Das Leben in den Zeiten der Corona; AC 3.36

Das Logbuch geht weiter: „Es gibt kein Bier auf ...“ Katar

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Wie von Geisterhand gesteuerte Raketen greifen Polen an und der Westen steigert sich mental und rhetorisch bereits in einen Nato-Gegenschlag hinein, da stellt sich heraus, dass es lediglich die Kriegsschüler der Ukraine waren, die sich in Inkompetenz geübt haben – was der Herr Selenskij zunächst gar nicht glauben mag. Dabei sei die ukrainische Schule gar nicht so schlecht, zeigt uns das Fernsehen. Wie im Computerkabinett einer Oberschule sitzen erwachsene Jungs an Laptops und trainieren den unbemannten Dronenangriff. Liebevoll verharmlosend wie in einer Kindersendung erläutert der Sprecher, was die Männer hier lernen. Wie ein beispielgebendes Bildungsprojekt mutet es an, was wir da sehen – während in Hamburg ein engagierter Unternehmer eine horrende Steuernachzahlung leisten muss, weil sein finanzielles Bildungsengagement für Unterschichtkinder in Südamerika in seiner Relevanz entwertet, mit anderen Worten nicht als Sponsoring anerkannt wird. Man sollte seine Gewinne eben in Projekte stecken, die weitere Gewinne generieren. Apropos Sponsoring: Katar will neben der Olympiade auch die Formel-1 veranstalten. Hätte der sympathische junge Mann aus Hamburg sein Geld mal besser dort investiert. Unsereiner hingegen sollte überlegen, ob er sich lieber dem Baseball oder dem Boßeln zuwendet – irgendeine Sportart muss es doch noch geben, die einem nicht von irgendwelchen Schlossgespenstern weggenommen wird, deren größte sportliche Eigenleistung darin besteht, mit ihrem Zweit- oder Dritt-SUV durch die Wüste zu cruisen.

Womit wir schon wieder bei diesem penetranten Wurmfortsatz der arabischen Ostküste wären: Wenige Tage vor WM-Beginn wird dort der Bierhahn zugedreht – noch bevor überhaupt „o'gzapft“ ist. „Budweiser“ (das amerikanische natürlich) wird nach einem 75-Millionen-Sponsoring für die FIFA wohl klagen. Aber warum sponsort ein amerikanisches Unternehmen die FIFA überhaupt noch? Wird die weltgrößte Bereicherungsorganisation des Fußballs in den USA nicht als mafiöse Organisation eingestuft? Whatever, sowas zahlt Katar locker aus der Portokasse. Besonders jetzt, nachdem sie bei den Bauarbeiterlöhnen so prächtig gespart haben. Und viele von den Arbeitern musste man ja gar nicht mehr bezahlen – während Siemens und andere deutsche Unternehmen an den Stadionbauten ganz ordentlich verdient zu haben scheinen. Die Arenen sehen aber auch schick aus, wie die größten und elegantesten Kühlschränke der Welt. By the way: Ebenfalls diese Woche machen die deutschen Spieler einen Hitzetest gegen den Oman. Würde ich beim Zappen nicht über einen sichtlich transpirierenden Hans Flick direkt nach dem Abpfiff eines, wie zu vernehmen ist, unterirdisch schlechten Spiels gegen das kleine Sultanat stolpern, hätte ich gar nicht mitbekommen, dass es überhaupt ein Spiel gegeben hat. So ähnlich wird es wohl mit der ganzen WM laufen. Denn während sich die alkoholfeindliche Moslem-Monarchie und der ganz und gar nicht infantile Herr Infantino die Hände reichen und reiben, erleben die hiesigen Fußball-Devotionalienhändler Rekord-Einbußen. Für die Gastronomie zeichnet sich ähnliches ab und an „Public Viewing“ wollen wir erst gar nicht mehr denken, denn statt Vorfreude stellt sich in unseren Breiten der erste Schneefall ein. So, wie es sich für die Adventszeit gehört. Meine Entscheidung ist bereits gefallen: WM steht dieses Mal für Weihnachtsmarkt statt für Fußball, ganz klar!

Den absoluten Vogel allerdings schießt unsere Hauptstadt ab. Der Rest der Republik mag die Zettel- und Urnenwirtschaft ja leidlich beherrschen, aber die Ickes kriegen es offensichtlich nicht mehr hin. Irgendetwas hat mit den Wahlen in Berlin nicht geklappt und nun soll ein Fachmann ran, damit wenigstens die Wiederholungswahl funktioniert.

Habe ich noch etwas Wichtiges vergessen? Klimagipfel im Bruderschaftsland Ägypten mit jugendlichen Beobachtern von FFF? Auch nicht witzig? Stimmt – aber als Glossist muss man halt nehmen, was kommt.

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