Nur 2 (ZWEI!) Frauen!

Bücherkalender Amanda legt ein Geständnis ab und beantwortet drei Fragen gleich zweimal

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Das Faible für rororo-Erstausgaben, die mit dem Leinenrücken, wurde vor ca. fünfzehn Jahren aus dem Schönfinden eben jenes Leinenrückens, verbunden mit ebenso schönen wie ambitionierten Illustrationen auf dem jeweiligen Einband, geboren und wird seitdem wie etwas verfolgt, das als Glitzerpäckchen am Herzen ruht, nicht immer herausgeholt und angeschaut bzw. vergrößert werden muss, sondern Anmut verspricht und, noch einmal, Schönheit.

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Hier sind einige der Hübschen. Männer, Männer, Männer...

Im Regal, das im Bilde oben teils eingefangen ist, ward d.V. nun auf der Suche nach einer AutoRIN, nachdem der Streifzug durch den Rest der Räumlichkeiten einen Mann nach dem nächsten mir in die Hand schob. Ach, jener. Dieser. Man möchte darüber nachdenken, warum man, d.V., so viele männliche Autoren auf den Brettern hat, gibt es eigentlich ein Autoren-Autorinnen-Verhältnis, das sich benennen lässt? 10:1? 100:1?

Unter den rororo-Bänden, die im Besitze stehen, gibt es zwei, die von Frauen geschrieben wurden. Eines, „Eine unmögliche Familie“ von Victoria Lincoln, erzählt mit großer, ansteckender Freude von einer amerikanischen Familie, die konsequent an dem, was der Klappentextschreiber meines vorherigen Buchblogs vermutlich als „Gesellschaft“ bezeichnen täte, vorbei lebt. Man ist anders, sehr anders, mit einer Grandma, die sich nicht die Zähne putzt, einem Vater, der u.a. ein Trinker ist und einer Mutter, die laut Inhaltsangabe hier, „einem sogenannten Gewerbe nachgeht.“

„February Hill“, 1934 in den Staaten, 1962 in D erschienen, ist ein Pageturner, wie er im Buche (Tautologie!) steht. Der Leser lernt viel über das Amerika jener Zeit, und das Beunruhigende an dem Buch ist, dass es keine Sozialkritik sein möchte. Geschmeidig bis zum Ende, mal mehr, mal weniger an dem scheiternd, was „normal“ ist zu dieser Zeit, wird ganz nah bei den Figuren geblieben, die viel reden, einander nahe sind und näher kommen, teilen und verheimlichen. Mit Steinbeck, John, wird jenerzeit wohl jede(r) verglichen, der das Füllhorn des Lebens auslotet – mir gefiele „Eine unmögliche Familie“ auch ohne diesen Vergleich. Mit Staunen les ich, obwohl ich's weiß, dass die Leute vor 80 Jahren aber mal genau dieselben Sorgen hatten wie wir – wer?! WIR! Staunend, weil ich mir vom liebevollen, gadenreichen, hartweichen Blicke auf derer Geschicke gern etwas abschneide, z.B. eine Scheibe, eine dicke.

Victoria Lincoln: „Eine unmögliche Familie“. Rowohlt 1962.

Die drei Fragezeichen:

1. Wie lautet der erste Satz des Buches?

„Die Familie Harris wohnte in einem Holzschuppen; aber es war ein guter, festgefügter, regendichter Holzschuppen, und man hätte ihn ruhig auch ein Haus nennen können, vor allem wegen der selbstsicheren, wenn auch einigermaßen verwegenen Manier, in der er einen ganz eindeutig als Veranda erkenntlichen Vorbau zur Schau trug.“

2. Wer oder was wärst du gerne in diesem Buch?

Der „entzückende Backfisch Jenny“, allein auf ihn / sie bezogen ist es eine der besten Coming-Of-Age-Geschichten, die ich kenne.

3. Wen könnte das Buch besonders begeistern?

Jeder, der manchmal auch „man“ ist in: „Es geht alles weiter, nichts bleibt stehen. Man denkt, es muß doch alles stehenbleiben, oder alles muß zusammenbrechen, aber es geht doch weiter. Es kommt immer wieder etwas Neues und man nimmt trotzdem alles Alte mit sich mit.“ (Ebd., S. 237.)

PS:

Das zweite Buch ist von Grace Metalious und heißt „Die Leute von Peyton Place“. Einiges davon gehört? Ich auch, aber – noch nicht gelesen. Was ich nachholen werde, SOFORT, denn der mördermoralische Furor, den das Buch, 1956 in den USA und schnelle fünf Jahre später in D, allerdings „entschärft“, erscheinend, hervorrief (Es ist die Rede davon, man hätte dazu aufgerufen sie zu „ächten“.), möchte viel über jene Zeit verraten. Und auch wenn der Autor tot ist und bleibt, Barthes & Foucault, möchte ich das Buch lesen, just weil Grace Metalious' Dasein auf diesem Erdengrunde nach 39 Jahren beendet war. Nicht, weil ich sie dadurch besser kennen lerne. Sondern, weil sie mir von sich erzählen kann, was sie mag. Ihr erster und letzer Mann (Personalunion, dazwischen gab es andere), hat eine Biographie, geschrieben – aber ich glaube ich schau danach erstmal in Emily Toth: Inside Peyton Place: The Life of Grace Metalious. The University Press of Mississippi 2000.

PPS:

1. Wie lautet der erste Satz des Buches?

„Der Nachsommer kommt und geht, wie es ihm gefällt, so daß man nie sicher ist, ob er überhaupt kommen und wie lange er bleiben wird.““

2. Wer oder was wärst du gerne in diesem Buch?

Das kann ich gern nachreichen.

3. Wen könnte das Buch besonders begeistern?

Alle, wo mal einen andern Schkandal als die jetze grade durchs Dorf rammelnden nachfühlen möchtn & KÖNNEN.

Bücher, für die wir als LeserInnen brennen, werden vom 1. bis zum 24. Dezember vorgestellt. Eine Koproduktion von Amanda, Calvani, Goedzak, H.Hesse, Kay.kloetzer, Magda und Mcmac.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Calvani

Die Wirklichkeit ist immer nur ein Teil der Wahrheit

Calvani

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