Willkommen zwischen den Zeitenwänden, 4.10

Das Logbuch geht weiter: Der E-Mail-Krieg

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Man mag es kaum glauben, doch die E-Mail hat sich zu einem Kampfmittel erster Güte entwickelt. Eigentlich ist das auch gar nicht so abwegig – schließlich war es das Militär, welches das Internet im Sinne einer kommunikativen Erweiterung des Kriegshandwerks initiierte, bevor pfiffige Studenten auf die Idee kamen, das Netz zu entern, um sich kleine Briefchen zuzuschicken. Staatliche Hoheit unterwandern und im Sinne der Allgemeinheit umnutzen. Gut gedacht, clever gemacht, und Beginn der Social-Media-Evolution – mit all den destruktiven Folgen, die wir heute kennen. Soweit die mir bekannte Geschichte. Ob sie stimmt, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Muss ich auch nicht, ich will ja nur die E-Mail beleuchten ...

Regel Nummer Eins: Autokorrektur aus und jeden Text vor dem Absenden noch einmal lesen. Auch wenn es nur ein Einzeiler ist! Da selbst diese Grundregel von vielen Menschen nicht befolgt wird, bleiben sie kommunikative Einzeller. Das erspart wenigstens das Lesen der folgenden Regeln, denn die sind dann erst recht zu hoch.

Regel Nummer Zwei: E-Mail ist kein Telefonat und E-Mail ist kein Chat. Genau genommen und wörtlich übersetzt ist E-Mail ein Brief. Diese Regel wird am häufigsten gebrochen, zumal kaum noch jemand Briefe schreiben mag – geschweige denn kann.

Regel Nummer Drei: Nicht einsetzen sollte man im E-Mail-Verkehr Ironie, Kritik an Personen und persönliche Befindlichkeiten. Wer das dennoch tut, wird entweder allzu, oder gar nicht mehr ernst genommen. Zum Glück gibt es noch das Telefon.

Regel Nummer Vier: Mittels E-Mail zu bewältigen sind auf gar keinen Fall Liebeskummer, Eltern-Kind-Konflikte und andere zwischenmenschliche Probleme. Dinge, die man hier raushaut, kriegt man nie wieder rein – beziehungsweise: sie holen einen immer wieder ein.

Regel Nummer Fünf: Wenn E-Mails innerhalb eines Verlaufs step by step länger werden, verbreitern sich niemals Verständigungskorridore, sondern stets nur Einbahnstraßen. Also unbedingt so früh wie möglich abbiegen oder komplett abbrechen. Manchmal am besten die komplette Beziehung zum Gegenüber.

Regel Nummer Sechs: Verläufe haben versteckte Tücken. Wenn man einen weiterführt, sollte man bei jeder neuen Nachricht Sender und Empfänger sorgfältig mit allen vorherigen E-Mails abgleichen: Wer ist in- und wer ist exkludiert worden, wann geschah das und wer war ständig dabei? Die Missachtung dieser Regel zerstört mehr Karrieren als im Netz dokumentierte Jugendsünden.

Regel Nummer Sieben: Ganz wunderbar kann man nicht selbst begangene Fehler gegen ihre Urheber verwenden. Dazu muss man allerdings ein akribisches Archiv anlegen und den langen Atem behalten – manchmal über Jahre. Irgendwann wird sich die Chance auftun, eine alte E-Mail als Bombe scharf zu machen.

… womit wir bereits mitten im Krieg angekommen wären. Und jetzt muss man nur noch lernen, den auch zu gewinnen – denn die Anderen schlafen auch nicht.

Selbstverständlich ließen sich dieser Auflistung weitere Regeln hinzufügen – doch ich möchte dem geneigten Leser genügend Raum lassen und seine Neugier anregen, weitere E-Mail-Spezifika zu entdecken und daraus eigene Regeln abzuleiten. Die macht heutzutage ja sowieso jeder selbst.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden