Das Leben in den Zeiten der Corona; AC 3.45

Das Logbuch geht weiter: Ohne Worte – ohne Titel (Nr. 1)

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„Befreit von der Maskenpflicht“ prangt auf den Buttons, die das Personal meiner Stammfleischerei auf dem Kittel trägt. Der Gesundheitsminister mit der unrühmlichen Scheitelfrisur wird jetzt also bereits als „Befreier“ gefeiert, nachdem er kürzlich eine weitestgehende Entbindung von der Maskenpflicht – unter anderem im öffentlichen Nahverkehr – deklarierte. Mit seiner statischen Mimik über einer bunten Fliege, die mich an eine Figur aus dem Kasperletheater erinnert, erklärt er Corona komplett als beendet – mit der Begründung, dass die Bevölkerung nun einen ausreichenden Immunschutz habe. Abrakadabra, das Krokodil ist tot und der böse Spuk vertrieben. Politik ist eigentlich ganz einfach: man muss nur etwas behaupten und so tun, als glaube man selbst daran. Wenn da nur nicht einige unbeantwortete Fragen wären: Warum hat das so lange gedauert? Und liegt die vorgebliche Immunität an der Impfung oder daran, dass fast alle Menschen mittlerweile infiziert waren – etliche mehrmals – und genesen sind? Auch die Krankheitswelle in Deutschland, die auf Rekordhöhe geschnellt ist, findet in seiner Rede an die Nation keinerlei Erwähnung – wahrscheinlich muss er sich als Gesundheitsminister mit solchen banalen Statistiken gar nicht abgeben.

Andererseits ist nach knapp drei Jahren Corona festzuhalten: Für viele scheint die Maske mittlerweile unverzichtbar, wenn nicht gar ein besserer Freund als der eigene Verstand zu sein. Noch immer sieht man Menschen, auch jüngere, die bereits morgens vor acht Uhr auf einer ansonsten völlig menschenleeren Straße maskiert unterwegs sind. Es gibt ein Lied von Lindenberg mit der Zeile „Nein, sie können's jetzt auch alleine“ – genau so funktioniert es jetzt auch mit der Maske. Mein Beispiel der Woche ereignet sich im Krankenhaus: Ich komme als Besucher in ein Zimmer, in dem zwei Patientinnen ohne Maske liegen. Nach kurzer Zeit weist mich die nicht von mir besuchte Frau darauf hin, dass man auch am Krankenbett Maske zu tragen habe. Die von mir besuchte Patientin ist 93 Jahre alt und hat gerade einen Schlaganfall erlitten, sodass die Kommunikation zwischen uns auch ohne Maske schon anspruchsvoll genug ist. Ganz davon abgesehen, dass zu diesem Zeitpunkt auch unklar ist, wie oft wir uns überhaupt noch austauschen und dabei anlächeln können. Die Bettnachbarin – ungefähr vier Meter entfernt von mir liegend – interessiert das nicht. Ich leiste mir einmal mehr den dummen Fehler, mit sachlichen Argumenten zu reagieren. Immer noch. Nach fast drei Jahren. Warum fällt es mir bloß so schwer, den Irrsinn einfach zu akzeptieren? Zum alltäglichen Widersinn im Krankenhaus – in dem es ja um Gesundheit gehen sollte, gehört noch einiges mehr als das Tragen einer Maske. So gibt es für Patienten zwar keine Seife zum Reinigen, zu essen hingegen Fleisch an Stelle von Obst oder Gemüse.

Themenwechsel. Im Ukraine-Krieg darf bei einigen langsam Freude aufkommen, zumindest unter den Liebhabern des guten alten Panzerkrieges. Zumal es nach den erfolglosen Gleichstellungsversuchen im Verteidigungsministerium nun endlich wieder ein Mann richten soll. Aus Niedersachsen. Klar. Weniger klar scheint die ARD-Moderation, die Herrn Pistorius im „Brennpunkt“ zu seinem neuen „Job“ gratuliert, im Kopf zu sein. Hier wird über Angriffswaffen gesprochen, die die politische Lage noch prekärer machen dürften als sie ohnehin schon ist – zumal schon die letzten „Defensivpanzer“ für einen munteren Gegenangriff genutzt wurden – und diese Frau spricht von einem „Job“. Einen solchen sollte sie sich besser selbst suchen, zumal ihr Interview mit dem neuen Minister überflüssigerweise in knallharte Selensky-PR eingebettet ist. Wenn es mit der Propaganda im Fernsehen so weitergeht, wird der Politik bald in der Tat nichts anderes mehr übrigbleiben, als aktiv in den Krieg einzugreifen. Zum Glück schauen die meisten jüngeren Menschen, die Umfragen zufolge Rüstungsexporte mehrheitlich ablehnen, kein Fernsehen mehr.

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