bäcker, will Bild unser Mitleid für die Lufthansa wecken. Nein, das tut nun wirklich nicht not. Denn solange wir “relevante” Wirtschaft haben und Politiker, die sich für ihre “Wünsch-dir-was”-Runden unbedingt zusammensetzen müssen, natürlich ohne Schutzmasken, wird es diese Fluggesellschaft weiterhin geben. Egal, ob es nun ein oder zehn Millionen sind, die da stündlich angeblich verbrannt werden.

Man kann von den Großkopferten wunderbar lernen, dass selbst die elementarste Krise kein Grund sein muss, irgendetwas am eigenen Verhalten zu ändern. Warum zum Beispiel bequatschen sie ihre Bürgerbeschäftigungskonzepte eigentlich nicht per Online-Konferenz? Und warum sitzen sie noch immer in sinnlosen Fernseh-Talk-Runden, natürlich auch hier ohne Masken, und spulen Belanglosigkeiten herunter? Ach ja, genau, das Fernsehen muss ja auch weiter bezahlt werden, und ohne Inhalte würde dessen weitgehende Überflüssigkeit noch mehr auffallen. Außerdem ist es ja unser offizielles staatliches Organ, das durch eine Zwangssteuer finanziert wird. Wer nicht gucken will, muss trotzdem bezahlen.

Ich wünsche mir das Rauschen zurück, von dem man als Kind nachts aufgewacht ist, um dann als erstes das Testbild von ARD oder ZDF zu erblicken und endlich ins Bett zu gehen.

Würden die als Volksvertreter getarnten Funktionäre ihre Sitzungen ins Homeoffice an den Rechner verlegen, könnten sie sehr schnell merken, wie limitiert und gleichzeitig Ressourcen fressend diese Konferenzmethoden sind. Ich könnte mir vorstellen, einige von ihnen müssten erstmal ihre Kinder um Erlaubnis bitten, deren leistungsstarke Computer benutzen zu dürfen. Sie selbst können zwar mittlerweise fast alle mit dem Handy twittern, doch wer von ihnen ist in der Lage, systemrelevant am Laptop zu arbeiten?

Wahrscheinlich muss man, so wie sie, völlig unbeleckt von detaillierter Sachkenntnis bleiben, wenn man diesen ganzen Irrsinn den Menschen draußen im Lande reinen Gewissens aufbürden will. Unkenntnis ist noch immer das beste Mittel gegen schlechtes Gewissen.

“Irrsinn” meint unter anderem, dass nun auch das Wochenende für die Schule aufgewendet werden muss. Denn nur da haben viele Eltern Zeit, mit den Kindern das zu machen, was eigentlich in der Woche passieren sollte: die Schularbeit. Ein guter Bekannter zum Beispiel hat sich jahrelang gewehrt, seinem kleinen Sohn ein Handy zu kaufen. Nun muss der nach irgendwelchen Vorlagen (zum Teil ausgedruckten!) zuhause irgendwelche Arbeiten machen und dann mit dem Handy fotografieren, um sie schlussendlich den Lehrern zu schicken. Nun musste er seins wohl oder übel dem Filius leihen.

Vier Fliegen mit einer Klappe, würde ich sagen: Das durchaus sinnvolle Erziehungskonzept des Vaters wird mit einem Schlage zunichte gemacht, Glas ist der beste Virentransporter überhaupt, ordentlich mit der Hand zu schreiben gehört endgültig der Vergangenheit an, und Datenschutz … was war das noch mal gleich?

Mein Bekannter war nach Rückerhalt des Handys überrascht, wie viele Mitschüler man in so kurzer Zeit kontakten kann.

Einer befreundeten Lehrerin gratuliere ich zum Geburtstag, sie klingt am Telefon so entspannt wie schon seit Jahren nicht mehr. Ihr hat Corona gut in die Karten gespielt, konnte sie doch gut ihre geplanten Umzugsaktivitäten händeln und sogar die alte Einbauküche ganz schnell verkaufen.

Doch was soll ich viel darüber erzählen, schauen Sie sich einfach diesen Film an: https://www.youtube.com/watch?v=bOPQYgdMVTo

Zum Thema Schule soll es das für heute gewesen sein, wir wollen Pflanzen retten. Besser gesagt: in unsere Gärten überführen. Die medizinische Hochschule Hannover ist quasi eine eigene Stadt in der Stadt. Und sie grenzt an unseren Stadtteil. Dort, am Ende unseres Stadtteils liegt die Laubenkolonie “Kleefeld”, die jetzt in Teilen einer Erweiterung der Medizinstadt weichen muss. Die betroffenen Gärten sind bereits verlassen, die Bilder des Filmes Stalker tauchen wieder auf, die “verbotene Zone”. Im Osten habe ich vieles gesehen, doch diese Mischung aus Verwilderung, liegen gelassenem Abfall und von Heimwerkern selbstgezimmerten Datschen übertrifft alles, sieht aus, wie ein anderes Land in einer anderen Zeit. Entweder vor, oder nach irgendeinem Krieg.

Wir nehmen eine Pfingstrose, einen kleinen Apfelbaum und eine uns unbekannte Sommerblume mit und empfehlen den Nachbarn unseres Gartenhofes, dort auch einmal vorbeizuschauen.

Ein Garten beruhigt. Ein Garten folgt einer höheren Ordnung. Ein Garten kennt kein Corona und Corona kann einem Garten nichts anhaben. Und wir haben jetzt zwei davon.

Tag 42

Ebenso wie gestern bin ich beim Bäcker der einzige Kunde. Samstag, Sonntag, niemand steht vor mir, niemand kommt nach mir. Brötchen gibt es jede Menge, die Zeitungen sind alle aus. Die Leute lesen halt das Falsche.

Wir besuchen heute ein zweites Mal die verlassenen Gärten, am zweiten Tag ist das Szenario trotz besten Wetters fast noch bedrückender. 800 Meter entfernt leuchtet das alte Bettenhaus in der Mittagssonne, alle Gärten zwischen uns und dem Betonklotz werden noch dieses Jahr verschwinden. Mit Rasenflächen, Obstbäumen und -sträuchern, Rosenstöcken, Pfingstrosen, Fliederbäumen, diversen Stauden, Gemüse- und Erdbeerbeeten, kleinen Gemüseäckern und zum Teil sehr netten Datschen, wenn sie noch intakt wären, manche wie kleine Landhäuser - alte Gärten aus den 1920er Jahren. Meine Freundin deprimiert das. Sie weiß gar nicht, was sie zuerst retten soll. Der Irrsinn moderner Stadt- und Ressourcennutzung wird hier besonders deutlich. Wir richten uns auf noch mehr Kranke und Sterbende ein und vernichten das, was die Menschen gesund an Leib und Seele erhalten kann.

Die realen Zahlen sagen etwas anderes, als die Politiker und viele Medien uns vorgaukeln. Von einer befreundeten Krankenschwester im Berliner Raum erfahre ich, dass das Corona-Sterbealter bei etwas über 82 Jahren liegt. Ungefähr das gleiche Durchschnittsterbealter hatten wir auch vor Corona. Es ist die allgemeine durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland. Viele der alten Menschen würden ohne Corona geschätzte drei Monate länger leben.

Wenn jüngere Menschen sterben, dann an den in Krankenhäusern weit verbreiteten Virenkonzentrationen oder bei gleichzeitigen anderen Leiden, zum Beispiel am Herzen. Auch dieses Problem gibt es nicht erst mit Corona.

Mittlerweile frage ich meine Bekannten, wenn es sich im Gespräch anbietet, ob es im eigenen sozialen Umfeld Corona-Fälle gibt. Einer hat einen entfernten Onkel in Frankreich, der alles gut überstanden hat, von anderen hört man einen ähnlichen Verlauf. Der ganze Hype und die Folgen entlarven sich mehr und mehr als reine Farce.

Ein Badminton spielender Freund beschwert sich, dass er nur Einzel spielen darf. Denn er bevorzugt Doppel. Doch zwei Spieler dürfen sich nicht eine Platzhälfte teilen, das ist aktuell sein ärgstes Problem. Als freier Autor mit einträglichem Hauptgeschäft genießt auch er es, vergleichsweise unbehelligt ein paar Wochen kreativ sein zu können.

Zum Schluss unseres Gespräches kommt eine denkwürdige Aussage von meinem Freund, der nicht verstehen kann, dass noch immer so viele Leute hinter der Politik von Merkel und ihrer Regierung stehen. “Was haben sie denn gemacht? Nichts. Außer einen Knopf zu drücken, der Geld druckt.” Klasse, solche Bilder mag ich.

Beim Stichwort “Badminton” fällt mir nebenbei ein: In Hannover werden Tennisplätze bewässert, auf denen nicht mal Einzelpartien stattfinden dürfen. Und das vor diesem Sommer, der ähnlich dramatisch zu werden droht wie der vor zwei Jahren. Dummheit und Verantwortungslosigkeit kennen keine Grenzen, noch immer nicht. Passend dazu:

Ab morgen muss auch ich im Supermarkt Atemschutz tragen, während dem Kassenpersonal mir gegenüber selbiges nicht zugemutet werden soll. Jeder Leser, der mir eine plausible Erklärung für diese Regelung liefert, bekommt 1000 Corona-Mitdenkerpunkte.

Ich habe lange überlegt, was ich auf meine olivgrüne, militant wirkende Maske schreiben soll. Zur Auswahl standen “Fake” (bedauerlicherweise überstrapaziert), “Deutschland halt’s Maul” (kennt keiner mehr), “Die Nashörner” (nach einem Theaterstück, leider zu intellektuell), “Lemming” (provoziert zu viele Rückfragen) und “Brainwashed” (naja).Ich entscheide mich für “Desinformation” und verkneife es mir, das “sin” einzuklammern.

Die kommende Woche wird wohl noch weniger mit gesundem Menschenverstand zu tun haben, als die zurückliegenden. Mal sehen, wie lange es dauert, bis wir alle “die Nashörner” sind.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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